Vorbild Biontech Das sind Deutschlands innovativste Mittelständler

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Global ausgerichtet, doch in der Region fest verankert

Rang 2: Bizerba – ein echtes Schwergewicht

Das Brotregal gibt Bescheid, wenn Nachschub gebacken werden muss. Der Waagenhersteller Bizerba wandelt sich zum Softwareanbieter.

Auf der Suche nach Partnern im Mittelstand ist Amazon in Balingen, Baden-Württemberg, fündig geworden. Genauer gesagt: bei Andreas Kraut. Der 46-Jährige führt das 1866 gegründete Familienunternehmen Bizerba. Das stattet die stationären Frischemärkte, die der Onlinegigant in den USA und Großbritannien betreibt, mit Wäge- und Schneidetechnologie aus. Amazon will den Supermarkt der Zukunft entwerfen. Und Bizerba aus Balingen kommt dabei eine wichtige Rolle zu.

Wenn Produkte in Amazons Frischemärkten künftig grammgenau gewogen und zugeschnitten werden, geschieht das mithilfe der Sensoren und Algorithmen des süddeutschen Mittelständlers. Und nicht nur das: Im Repertoire der Schwaben finden sich auch Schneidemaschinen, die ihren Benutzer auf stumpfe Klingen hinweisen. Digitale Waagen, die auf ihren Touchpads Lehrvideos abspielen. Und Brotregale, die den Marktleiter benachrichtigen, wenn Nachschub in den Ofen geschoben werden sollte.

von Rüdiger Kiani-Kreß, Andreas Macho, Martin Seiwert, Christian Ramthun, Christian Schlesiger, Volker ter Haseborg

Mehr Umsatz in den USA als in Deutschland

In Deutschland sind die Waagen von Bizerba vor allem aus Metzgereien und von den Frischetheken der Supermärkte bekannt. Der Name des Unternehmens ist zusammengesetzt aus dem Nachnamen des Gründers Andreas Bizer und der Stadt Balingen. Längst ist aus dem Waagenbauer ein Technologieunternehmen geworden, das fast an der gesamten Wertschöpfungskette bei Lebensmitteln partizipieren kann: Das Kalb im Stall frisst abgewogenes Futter, im Schlachthof wird gewogen, ebenso an der Frischetheke, womöglich auch noch in der Küche des Kunden oder des Restaurants. Bizerba sammelt dabei Daten – etwa zur nötigen Futtermenge oder dem optimalen Gewicht. Für Amazon dürfte der Datenschatz ein überzeugendes Argument sein.

Der Jahresumsatz erreichte zuletzt 729 Millionen Euro, ein Plus von vier Prozent gegenüber Vorjahr. Von den mehr als 4000 Mitarbeitern des Unternehmens arbeitet rund die Hälfte in Deutschland. Bizerba ist zwar fest in der Region verankert. So hat die Inhaberfamilie Kraut, die Nachfahren der Bizers, dem Ort etwa ein Waagenmuseum gestiftet. Doch das Unternehmen ist über seinen Heimatort hinausgewachsen. Jenseits der Schwäbischen Alb unterhält Bizerba drei weitere Produktionsstandorte in Deutschland sowie sechs Niederlassungen in Europa, China und den USA.

2020 habe der Umsatz auf dem nordamerikanischen Markt erstmals über dem deutschen gelegen, sagt Geschäftsführer Kraut, der selbst fünf Jahre die US-Niederlassung geleitet hat. Die globale Ausrichtung sei wichtig, um Trends frühzeitig dort aufzuspüren, wo sie entstehen, sagt Stefan-Maria Creutz, der bei Bizerba für die digitale Transformation zuständig ist. Die schreite voran. Bizerba zähle inzwischen mehr Software- als Hardwareingenieure.

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