Multiline Der Einkleider der Nation

Fast jeder Deutsche trägt ein Shirt, ein Polohemd oder eine Unterhose von ihm. Doch kaum jemand weiß das. Der gebürtige Syrer Ghassan Arab steuert von Düsseldorf aus ein undurchschaubares Milliardenimperium.

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Multiline - Ghassan und Jasmin Arab

Das verspiegelte Gebäude in der Grafenberger Allee am Rande der Düsseldorfer City glänzt silbern in der Morgensonne. Der Bau aus den Achtzigerjahren ist zwar ein wenig aus der Mode gekommen, beherbergt aber noch immer alles, was in ein Businesscenter passt: eine Niederlassung von BMW, Rechtsanwälte, Ärzte, Steuerberater, das Honorarkonsulat der Republik Guatemala – und, auf vier Etagen, Multiline.

Das Unternehmen mit dem nichtssagenden Namen fiele nicht weiter auf. Das Chefbüro ist spartanisch eingerichtet, keine Aktenordner, keine Unterlagen, kein PC, nur ein Telefon und ein kleines Webschiffchen, das zu einem alten Webstuhl gehört, der das Foyer schmückt. Wer aber durch die zweiflügelige Glastür in den Nachbartrakt geht, fühlt sich in eine andere Welt katapultiert. Weiß getünchte, in Sonnenlicht getauchte Wände, davor Regale mit Klamotten, Klamotten und nochmals Klamotten, als hätten Deutschlands Handelskonzerne hier eine Art geheime Außenstelle.

Schilder von C&A, Adler und Takko prangen über akkurat gefalteten T-Shirts. Die Namenszüge von Vögele oder Bon Prix zieren Polohemden und Pullis. Kaufhof und Strauss Innovation, Otto, Neckermann und Walbusch, Rewe, Edeka, Kaufland und Rossmann, Baumärkte wie Hellweg oder Tankstellenshops von Shell: So gut wie jeder, der in Deutschland ständig oder gelegentlich Shirts, Pullis und Unterwäsche verkauft, existiert bei Multiline als ein Fach – eine Art Kondensat aller Wühltische, Verkaufsregale und Kataloge.

König der Alltagsklamotten

Nur: Wer die Teile im Laden kauft, wird nie erfahren, dass sie von Multiline stammen. Denn in den Shops und den Ketten der Konzerne heißen die Textilien Jan Paulsen oder Pascarel, Manguun oder McNeal, Roadsign oder Luciano, Livergy oder Lupilu, Fabiani oder Miss H.

Der Hüter des anonymen textilen Grals heißt Ghassan Arab. Der 49-Jährige ist Deutschlands König der Alltagsklamotten. Der kleine Mann mit der hohen Stirn und den dunklen Augen stammt aus Syrien und besitzt einen deutschen Pass. Er ist Chef und Mehrheitsgesellschafter von Multiline.

Arab? Multiline? Nur Eingeweihte kennen den Fast-Fünfziger und sein Unternehmen. Mit rund 1,4 Milliarden Euro Umsatz gehört Multiline zu den größten Bekleidungslieferanten Europas. Hinter der Firma steckt ein Textilimperium gigantischen Ausmaßes. 500 000 Textilien, vom Babystrampler bis zum Sweatshirt, vom Kinderschlafanzug bis zum Polohemd, lässt Arab in seinen Fabriken fertigen – und das pro Tag. Am stärksten ist Multiline bei sogenannten gewirkten, also nicht gewebten Textilien, die sich durch besonders dehnbaren Stoff auszeichnen.

Zugleich ist Arab der wichtigste Zeugwart der deutschen Billigketten. Fast eine halbe Milliarde Euro setzt er mit den hiesigen Discountern um. Wer genau diese Kunden sind, darüber sagt Arab so gut wie nichts. Doch jeder in der Szene weiß, er hat sie fast alle: Aldi Nord, Lidl, Penny, Norma, Netto. Einzig Aldi Süd fehlt, denn wer den schwäbischen Billigheimer Lidl im Boot hat, tut sich schwer, den Erzrivalen Aldi Süd reinzuholen.

Ghassan Arab mit Bill Clinton Quelle: Multiline

Arabs Reich mit weltweit 13 000 Beschäftigten erstreckt sich über mehrere Kontinente. Zu dem Konglomerat gehören 35 eigene Fabriken, im syrischen Aleppo, in Dhaka in Bangladesch, im südchinesischen Guangzhou oder in Istanbul in der Türkei. Multiline macht fast alles selbst, produziert Garn, färbt, stickt und beschafft Materialien und Maschinen. In Bangladesch lässt Arab hauptsächlich T-Shirts oder Schlafanzüge produzieren, deren Design und Herstellung wenig aufwendig sind. Unterwäsche hingegen komme vor allem aus Syrien, sagt Arab, weil er dort die geeigneten Maschinen und Mitarbeiter habe. Auch modischere Bekleidung lässt er in seinem Heimatland fertigen, da viele Accessoires wie Knöpfe, Reißverschlüsse und Sonderstoffe aus der nahen Türkei kämen.

Arabs Aufstieg zum Einkleider der Nation ist die Geschichte vom umtriebigen Orientalen, verkörpert in der Webmaschine Baujahr 1948 im Foyer, deren Schiffchen auf seinem Schreibtisch liegt. „Die wollte ich unbedingt hier stehen haben“, sagt er. „An der habe ich als Jugendlicher oft selbst gearbeitet.“

Multiline ist seit drei Generationen ein Familienunternehmen, hinter Arabs Schreibtisch hängen die Schwarz-Weiß-Fotos von Vater Mohamed Baha El-Din und Großvaters Baha. Der heutige Chef kommt im Dezember 1962 als zweitjüngstes von acht Kindern eines Textilfabrikanten in Aleppo in Nordsyrien auf die Welt. „Alle anderen haben studiert. Ich war immer der Malocher“, sagt Arab. Schon als Zehnjähriger habe er sich sein Taschengeld mit Arbeit am Webstuhl verdient, damit er sich Bananen kaufen konnte. Denn der kleine Ghassan ist verrückt nach Bananen, nicht die kleinen billigen aus Syrien, sondern die großen, die importierten, teuren aus Übersee. „Ich liebe Bananen bis heute“, sagt Arab, jeden Tag esse er zwei bis drei.

Kein Slumdog-Millionär

Der Fabrikantenspross geht in Aleppo zur Grundschule, danach aufs Gymnasium und verlässt dieses nach der zehnten Klasse. „Ich habe mehr Zeit in den Fabriken verbracht als in der Schule“, sagt Arab. Der Vater schickt ihn nach Deutschland, nach Aachen, wo gute Bekannte wohnen. Arab lernt fleißig Deutsch in der Volkshochschule, wagt sich auf eine private Wirtschaftsschule in Köln und wechselt auf die Höhere Handelsschule wieder in Aachen. Dort erhält er einen Ausbildungsplatz als Groß- und Außenhandelskaufmann bei der Firma Casper, einem Hersteller von Laboreinrichtungen und Medizintechnik. In dieser Zeit lernt er seine spätere Frau Jasmin kennen, die in die Parallelklasse der Berufsschule für Bürokaufleute geht.

1988, mit 26 Jahren, ist Arab so weit. Er zieht nach Düsseldorf und gründet Multiline. „Wir haben die Nähe zur Modestadt gesucht“ sagt er, „und natürlich auch zu den großen Handelskunden wie C&A, Karstadt, Metro, Kaufhof oder Tengelmann, die hier und in der Umgebung ansässig waren und sind.“

Der weltläufige Wahl-Rheinländer ist kein Slumdog-Millionär, der sich aus ärmsten Verhältnissen zum Tycoon hocharbeiten musst. Von Anfang an bewegt er sich in den mehr als 100 Jahre alten Fußstapfen, die seine Vorfahren hinterlassen haben. Großvater Baha war 1885 Stofffabrikant geworden und hatte mit seiner Firma Arab Textil in Aleppo den Grundstein für den heutigen Familienkonzern gelegt. Als Arbas Vater Mohamed 1950 die Leitung übernimmt, produziert das Unternehmen bereits auf mehr als 1000 Webstühlen Bekleidung. Als er 1989 stirbt, hat Ghassan gerade damit begonnen, das Textilimperium von Deutschland aus mithilfe von Multiline neu auszurichten.

Ghassan Arab mit Angela Merkel Quelle: Multiline

Arab stecken Handel und Unternehmertum im Blut. Schon im Kindesalter erfährt er, wo künftig das große Geschäft liegen könnte. „Wir haben daheim die Textileinkäufer der großen deutschen Warenhäuser empfangen“, erinnert er sich. Bis heute pflegt er das Familiäre. Bert Hentschel, Geschäftsführer des Modeversenders Walbusch in Solingen, schwärmt von der „freundlichen Natürlichkeit“. Einmal habe er mit Arab in Düsseldorf über einen Auftrag verhandelt, da sei mitten hinein Arabs Sohn mit dicker Wange vom Zahnarzt hereingeplatzt. Arab habe seinen Sohn einige Minuten getröstet und sei erst dann wieder zum Geschäft übergegangen.

Arab redet so schnell, wie seine Fabriken T-Shirts ausspucken. Er ist der Generalist mit dem Riecher fürs Geschäft, der nie studiert hat, dafür aber weiß, wie er sich fehlendes Wissen besorgt. „Ich brauche für vieles Berater“, gibt er offen zu. Tatsächlich geben sich bei Multiline hoch dotierte Herren in teuren Anzügen nur so die Klinke in die Hand. Alles, was im Entferntesten mit Personal zu tun hat, also Rekrutierung, Stellenbeschreibungen oder Auswahlverfahren, überlässt Arab der Personalberatung Kienbaum. Wenn es sich um Bilanzen, Konzernstrukturen oder Gesellschaftsrecht dreht, baut er dagegen auf Bernd Bothe, den Partner bei der Düsseldorfer Managementberatung Horn & Company, der früher als Manager dem Handelsriesen Metro diente.

Undurchschaubares Firmengebilde

Rund 1,4 Milliarden Euro Umsatz, geschätzte 50 Millionen Euro Gewinn, zahllose Einzelunternehmen mit insgesamt 13 000 Mitarbeitern, so viel ist über Multiline bekannt. Doch wie ist das Unternehmen organisiert? Wie kommen Umsatz und Gewinn zustande, wer liefert wie viel an wen, wie sind die Beteiligungsverhältnisse und die Verflechtungen?

Nach Rücksprache mit Arab darf Berater Bothe per E-Mail erklären: „Wie der wirtschaftspolitischen Fachwelt bekannt sein dürfte, werden in Ländern wie Syrien Eigentumsverhältnisse und Firmenstrukturen traditionell und grundsätzlich aus wirtschaftspolitischen Gründen in viele, autarke Einzelunternehmen mit den unterschiedlichsten Namen aufgeteilt. Die Firmen der Multiline Group und deren Partner sind rechtlich autark und werden wirtschaftlich nicht konsolidiert, vermarkten jedoch ihre Produkte gemeinsam in der Multiline Group.“

Auf gut Deutsch: Im Rücken von Multiline agiert ein für Außenstehende undurchschaubares und fein ziseliertes Firmengebilde. Einer der Gründe für die Zersplitterung und Geheimniskrämerei ist offenbar die Verstaatlichung großer Betriebe in Syrien zu Zeiten von Arabs Vater Mohamed. Nach diesen Erfahrungen, so lässt Arab seinen Berater schwammig erklären, hätten Unternehmensgruppen wie Multiline die Konsequenz gezogen und „ sich den Gegebenheiten angepasst“ – sprich: sich in einen Schwarm von Firmen verwandelt, um nicht so einfach vom Staat gefressen werden zu können.

Nur so viel verrät Arab über die Eigentümerstruktur: Multiline ist nicht mehr zu 100 Prozent inhaberfinanziert. Er selbst sei zwar alleiniger Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter, aber mittlerweile seien auch ausländische Banken und stille Teilhaber beteiligt.

Jasmin Arab Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche

Das Gegenstück zu Arab ist seine Frau Jasmin. Die 43-jährige Porsche-Carrera-Fahrerin und Mutter zweier Söhne versteht sich als das Auge von Multiline. Sie ist die Chefdesignerin und entwirft die Kollektionen, die anschließend als Eigenmarken bei Strauss, Kaufhof oder P&C ausliegen.

Dass die Klamotten bei Multiline einen ganz anderen Namen tragen als in den Regalen des Handels, wissen nur wenige Eingeweihte. Eine von ihnen ist Miriam Vieten, Prokuristin und Bereichsleiterin Textil bei Multiline. „Da ist unser Bert und da ist der Ernie“, sagt die Managerin beim Gang durch den Kaufhof an der Düsseldorfer Königsallee. „Ja, und das hier sind Max und Moritz“, ergänzt Chefdesignerin Arab. „Aber wo ist die Mia?“

Die beiden Multiline-Frauen sind in ihrem Element. Alle paar Meter entdecken sie auf einem Ständer oder in einem Regal des Kaufhofs irgendeinen Fummel, den sie vor ein paar Monaten entworfen haben. Ob die petrolblauen Miss-H-Shirts, die orangefarbenen Mark-Adams-New-York-Tops oder die pinkfarbenen Manguun-Polo-Hemden, wenn Kaufhof- und Multiline-Mitarbeiter über Design, Lieferungen, Termine und Stückzahlen verhandeln, bedienen sie sich häufig der internen Kosenamen.

Grenzen der Expansion

Nach vielen Jahren des Wachstums stößt Arabs Klamottenreich unübersehbar an Grenzen. Die insgesamt 80 Mitarbeiter im Einkauf, Vertrieb und Design in Düsseldorf reichen nicht mehr aus, um die anschwellenden Orders zu bewältigen. Darum sollen in den kommenden Monaten „die Strukturen angepasst werden“, sagt Arab. Für ihn heißt das, ein Dutzend neuer Top-Positionen zu besetzen, vom Chef für das Büro in Hongkong bis hin zu Führungspositionen für IT, Logistik und Personal.

Arabs größte Herausforderung ist ein Industriepark in Bangladesch, eine Textilfabrik für 10 000 Mitarbeiter. Das Megaprojekt soll Multiline in eine neue Größenordnung befördern. Arab kramt eine Skizze des Komplexes nördlich von Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, hervor. „Unit 36“, wie Arab seine 36. Fabrik nennt, wird eine kleine Stadt mit Schlafmöglichkeiten für die Arbeiter, Fitnessangeboten, einer Berufsschule und einem Krankenhaus. Jede der zwölf Fabrikhallen sei so groß wie zwei Fußballfelder, das Abwasser werde wiedergewonnen und Strom per Solaranlage produziert, schwärmt Arab. Die Produktionskapazität des neuen Standorts soll einmal bei 500 000 Textilien pro Tag liegen – so viel, wie heute alle Arab-Fabriken zusammen ausspucken.

Eigentlich sollte „Unit 36“ längst produzieren. Geplant war die Fertigstellung Ende 2009. Doch es gab unter anderem Probleme bei der Landbeschaffung. Das Fabrikgelände gehört mehr als 80 Personen. Entsprechend aufwendig gestaltete sich dessen Kauf. Nun soll es spätestens Anfang 2012 losgehen. Insgesamt wird Arab rund 140 Millionen Euro investieren.

Arab preist sein neues Projekt in den höchsten Tönen, weil er und seine Branche unter scharfer Beobachtung von Menschenrechtsgruppen stehen. Die prangern unwürdige Arbeitsbedingungen und Kinderausbeutung bei Textillieferanten der Handelskonzerne an. Deshalb wird Arab nicht müde zu betonen, dass er sich für faire Arbeitsbedingungen in seinen Fabriken ins Zeug lege. Manchen Einkäufern der Handelsketten seien Missstände völlig egal, wettert er über solche Geschäftspartner. Sie nähmen in Kauf, das Image ihres Arbeitgebers zu ruinieren: „Die Hauptsache ist, dass die eigene Rechnung zunächst einmal stimmt. Diese Leute sind Esel.“ Unter schlechten Bedingungen hergestellte Ware sei „wie geklaute Ware“, die „dürfte der Handel gar nicht verkaufen“.

Arab versichert, mit solchen Machenschaften nichts zu tun zu haben. In seinen Fabriken in Bangladesch seien „höchste ökologische und soziale Standards“ selbstverständlich. Er bezahle seinen Mitarbeitern in den Nähereien mehr als die Mindestlöhne, eigene Mitarbeiter achteten auf die Einhaltung sozialer Standards. Als Beweis für seine Behauptungen führt Arab an, dass Multiline den Verhaltenskodex der Business Social Compliance Initiative (BSCI), einer in Brüssel beheimateten europäischen Unternehmerinitiative, unterzeichnet habe. Dieser basiert auf den Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation und den Vereinten Nationen. Zu deren Regeln zählen das Verbot von Diskriminierung, Kinder- und Zwangsarbeit, gesetzliche Mindestlöhne sowie geregelte Arbeitszeiten.

Doch die Glaubwürdigkeit von BSCI ist begrenzt. Die Initiative wurde 2004 von der Foreign Trade Association, einem Lobbyverband großer europäischer Handelsketten wie Carrefour, Metro, Tchibo, Deichmann oder Otto gegründet. Ziel ist es, die Sozialleistungen der Zulieferer weltweit im Rahmen eines einheitlichen Systems zu überwachen. Nichtregierungsorganisationen wie die Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) sehen in dem BSCI-Regelwerk jedoch eher ein soziales Deckmäntelchen. Sie bemängeln, dass die Einkaufspraktiken der Handelshäuser nicht hinterfragt würden, obwohl diese oftmals die Ursache für die Verletzung von Arbeitsrechten seien. Zudem beziehe sich der Kodex nicht auf die gesamte Lieferkette, sondern spare Sublieferanten aus. Schließlich würden Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen nicht als Mitglieder in Kontrollgremien akzeptiert.

Die Kritik ist durchaus begründet. So stieß die CCC auf menschenunwürdige Zustände bei Nähereien in Bangladesch, die für Lidl produzierten – obwohl Lidl mit dem BSCI-Zertifikat warb. Seitdem verzichtet Lidl auf Werbung mit angeblich fairen Arbeitsbedingungen bei Lieferanten.

Finger weg von Politik

Arab schwört, keine Geschäfte mit Ketten zu machen, die sich unsauberer Lieferanten bedienen. „Für uns sind sie als Kunde inakzeptabel und deshalb gesperrt“, sagt er. Namen nennt er keine, doch die schwarzen Schafe sind in der Branche bekannt. Der Billigkette KiK etwa wurde nachgewiesen, unter welchen unwürdigen Bedingungen ihre Klamotten in Bangladesch genäht werden. KiK -jedenfalls fehlt in Arabs imposantem Showroom. Bert Hentschel setzt deshalb bei Arab mehr auf Vertrauen denn auf Kontrolle. „Was die Arbeitsbedingungen in seinen Betrieben angeht, habe ich bei ihm ein gutes Gefühl“, sagt der Chef des Modeversenders Walbusch. Selber vor Ort, etwa in Bangladesch, sei er noch nicht gewesen.

Arab hätte viel zu verlieren, sollte er zur Zielscheibe von Menschenrechtsorganisationen werden. Er kramt Fotos hervor vom Treffen der Global Initiative des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton: Er, Arab, Deutschlands unbekannter Klamottenkönig, zusammen mit Microsoft-Gründer Bill Gates und Richard Branson, der britischen Unternehmerlegende. Seit 2006 gehört Arab zum erlauchten Kreis von weltweit 1000 Personen aus Wirtschaft, Politik und Showgeschäft, die mit üppigen Spenden soziale Projekte finanzieren.

Ein politischer Mensch ist Arab deswegen aber nicht. Noch zu Beginn des Jahres hatte er die Lage in seinem Heimatland Syrien als stabil geschildert und behauptet, das Volk mache einen zufriedenen Eindruck. Jetzt sei er „schockiert“ über die Gewaltexzesse der jüngeren Vergangenheit. Einen für Ostern geplanten Besuch bei seiner Schwester in Aleppo blies er kurzerhand ab und jettete mit seiner Familie lieber für ein paar Tage nach New York.

Natürlich, sagt Arab, werde er zu wichtigen Anlässen – auch von der syrischen -Regierung – eingeladen. Er nehme aber nur Einladungen an, die einen klaren wirtschaftspolitischen Hintergrund hätten, etwa die Verbesserung der deutsch-syrischen Handelsbeziehungen oder die Einhaltung von Umwelt- und Qualitätsstandards. Ansonsten ist der Orientale vom Rhein in erster Linie Geschäftsmann und pflegt die Maxime „Don’t touch politics“ – Finger weg von Politik. „Damit“, sagt er, „sind wir drei Generationen lang gut gefahren.“

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