Von Tinte zur Tusche Lamy bringt Farbe in den Markt

Der dem Bauhausstil verpflichtete Hersteller schlichter und hochwertiger Schreibgeräte wagt sich in einen völlig anderen Markt. Geschäftsführer Bernhard Rösner arbeitet bereits an weiteren Ideen dieser Art.

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Lamy macht Pelikan mit seinem neuen Farbkasten Konkurrenz. Quelle: PR

Heidelberg Wohl jeder hatte ihn in der Schule: den Farbkasten von Pelikan. Und das, was der Nachwuchs heute in die Schule schleppt, sieht immer noch so aus wie schon vor 30 Jahren. Kann ein solches „Nullachtfünfzehn“-Produkt verändert und verbessert werden? Sollte es das überhaupt?

Auf jeden Fall, findet Bernhard Rösner. Er ist Geschäftsführer des Familienunternehmens Lamy in Heidelberg. „Es geht uns darum, ein reifes Produkt anders zu interpretieren, anders wahrzunehmen“, sagt er. 2010 startete der Lamy-Farbkasten Aquaplus im Markt. „Die Nachfrage ist gut und bewegt sich im Bereich dessen, was wir erwartet und geplant haben“, sagt Rösner, ohne weitere Zahlen zu nennen.

Der Vorstoß in einen für das Unternehmen völlig neuen und mit Pelikan bestens besetzten Markt ist mutig. Der Markenname Lamy steht für Füller, Kugelschreiber und Tintenroller im funktionalen Design, schlicht und klassisch, ganz der Bauhaus-Tradition verpflichtet. Tuschkästen wollen da auf den ersten Blick nicht so recht zupassen.

Doch Rösner hat ein klares Ziel vor Augen. „Wir wollen schon in der Schule und Vorschule die Marke Lamy bekanntmachen“, sagt er. Seit Jahren hat Lamy schon Schulfüller im Programm. Mit denen dominiert er den deutschen Markt zu mehr als 50 Prozent. Seit kurzem ist noch ein anderes Produkt hinzugekommen: Buntstifte, von dick fürs Vorschulalter bis dünn für die schreiberfahrene Kundschaft.

Beim Farbkasten legte der Designer Franco Clivio Hand an. Der hat auch den Füllfederhalter Dialog drei für Lamy entworfen, mit gut 200 Euro eines der teuersten Produkte von Lamy. Per Knopfdruck fahren Halterklammer ein und die Feder aus und umgekehrt. So kommt der Füller ohne Kappe aus, man kann sich aber nicht das Hemd beschmutzen, weil die Halterklammer nur mit eingefahrener Feder nutzbar ist.


Füllfederhalter mit der Mimik eines Uhrwerks

„Acht Jahre haben wir daran gearbeitet. Da ist die Mimik eines Uhrwerks drin“, schwärmt Rösner. Etwas schneller ging es beim Tuschkasten. Drei Jahre dauerte die Entwicklung des Aquaplus – eine Herausforderung der etwas anderen Art für Designer Clivio. Schultuschkästen haben eine festgefügte Norm. In diesem engen Rahmen etwas anders zu machen, sei nicht einfach gewesen, räumt Rösner ein.

Es sind die Details, mit denen er Lehrer, Eltern und natürlich Schüler überzeugen will. Die Farbtöpfe haben einen neuen Klickmechanismus, der den Wechsel sauber und einfach machen soll. In die Farben selbst werden Rillen eingeprägt, um die Pinselführung zu erleichtern. Außen auf dem Deckel ist der Farbkreis nach Johannes Itten angebracht, der Standard an deutschen Schulen.

Dass der Farbkasten trotz solcher Ideen etwa bei Online-Händlern wie Amazon erst auf den hinteren Seiten auftaucht, stört den Lamy-Chef nicht. Für die Vermarktung des Farbkastens sei das Internet nicht entscheidend. „Wichtiger sind die Lehrer mit ihren Empfehlungen. Und mit denen haben wir schon bei der Entwicklung des Farbkastens gesprochen“, sagt Rösner.

Das Internet als Verkaufsort betrachtet Rösner eher defensiv, auch aus Angst um die Preise. „Hinsichtlich der Relevanz des Internets als zusätzlichem Vertriebsweg beobachten wir den Markt sehr genau.“ Bislang gibt es Lamy vor allem im Fachhandel, auch auf eigene Läden wie etwa beim Rivalen Faber-Castell verzichtet Rösner bewusst. Einzige Ausnahme ist China. „Wir haben dort etwa 60 Verkaufsstellen und wollen diese in den nächsten drei Jahren auf 200 erhöhen.“

In puncto Schule tüfteln Rösner und sein Team schon an neuen Ideen: „Wir prüfen kontinuierlich jede Option einer zur Marke passenden Sortimentserweiterung.“ Filzstifte würden noch passen, fällt beim Blick auf das Regal im Showroom von Lamy auf. Doch der Lamy-Chef schweigt eisern.

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