Unternehmensnachfolge "Laientestamente sind der größte Horror"

Seite 2/2

"Menschen lieben es zu vererben"

Angenommen, die Eltern wollen unbedingt Steuern sparen, aber die Kinder halten das nicht für das entscheidende Ziel einer Nachfolgeplanung – wie kann dann eine Lösung aussehen?
Eines ist ganz klar: Je größer das Vermögen ist, umso höher ist in der Regel auch die Steuerlast. Folgerichtig spielt die Steueroptimierung in der Nachfolgeplanung eine bedeutende Rolle. Aber für die älteren, oft aufwändigen Konstruktionen musste man die physische und psychische Konstitution mitbringen. Diese fehlt häufig der Nachfolgegeneration oder jedenfalls einzelnen Kindern.

Wie äußert sich das?
Neulich hatte ich jetzt mit einem Fall zu tun, in dem die Tochter, eine Beschäftigte im öffentlichen Dienst, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eine Schenkung ihres Vaters in Millionenhöhe erhalten sollte. Zwecks Steueroptimierung musste sie aber gleichzeitig in einer aufwendigen Konstruktion Schulden in gleicher Höhe aufnehmen. Damit konnte die Tochter überhaupt nicht leben und alle ihre Sorgen kamen hoch, als sie gemeinsam mit ihrem Ehemann nach der Geburt des ersten Kindes plante, ein Eigenheim zu bauen. Dieses Haus sollte nicht gefährdet werden, falls die von ihrem Vater erdachte Konstruktion nicht standhalten sollte. Die Tochter war trotz allen plötzlichen Reichtums unglücklich.

Was Erben wissen sollten
Alleinerbe Der Alleinerbe erbt als einzige Person. Er tritt rechtlich „in die Fußstapfen des Verstorbenen“ und übernimmt dessen gesamte Rechte, aber auch Pflichten. Quelle: dpa
Gesetzliche Erbfolge Die gesetzliche Erbfolge greift immer dann, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt. Danach wird der Nachlass zwischen dem Ehepartner und den Verwandten des Verstorbenen aufgeteilt, wobei Kinder und Enkel des Erblassers Vorrang vor Eltern, Großeltern oder anderen Angehörigen genießen. Quelle: REUTERS
Annahme der ErbschaftWer in Deutschland erben will, muss dafür in der Regel nichts tun. Vor allem braucht er die Annahme des Erbes nicht zu erklären. Dieses Phänomen heißt im Juristen-Deutsch “Von-Selbst-Erwerb.“ Quelle: AP
Ausschlagung der Erbschaft Wer nicht erben will, kann (und muss) die Erbschaft innerhalb einer Frist von sechs Wochen ausgeschlagen. Die Zeit läuft ab dem Moment, in dem der Betreffende von der Erbschaft und deren Gründen erfahren hat. Nach Ablauf der Frist ist eine Ausschlagung in der Regel nicht mehr möglich. Lediglich in Ausnahmefällen besteht die Möglichkeit, die Annahme der Erbschaft anzufechten. Quelle: REUTERS
EhegattentestamentVerheiratete und eingetragene Lebenspartner können ein gemeinschaftliches Testament errichten. Eine weit verbreitete Form ist dabei das sogenannte Berliner Testament. Dabei setzen sich die Eheleute gegenseitig zu alleinigen Vollerben ein. Erst wenn beide Partner verstorben sind, werden auch die Kinder bedacht. Sie werden zu Schlusserben, also zu Erben des länger lebenden Ehegatten ernannt. Quelle: dpa
Pflichtteil Ein Erblasser kann bestimmte Personen von der Erbfolge ausschließen, aber nicht immer verhindern, dass diese Personen etwas aus seinem Nachlass erhalten. Grund: Der sogenannte Pflichtteil garantiert den nächsten Angehörigen des Erblassers also eine Mindestteilhabe an seinem Nachlass. Quelle: dpa
EnterbungHat er Erblasser einen oder mehrere gesetzliche Erben von der Erbfolge ausgeschlossen oder sie bei der Verteilung des Nachlasses nicht erwähnt, spricht man von Enterbung. Handelt es sich bei den fraglichen Personen um enge Angehörige, können sie oft zumindest seinen Pflichtteil verlangen. Quelle: obs

Wie können Eltern mit der Kränkung klar kommen, wenn die Kinder signalisieren: Euer Lebenswerk interessiert uns weniger als ihr euch wünscht?
Erzbischof Reinhard Kardinal Marx hat einmal gesagt: „Menschen lieben es zu vererben.“ Genauso wie Menschen darunter leiden, wenn sie keinen geeigneten Nachfolger haben, auf den sie ihr Vermögen übertragen können, leiden sie darunter, wenn es die Kinder nicht interessiert.

In einem Fall war mein Mandant Unternehmer. Sein Sohn interessierte sich ausschließlich für brotlose Tätigkeiten in der Entwicklungshilfe. Ausdrücklich wollte der Sohn nicht mehr als 5000 Euro im Monat zur Verfügung haben. Dem Vater fiel es außerordentlich schwer, eine Familienstiftung aufzusetzen, die allen Erwartungen des Sohnes Rechnung trug, das beträchtliche Vermögen in der Stiftung hielt und auch noch gemeinnützige Zwecke verfolgte. Der Vater war nicht gekränkt, aber man spürte das Gefühl, dass der hohe berufliche Einsatz im Leben am Ende dann doch nicht belohnt wurde. Dann fehlt plötzlich und unerwartet der erfolgreiche Abschluss des eigenen Berufslebens.

Konflikte beenden – vier Tipps des Mediators Wolfgang Galonska

Welche Lösungen gibt es, wenn sich die Eltern sorgen, dass der Nachfolger spätestens nach ihrem Tod das Unternehmen verscherbelt um ein schönes Leben zu führen?
Das ist nicht schwer. Das Erbrecht verfügt über ein ausreichendes Instrumentarium, den Bestand des Unternehmens auch gegen den Willen des Abkömmlings zu sichern, zum Beispiel über Stiftungen. Oder Kinder werden schon zu Lebzeiten am Unternehmen beteiligt und den dortigen Regelungen in der Satzung unterworfen, die genau solche Veräußerungen an Familienfremde untersagen. Auch per Testament und Testamentsvollstrecker kann dieses Ziel erreicht werden. Aber auch dann können die Kinder die Erbschaft ausschlagen und ihren Pflichtteil geltend machen, der immerhin noch die Hälfte des gesetzlichen Erbteils ausmacht.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%