Pharma Schmerzhafter Personalabbau bei Grünenthal

Eineinhalb Jahre hat sich der neue Grünenthal-Chef Harald F. Stock Zeit gelassen. Jetzt greift er durch – und kündigt einen Personalabbau an. 360 Mitarbeiter müssen gehen, davon mehr als 200 in Deutschland.

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Das Firmengebäude der Quelle: dpa

Stock ist der erste familienfremde Manager an der Spitze des Pharmaunternehmens aus Stolberg bei Aachen. Im Jahr 2008 hat er den glücklosen Eigentümer-Filius Sebastian Wirtz abgelöst. Stock, der vom US-Gesundheitsunternehmen Johnson & Johnson zu Grünenthal wechselte, unterzog das Unternehmen einer grundlegenden Neuorientierung. Schon im vergangenen Jahr hatte der studierte Chemiker angekündigt, dass sich Grünenthal künftig nur noch auf Schmerzmittel konzentriert. Seine Hoffung setzt er dabei vor allem auf das Schmerzmittel Tapentadol, das in den USA und vielen europäischen Ländern, unter anderem Deutschland,  bereits zugelassen ist. Was Grünenthal sonst noch im Portfolio hatte – etwa Verhütungspillen oder Antibiotika – verkaufte Stock. Für das Geschäftsfeld „Zystische Fibrose“, eine tückische Stoffwechselkrankheit,  sucht er noch nach einem Käufer. 

Heute kündigte Stock an, welche Konsequenzen die Neuausrichtung hat: Rund 360 Vollzeit-Arbeitsplätze werden in den nächsten drei Jahren weltweit gestrichen. 220 davon in Deutschland – das entspricht etwa jeder zehnten Stelle im Inland. Vor allem Mitarbeiter aus der Verwaltung, etwa aus dem Finanzbereich und dem Controlling, sind laut Stock betroffen.

„Das ist nicht der schönste Tag in meinem Managerleben“, sagte der Grünenthal-Chef  am Dienstagnachmittag. Er zeigte sich aber von der Notwendigkeit überzeugt. Stock will das Familienunternehmen Grünenthal (Umsatz 2009: 881 Millionen Euro) gegenüber den Multi-Milliarden-Pharmakonzernen konkurrenzfähig halten. Ohne die einschneidenden Maßnahmen drohe gar der Verlust der Unabhängigkeit, sagte Stock.  Ab dem Jahr 2013 will das Unternehmen so jährlich 57 Millionen Euro einsparen. Stock will in Forschung und Entwicklung, aber auch in Märkte wie die USA und Lateinamerika investieren.

In den sechziger Jahren war Grünenthal durch das Schlafmittel Contergan in die Schlagzeilen geraten, das bei Tausenden Neugeborenen Missbildungen an Armen und Beinen hervorrief.

Grünenthal zählt neben Bayer, Boehringer, Merck und dem Frankfurter Familienunternehmen Merz zu den forschenden Pharmaunternehmen in Deutschland. Weltweit beschäftigt Grünenthal etwa 4900 Mitarbeiter.     

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