Neue Boni Zahltag für die Investmentbanker

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Bob Diamond Quelle: Getty Images/David Cannon

Nach Einschätzung von Vergütungsexperten dürfte die Kombination aller Vorschriften dazu führen, dass Beschäftigte, deren Job als besonders riskant gilt, künftig nur noch 20 Prozent ihres Bonus in bar erhalten. Dass mancher Banker wie vor der Krise das 60-Fache seines Fixums als Bonus einstreicht, dürfte nicht mehr möglich sein.

Die Institute selbst müssen zudem eine Gruppe von Beschäftigten identifizieren, für die künftig besonders strenge Regeln gelten, die sogenannten „Risk Taker“. Analysten schätzen, dass hierunter in Großbanken künftig jeweils etwa 200 bis 300 Beschäftigte fallen. Dazu zählen etwa Geschäftsführer, aber auch Händler in herausgehobener Position. „Bei den Banken gibt es noch keine einheitliche Praxis, wie diese zu identifizieren sind“, sagt McLagan-Berater Roth.

Alle derart klassifizierten Angestellten dürfen nach den europäischen Vorgaben künftig nur noch höchstens die Hälfte ihres Bonus in bar erhalten. Zudem sollen zwischen 40 und 60 Prozent des Bonus über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren ausgezahlt werden.

Einige Banken gehen mit ihren internen Vorgaben über das gesetzliche Mindestmaß hinaus. Als Vorreiter gilt die Schweizer Großbank Credit Suisse. Dort bekommen Mitarbeiter künftig schon ab einem Bonus von 50.000 statt bisher 125.000 Schweizer Franken einen Teil des variablen Gehalts in aufgeschobener Form ausbezahlt. Die Bank hat sowohl bedingte Ansprüche auf Aktien wie auch auf Bargeld eingeführt, deren Auszahlung über vier Jahre gestreckt wird. Ihre Höhe ist von den Ergebnissen der Bank und der jeweiligen Abteilung abhängig. Der Anteil dieser Zahlungen soll künftig zwischen 35 und 70 Prozent des Gesamtbonus ausmachen. Zudem gibt es schon seit Längerem die Möglichkeit, Boni nach Fehlverhalten, das wirtschaftlichen Schaden nach sich zieht, zurückzufordern. Andere Institute dürften mit ähnlichen Schritten folgen.

Stabiles Einkommen

Durchschnittsverdienst eines Beschäftigten im Investmentbanking der Deutschen Bank, was Banken Investmentbankern zahlen

So sehr sich die Zusammensetzung der Zahlungen ändern mag, so stabil ist die Höhe. Die Erfolgsprämien haben zwar nicht das Niveau der Vorkrisenzeit erreicht. Die Zahlungen für 2010 dürften nach Einschätzung von Personalexperten im Durchschnitt sogar leicht gesunken sein. Den Tiefpunkt aus dem Jahr 2008 haben die Banker aber hinter sich.

Trotz eines Gewinneinbruchs hat ein durchschnittlicher Banker beim Marktführer Goldman Sachs 2010 immer noch rund 430.000 Dollar verdient. Als eines von wenigen Instituten dürfte die Deutsche Bank, die an diesem Donnerstag ihre Geschäftszahlen für 2010 vorstellt, die Gesamtvergütung für ihre Mitarbeiter im Investmentbanking im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesteigert haben. Ihre Zahl hatte sich bis Ende September auf rund 16.000 erhöht, die meisten mit Sitz in London und New York. Ein Deutschbanker in diesem Bereich dürfte nach Schätzungen 2010 im Durchschnitt rund 340.000 Euro kassiert haben.

Wirtschaftlich gestärkt treten hochrangige Banker auch öffentlich wieder selbstbewusst auf. Selbst Chefs großer Institute haben offenbar keine Lust mehr auf kollektive Demut. „Die Zeit der Reue ist vorbei, die Phase der Entschuldigungen muss zu Ende sein“, sagte etwa Bob Diamond, vor wenigen Monaten zum Chef der britischen Bank Barclays aufgestiegener Investmentbanker, kürzlich dem Finanzausschuss des Unterhauses.

Noch während des Wahlkampfs hatten der heutige Premier David Cameron und sein Finanzminister George Osborne der Finanzbranche mit markigen Worten empfindliche Sanktionen angedroht. Doch inzwischen sind sie eingeknickt. Weder die Drohung mit einer erneuten Sondersteuer noch den angekündigten Zwang, die Namen der Bezieher hoher Gratifikationen zu veröffentlichen, hat die Politik wahrgemacht.

Während durch die neuen internen Vorgaben die Boni gesunken sind, haben die Banken in London die Fixgehälter zum Teil deutlich erhöht. Bei einigen Banken haben sie sich für Spitzenkräfte nahezu verdoppelt. Für Empörung sorgt in der Öffentlichkeit, dass Chefs teilverstaatlichter Banken wie Royal Bank of Scotland oder Lloyds TSB Millionen kassieren – genauso wie die Tatsache, dass einige Banker zum alten Lebensstil zwischen Ferrari und Magnum-Flasche Bollinger-Champagner zurückgekehrt sind. Schon im Herbst meldeten Londoner Händler hier Engpässe.

Das Argument für die Spitzengehälter ist stets das Gleiche, durch die europäische Regulierung hat es noch Auftrieb bekommen. Denn in den USA und Asien sind die Vergütungsvorschriften deutlich weniger streng ausgefallen. Da aber die Regeln des Heimatmarkts weltweit auch für Auslandstöchter gelten, fürchten in Europa beheimatete Institute um ihre Angestellten auf prosperierenden Auslandsmärkten. Zumal sie mehr Transparenz liefern müssen: Die Vorschriften sehen zwar keine Veröffentlichung von Namen besonders gut verdienender Banker vor, aber detaillierte Angaben zur Struktur und Spitzengehältern in einzelnen Bereichen.

Das könnte es Konkurrenten auf besonders hart umkämpften Märkten erleichtern, den europäischen Instituten Top-Leute abspenstig zu machen. Gerade in Asien sind die Einkommen hoch qualifizierter Bankmanager zuletzt dramatisch gestiegen. Selbst Deutsche-Bank-Chef Ackermann erklärte deshalb, dass sein Haus in Asien aus dem Abwerbewettlauf aussteigen wolle und künftig stärker auf die Ausbildung des eigenen Nachwuchses setze.

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