Nord-Stream-Chef Warnig "Klare Formeln"

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Hinter Gazprom steckt aber der russische Staat, jedes Gasgeschäft hat sofort eine politische Dimension. Konnte Altbundeskanzler Gerhard Schröder als Nord-Stream-Aufsichtsratschef helfen, Vorbehalte der Europäer abzubauen?

Der ehemalige Bundeskanzler war mir persönlich eine große Hilfe. Und zwar mit seiner Erfahrung und Ratschlägen, wie man sich im politischen Umfeld platziert, wie man diplomatisch auftritt und wie man mit Ressentiments umgeht.

Hat Sie die deutsche Kritik an Schröders Engagement überrascht?

Die Kommunikation hätte hier besser vorbereitet werden können. Die Tätigkeit von Gerhard Schröder war aber in jeder Beziehung offen und transparent.

Die Ostseepipeline ist fertig, jetzt sind Sie nur noch Spediteur.

Na ja, wir müssen aber auch noch den zweiten Strang zu Ende bauen.

Können Sie sich vorstellen, die Projektgesellschaft für South Stream zu leiten?

Ich könnte mir vorstellen, dass ich ein neues Projekt anpacke. Welches das ist, weiß ich noch nicht. South Stream ist ja erst in Gründung und hat ja bereits einen Chef. Ich spekuliere nicht über Angebote, die ich nicht bekommen habe.

Sie sitzen im Aufsichtsrat einer ganzen Reihe russischer Unternehmen, darunter die Ölfördergesellschaft Rosneft und die Bank VTB, beim Pipeline-Betreiber Transneft haben Sie sogar den Vorsitz. Warum vertrauen die Russen einem Deutschen?

Ich bin seit fast 20 Jahren in diesem Land unterwegs, habe zwölf Jahre permanent hier gelebt und noch als Banker sämtliche Krisen miterlebt. Solche Erfahrungen sind enorm hilfreich für Aufgaben in den Aufsichtsräten.

Hat Ihnen die Freundschaft mit Premierminister Putin geholfen, die lukrativen Mandate zu bekommen?

Ich habe Putin im Herbst 1991 in Sankt Petersburg kennengelernt. Aus den beruflichen Kontakten während meiner Tätigkeit für die Dresdner Bank hat sich eine private Freundschaft entwickelt. Aber wir trennen private und geschäftliche Dinge sehr genau.

Was sagen Sie denjenigen, die Ihnen Ihre Stasi-Vergangenheit vorwerfen?

Ich habe diese Vergangenheit und stehe dazu. Aber ich kann verstehen, dass in Deutschland der eine oder andere eine distanzierte Haltung dazu hat. Das akzeptiere ich. In Russland ist das kein Thema.

Ist der Staat in Russland der bessere Unternehmer?

Ich bin aus eigenen Erfahrungen der Marktwirtschaft zugetan und skeptisch gegenüber der Rolle des Staates als Unternehmer. Ich habe den Zusammenbruch der DDR und ihrer Planwirtschaft erlebt.

Warum sitzen Sie dann ausgerechnet bei Staatskonzernen im Aufsichtsrat?

Wir vergessen im Westen oft, dass die Planwirtschaft in Russland erst seit 20 Jahren Geschichte ist. In Deutschland war die Post 50 Jahre ein Staatsbetrieb, die Bahn ist es bis heute. In Russland sind schon viele Sektoren komplett privatwirtschaftlich organisiert, die weitere Privatisierung ist eine Priorität der russischen Wirtschaftspolitik. Wenn ich mit meinen Erfahrungen in diesem Prozess etwas beitragen kann, wäre das für mich eine sehr schöne Aufgabe.

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