Mittelstands-Finanzierung Die Rechnung ohne die Bank gemacht

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Sparvertrag für Innovationen

Das System funktioniert so: Nach der Bonitätsprüfung hat WCF Tom Tailor eine Kreditlinie eingeräumt, bis zu der Waren eingekauft werden können. Käufer der Ware ist aber nicht Tom Tailor, sondern WCF – die gibt sie dann weiter an das Modeunternehmen, stundet die Rechnung aber bis zu vier Monate lang. Tom Tailor zahlt dafür eine gestaffelte Gebühr, je nachdem, wie hoch die in Anspruch genommene Kreditsumme noch ist. Die Gebühren sind umso höher, je länger finanziert wird, und steigen in der Spitze auf 1 bis 1,75 Prozent der vorfinanzierten Summe.

Anders als beim Factoring verlangt WCF aber keine Abtretung von Forderungen, die Tom Tailor gegenüber seinen eigenen Kunden hat. Der Lieferant aus der Türkei bekommt seine Ware pünktlich bezahlt, Tom Tailor bleibt liquide. Zudem taucht der Vorgang nirgendwo als Kreditlinie auf, verschlechtert also nicht die Chancen auf eine normale Bankfinanzierung.

Auch bei Finanzierungen mit fondsbasiertem Eigenkapital bleiben Mittelständler Herr im eigenen Haus. Das Modell funktioniert ähnlich wie geschlossene Schiffsfonds für vermögende Privatanleger, läuft wie diese zwischen fünf und zehn Jahren; es bietet für den Geldgeber zwar keine Steuervorteile, dafür aber mit bis zu 15 Prozent eine relativ hohe Verzinsung.

„Damit lassen sich vor allem komplexe, sehr teure Vorhaben von Mittelständlern finanzieren“, sagt André Marius Le Prince, geschäftsführender Gesellschafter der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft WLP aus Hamburg. Bisher hat Le Prince aber noch keine Geldgeber gefunden: „Der größte Knackpunkt ist das Mindestfinanzierungsvolumen von zehn Millionen Euro.“ Doch auch für mittelständische Kreditnehmer ist das Konzept nicht unproblematisch: Das hohe Renditeziel verteuert die Projektkosten.

Dass der Fantasie kaum Grenzen gesetzt sind, zeigt auch die Idee von Manfred Petz, der für die Industrie- und Handelskammern Stade und Lüneburg Unternehmen in Sachen Patente und Innovationen berät. Sein Konzept basiert auf einer Art Sparvertrag: „Ein Unternehmen könnte wie bei einem Bausparvertrag 40 Prozent einer festgelegten Summe in einen verzinsten Sparplan einzahlen“, erläutert er. Nach zwei Jahren bekäme das Unternehmen weitere 40 Prozent als günstiges Darlehen von der Bank, die restlichen 20 Prozent soll der Staat drauflegen.

Die Kreditspezialisten der Volksbank Stade-Cuxhaven hat Petz überzeugt, auch Unternehmer hat er an der Hand. Noch fehlt aber der staatliche Förderanteil; derzeit teilen sich Volksbank und Unternehmen noch die Finanzierung zu gleichen Teilen. Bei dem einigen ausgewählten Kunden angebotenen „InnovationsVorsorge-Vertrag“ müssen die Unternehmen bis zu zweieinhalb Jahre Kapital für ihre geplanten Investitionen ansparen.

Als Alternative für klamme Mittelständler taugt das Petz-Programm allerdings kaum. Jens Drexler, Vertriebsleiter der Volksbank: „Wer es schafft, 25.000 Euro in zwei Jahren anzusparen, der ist im Prinzip solvent.“ 

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