Fiat hat sich aus dem Bieterrennen um Opel verabschiedet. Der Mutterkonzern General Motors (GM) legte in den Verhandlungen immer neue Forderungen auf den Tisch, heute wurde es Fiat-Chef Sergio Marchionne dann zu bunt – und zu teuer. Das Unternehmen kündigte an, sich nicht weiter an den Verkaufsverhandlungen zu beteiligen.
Italienisch wird Opel also nicht. Nur das ist sicher. Alle anderen Aussagen von GM, der deutschen Politik und der US-Regierung sind den Strom nicht wert, mit dem sie durchs Netz gejagt werden. Es sind Äußerungen von Poker-Spielern, die verzweifelt um Milliarden und um ihr Ansehen in der Bevölkerung zocken.
Nachdem Fiat nun absichtlich ins Kiesbett fuhr, ist nur noch der kanadisch-österreichische Kaufinteressent Magna im Rennen. Auch wenn GM Magna offenbar von Anfang an als Käufer favorisierte, ist der Rennverlauf mehr als unangenehm für die Amerikaner: Wie soll GM Magna-Chef Frank Stronach noch Zugeständnisse und neue Geldspritzen abringen, wenn er der einzige Bieter ist?
Ein Tisch voller Pokerspieler
Es gibt nur einen Ausweg aus dem Dilemma: GM behauptet, dass zum jetzigen Zeitpunkt nicht unbedingt ein Investor her müsse, dass man ja das Unternehmen auch erst mal Insolvenz anmelden lassen könne, um dann im Insolvenzverfahren das Bieterrennen neu zu starten. Genau mit dieser Aussage lässt sich der Konzern jetzt zitieren.
Ob sich Stronach davon unter Druck setzen lässt? Wohl kaum. Er holt stattdessen, ganz Pokerface, zum Gegenschlag aus: Magna könne sich auch vorstellen, so ließ Magna jetzt durchsickern, wie Fiat aus dem Bieterwettstreit auszusteigen. Auch das ist wohl nicht mehr als eine Drohgebärde.
Auf dem dritten Stuhl am Poker-Tisch sitzt Bundeswirtschaftsminister Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CDU). Er macht es wie die Amerikaner, wird nicht müde, die „geordnete Insolvenz als eine Option" zu bezeichnen. Soll heißen: Wir lassen uns von Fiat und Magna nicht unter Druck setzen, wir können auch anders.
Opel-Insolvenz wäre Selbstmord für die CDU
Faktisch ist auch das nicht mehr als eine leere Drohung. Eine Insolvenz von Opel wäre politischer Selbstmord für die CDU. Für die SPD, die von Anfang an gegen eine Insolvenz war, wäre das ein gefundenes Fressen. Sie hätte ihr Wahlkampfthema für die Bundestagswahl im Herbst gefunden und könnte mit der Rückendeckung von 50 000 europäischen und über 20000 deutschen Opelanern der CDU die Hölle heiß machen.
Es ist gut möglich, dass die SPD dabei die Fakten auf ihrer Seite hätte: Die Absätze von Opel würden bei einer Insolvenz möglicherweise dramatisch einbrechen. Kunden kaufen ungern Autos von einer insolventen Firma, fürchten um die Ersatzteilversorgung, um Garantieransprüche und den Wiederverkaufswert der Autos. Welche Folgen eine Insolvenz haben kann, zeigt die schwedische Automarke Saab. Seit die GM-Tochter im Februar Pleite ging, brachen die Verkäufe in Deutschland um rund 60 Prozent ein. Im April wurden deutschlandweit ganze 147 Neuwagen der Marke Saab in Deutschland zugelassen.
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