Ungewöhnlicher Exportschlager Kommt jetzt der sich selbst löschende Fernseher?

Fernseher der Marke Walton aus Bangladesch werden künftig mit Löschkapseln vom Ahrensburger Mittelständler JOB ausgestattet Quelle: imago images

Mit viel Tamtam wurde in Bangladesch der erste Fernseher mit einem integrierten Feuerlöscher der Ahrensburger JOB-Gruppe vorgestellt. Bleibt nur eine Frage: Wer braucht sowas?

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In Bangladesch, so scheint es, machen sie keine halben Sachen. Schon von der Fassade eines großen grauen Gebäudes hängt ein Meter langes Banner mit einem „Heartiest Welcome“ und einem Foto von Markus Fiebig darauf. Am Eingang gibt es einen großen Strauß Blumen, der deutsche Botschafter ist vor Ort, ebenso der CEO des TV-Herstellers Walton. Wenig später sitzt die ganze Gemeinschaft in einem Besprechungsraum, eine kleine Deutschlandflagge steht auf einem Tisch, genauso wie eine Flagge von Bangladesch.

Streng genommen geht es hier nur um ein Gerät, das ungefähr etwas kleiner ist als eine Euromünze. Es ist der wohl kleinste Feuerlöscher der Welt, eine Kapsel, die sich in Elektrogeräte integrieren lässt, um einen Brand unmittelbar bekämpfen zu können. Hinter der Erfindung steckt die JOB Gruppe aus Ahrensburg bei Hamburg. Markus Fiebig, der Mann von dem Plakat, ist als Vertreter des Weltmarktführers vor Ort. Und da Walton aus Bangladesch der erste große Partner aus dem Bereich Unterhaltungselektronik ist, der diesen Feuerlöscher in seine Fernseher einbaut, wird das ganze nun schnell zu einem Zeichen für ein kleines, aufstrebendes Land, das den Schulterschluss mit deutschen Unternehmen sucht. Präsentiert wird der Feuerlöscher im Fernseher daher auch im großen Pressekonferenzsaal von Walton.

Da passt es noch umso besser, dass Bangladesch zum gleichen Zeitpunkt den 50. Jahrestag der Anerkennung der Unabhängigkeit durch Deutschland feiert. Doch bleibt bei all den Feierlichkeiten eine Frage noch völlig offen: Braucht es solch einen Feuerlöscher überhaupt?

„Die Frage habe ich mir ganz zu Beginn auch gestellt“, sagt Fiebig einige Tage nach der großen Zeremonie, als er wieder in Deutschland ist. Fiebig ist Senior Business Development Manager bei JOB und damit ein bisschen sowas wie das Mädchen für alles, wie er es nennt. Die Gruppe ist Weltmarktführer bei sogenannten wärmeempfindlichen „Thermo Bulbs“ für die Sprinklerindustrie und andere Branchen. Die mit speziellen Flüssigkeit gefüllten Glasfläschchen, die als Stöpsel dienen, zerspringen bei einer gewissen Hitze und setzen den Sprinkler in Gang.

Noch macht genau dieses Geschäft einen Großteil des Umsatzes aus. Doch die Technologie sei weitestgehend ausgereift, deutlich mehr ließe sich vielleicht in anderen Bereichen holen, erklärt Fiebig das Kalkül der Firma. Vor zehn Jahren hat sich die Firma deshalb entschlossen, ausgehend von der Thermo Bulb, neue Produkte zu entwickeln.

Die E-Bulb, wie der Mini-Feuerlöscher heißt, der nun unter anderem in Waltons Fernseher verbaut werden soll, könnte ein wichtiger Teil dieses neuen Standbeins werden. Bisher nutzen einige Unternehmen die E-Bulb zwar schon, nicht aber für ihr Privatkundengeschäft. Die Firma Samsung etwa erhielt zum Beispiel die Genehmigung, am Frankfurter Flughafen große LED-Medien-Wände zu installieren – unter anderem, weil in den Geräten E-Bulbs verbaut sind. Denn mit ihnen gelten die großen Bildschirme nicht mehr als Brandverursacher, sondern gemäß einer brandschutzrechtlichen Bewertung lediglich als Brandbeteiligte, weshalb sie auch im Umfeld sensibler Infrastruktur wie etwa eines Flughafens oder eines Fluchtweges eingesetzt werden dürfen.

Fiebigs Hauptaufgabe ist es daher, einen so noch nicht vorhandenen Markt für diesen Mini-Feuerlöscher zu entwickeln. Er setzt dazu auf Elektronikhersteller wie Walton. „Wenn Kunden vor einer großen Auswahl an TV-Geräten in einem Markt stehen, könnte der Fernseher, der einen Feuerlöscher integriert hat, vielleicht den Unterschied ausmachen“, argumentiert er.

Ob das Kalkül ausgerechnet bei einem TV-Hersteller aufgeht, ist fraglich, zumindest für Deutschland. Hierzulande gelten Fernseher nicht als eine Hauptbrandursache. Das Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung (IFS) in Kiel hat zuletzt die Hauptursachen für Brände im Jahr 2021 zusammengetragen. In 32 Prozent der Fälle entsteht ein Brand zwar durch Elektrizität, doch hängt das nicht unbedingt mit Fernsehern zusammen. Als die Geräte das letzte Mal explizit in der Statistik des Instituts auftauchten, handelte es sich noch um Röhrenfernseher, wie eine Sprecherin mitteilt. Produktfehler hätten damals eine große Rolle gespielt. Aktuell seien die häufigsten elektrotechnischen Brandverursacher vor allem Haushaltsgeräte, sogenannte weiße Ware.

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Die JOB Gruppe will aber nichts dem Zufall überlassen und hat das Forschungsinstitut Forsa beauftragt, eine Umfrage unter potenziellen Kunden zu machen. Und zumindest die belegt: Elektronikgeräte, die einen Feuerlöscher integriert haben, hätten durchaus Potenzial. 62 Prozent aller Familien haben der Umfrage zufolge Angst, dass eines ihrer Elektronikgeräte zu Hause ein Feuer auslöst. Über 80 Prozent der Bevölkerung würde gar ein Elektrogerät mit Feuerstoppfunktion einem Elektrogerät ohne eine solche vorziehen – dafür dürfte es auch einige Euro teurer sein. „Ich bin davon überzeugt, dass wir die E-Bulb künftig nicht nur in Fernsehern, sondern noch in ganz anderen Elektronikgeräten sehen werden“, kündigt Fiebig an.

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