Unternehmer Hubertus Porschen „Wir werden zu Fließbandarbeitern der Chinesen“

Der scheidende Bundesvorsitzende der „Jungen Unternehmer“ spricht über seine Enttäuschung über die FDP, die Kunst, Aufmerksamkeit zu erregen und das „Technikmuseum Deutschland“.

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Der scheidende Bundesvorsitzende der „Jungen Unternehmer“ zieht nach seiner fast dreijährigen Amtszeit Bilanz. Quelle: obs/DIE JUNGEN UNTERNEHMER/Marc-Steffen Unger

Am Mittwoch wurde Sarna Röser zur neuen Bundesvorsitzenden der „Jungen Unternehmer“ gewählt. Ihr Vorgänger, Hubertus Porschen, zieht nach seiner fast dreijährigen Amtszeit Bilanz. Porschen war gern gesehener Gast in in Talkshows und setzte sich wie seine Vorgängerinnen auch gern plakativ in Szene. So stellte er sich in die Londoner City und warb mit „Bratwurst statt Brexit“ für den Verbleib der Briten in der EU. Er setzte sich für ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten ein und verlangte den Verkauf der staatlichen Telekom-Anteile, um das Geld in die Digitalisierung zu investieren. Und er initiierte die Aktion „Germanys Next Bundeskanzler/in“. Der Verband der Jungen Unternehmer erlaubt maximal zwei Wiederwahlen. Porschens war 2015 als Gründer an die Spitze des Verbandes mit 1500 Mitgliedern gewählt worden.

Sie haben die Aktion Germanys Next Bundeskanzler/in“ initiiert. Hat dies die Mitgliederzahl gesteigert?
Die Mitgliederzahl hat in meiner Amtszeit von 2015 bis 2018 um 19,5 Prozent zugenommen. Ob und inwiefern das auf den Wettbewerb zurückzuführen ist kann ich nicht sagen.

Es gab für die Aktion auch Häme und Kritik, würden Sie so etwas nochmal machen?
Das hat uns Aufmerksamkeit gebracht, solche Aktionen sollten wir häufiger machen. Auch wenn es für mich anstrengend war, weil es jemand geworden ist, der bei mir gearbeitet hat, das wurde dann publik. Unterm Strich war es mega-erfolgreich.

Bei Ihrer Wahl gab es 2015 eine Kampfabstimmung, Sie mussten sich gegen drei Gegenkandidaten durchsetzen. Ihre Nachfolgerin  ist leichter ins Amt gekommen….
Wir hatten damals drei Monate Wahlkampf, das muss nicht sein.

Wie viel Zeit hat Sie der Bundesvorsitz im Schnitt gekostet pro Woche?
Am Anfang war es schon viel Zeit die ich investiert habe. Ich habe es mit der Zeit effizienter gestaltet, zuletzt waren es bis zu zehn Stunden pro Woche, die ich für den Verband gearbeitet habe.

Würden Sie den Job empfehlen?
Den Job als Bundesvorsitzender macht man nicht mal so eben, ich bin ja auch noch Mitgründer einer Firma. Beim Juso-Chef Kevin Kühnert ist das anders. Politik ist sein Beruf. Als ehrenamtlicher Verbandspräsident ist der Beruf ein anderer. Und auch Lencke Steiner ist in die Politik gegangen. Ich bin tiefenentspannt. Ich freue mich, wenn ich wieder Gas für die Firma geben kann.

Würden Sie persönlich das Amt des Bundesvorsitzenden nochmal machen?
Ja, ich würde es nochmal machen. Es war gut, für meine persönliche Entwicklung, ich habe viele Erfahrungen gesammelt in der Politik. Das wichtigste ist der Anfangsenthusiasmus. Meine Themen waren Europa und Digitalisierung. Neben der Aktion „Bratwurst statt Brexit“ haben wir auch Buch „Statt Brexit: EUpgrade“ zum Thema geschrieben. Und: Wir haben bereits vor der FDP sehr deutlich gefordert, dass der Bund seine Telekom-Anteile verkaufen und das Geld in die digitale Infrastruktur stecken soll.

Welche konkreten Erkenntnisse nehmen Sie mit?
Als ich 2015 startete dachte ich noch, dass Bildung im Wettbewerb föderal gut aufgehoben ist. Nach drei Amtszeiten sehe ich das absolut nicht mehr so. Bildung muss Bundesaufgabe werden, auch wenn der Verband es anders sieht. Es kann nicht sein, dass die Regierung das auf die Länder schiebt. Und, was noch wichtig ist: Mir ist bewusst geworden, wie wichtig es ist, sich politisch zu engagieren, auch als Unternehmer. Es ist schon sehr bedenklich, dass so wenig passiert in Sachen Digitalisierung. Das ist eine Riesengefahr für uns.

Welche Gefahr meinen Sie?
Dass sich die Arbeitswelt so radikal verändert und manches eben nicht mehr von Menschen gemacht werden muss. Die Politik hilft den Menschen nicht, das zu verstehen, sie stellt nicht die richtigen Weichen. Wir müssen darüber reden, was es für Konsequenzen hat, wenn Tencent und Alibaba auf unseren Markt kommen. Dann werden wir zu Fließbandarbeitern der Chinesen. Die Politik, aber auch die Unternehmen, müssen aufwachen im „Technikmuseum Deutschland“.

Werden Sie jetzt wie Ihre Vorgängerin in die Politik und vielleicht sogar auch in die FDP gehen?
Ich werde kein FDP-Mitglied, auch wenn sie viel Richtiges fordert. Ich bin ich viel zu enttäuscht von der FDP und auch von der SPD.

Herr Porschen, vielen Dank für das Interview.

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