Offshore-Logistik Windenergie soll Seehäfen pushen

Mit dem Wind kommen Jobs und Wohlstand: Beim Ausbau der Windparks in Nord- und Ostsee wittern deutsche Seelogistiker ein Milliardengeschäft. Zu Recht: Die deutschen Offshore-Firmen holen langsam auf.

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Spezialschiffes

Die zwei Dutzend Gondeln, die aufgebockt auf Betonklötzen am Nordkai des Emdener Hafens liegen, sind die Hoffnung von Berend Snippe, der für Niedersachsen Ports den Hafenbetrieb in Emden leitet. Die Anlagen des Windkraftanlagen-Herstellers Bard sind so groß wie kleine -Häuser und verwandeln Drehbewegungen von Rotorblättern in Strom. Nun warten sie darauf, von Spezialschiffen zum Windpark Bard Offshore 1 gebracht zu werden: rund 90 Kilometer nordwestlich von Borkum.

Snippe baut Emden zu einem Umschlagplatz für Offshore-Industrie aus. Bard fertigt Gondeln und Flügel im Hafen. Andere Hersteller wie Siag haben sich angesiedelt, weitere sollen nachziehen. „Der Hafenumsatz könnte ab 2013 um ein Viertel steigen“, sagt Snippe mit Blick auf die gewaltigen Pläne für Offshore-Windenergie.

Hoffen auf den Jobboom

Wie Emden setzen auch andere Häfen auf den erhofften Boom der Windenergie auf dem Meer. In Cuxhaven lagern gigantische Stahlfüße, die den Windmühlen von Bard als Fundament dienen. Bremerhaven putzt sich mit neuen Umschlagflächen als Standort heraus. Auch Brunsbüttel gilt als Hafen mit Offshore-Zukunft. An der Ostsee sind es Rostock und Sassnitz/Mukran. Die Küstenregionen hoffen so auf neue Jobs: Ein Viertel der Offshore-Investitionen bleiben nach Branchenschätzungen bei lokalen Logistikern hängen. 30 Parks könnten bis 2030 in der Nordsee entstehen, zehn in der Ostsee. Die Leistungen von -insgesamt 25 Gigawatt bedeuten ein Investitionsvolumen von 100 Milliarden Euro.

Die Konkurrenz im Ausland ist aber stark. Das holländische Eeemshaven stach beim Bau des ersten deutschen Windparks Alpha Ventus Emden als Logistikhub aus. Der Hafen lag näher an der 45 Kilometer nordöstlich von Borkum gelegenen Anlage. Siemens definiert das dänische Esbjerg als Basishafen für die Offshore-Tochter. Auch bei der See-Logistik haben Dänen, Holländer und Briten einen Vorsprung: „Sie verfügen über wertvolle Erfahrungen aufgrund ihrer Öl- und Gasindustrie“, sagt Werner Brinker, Chef des Energieversorgers EWE, der an Alpha Ventus beteiligt ist. „Deutschland ist keine Offshore-Nation.“ Die Erfahrungen beim Bau von Großanlagen bei stürmischer See müssten deutsche Logistiker erst sammeln.

Deutsche Firmen schaffen sich Nischen

Doch die Unternehmen holen auf. „Nach Fertigstellung der ersten von zwölf Windanlagen stieg die Effizienz beim Aufbau bereits um 30 Prozent“, sagt Brinker. EWE hat bei dem Projekt vermarktbares Know-how gesammelt: Die EWE-Tochter BTC programmierte die Leittechnik für den Park und verkauft die Software nun weiter. Das Projekt Bard nutzt die EWE-Software bereits.

Deutsche Firmen stechen zudem in logistische Lücken vor, die das junge Geschäftsfeld bietet. So sind Spezialschiffe noch Mangelware. Beim Bau von Alpha Ventus wurde mangels Alternativen das überdimensionierte holländische Schwergutschiff Thialf für 500 000 Euro pro Tag angemietet. Nun baut das Joint Venture Beluga Hochtief Offshore (BHO) zwei Spezial-schiffe, die die Montage von Offshore--Anlagen in 60 Meter Tiefe ermöglichen. Die Schiffe heben ihren Rumpf mittels ausfahrbarer Beine zehn Meter über Meeresspiegel an. Ein Kran an Bord verankert Fundamente bis zu 1500 Tonnen Gewicht in den Meeresboden.

Experten beziffern den Markt für Offshore-Spezialschiffe auf 20 Stück. Derzeit gibt es eine Handvoll. Das erste BHO-Schiff, das 2012 vom -Stapel läuft, kommt beim Bau von zwei Parks mit je 80 Anlagen zum Einsatz. Auch beim Windpark Horn Sea vor England mit 800 Anlagen, der ab 2015 gebaut wird, gilt BHO als bevorzugter Bieter. Hochtief strebt einen Umsatz bis 500 Millionen Euro mit Offshore-Dienstleistungen an.

Jeder bekommt etwas vom Kuchen

„Noch ist Offshore-Windenergie ein zartes Pflänzchen“, sagt EWE-Manager Brinker. Es fehlten finanzielle Anreize, Genehmigungsverfahren dauerten zu lange. Dennoch hat auch EWE schon einen neuen Windpark im Visier: Riffgat vor Borkum wird knapp 400 Millionen Euro kosten und soll 2013 ans Netz gehen. Das Projekt wird mit Partner realisiert. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass manche Hürden für Offshore-Projekte im Zuge der Energiewende ausgeräumt werden. So ist die Stimmung bei Offshore-Logistikern und Hafenbetreibern optimistisch. „Werden die geplanten Projekte gebaut, geraten alle Häfen an ihre Kapazitätsgrenzen“, sagt Emdens Hafenchef Snippe. Vom Kuchen würde jeder ein Stück abbekommen.

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