Privater Mischkonzern Koch Industries kauft Georgia-Pacific Milliardenübernahme auf US-Papiermarkt

Der private US-Mischkonzern Koch Industries übernimmt den börsennotierten amerikanischen Holz- und Papierproduzenten Georgia-Pacific für 13,2 Mrd. Dollar in bar. Koch rückt damit zum größten familiengeführten Konzern der USA mit einem Umsatz von rund 80 Mrd. Dollar und weltweit etwa 85 000 Beschäftigten auf.

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gil/hst/je HB DÜSSELDORF/STOCKHOLM/NEW YORK. Koch bietet den Aktionären von Georgia-Pacific 48 Dollar je Aktie – das sind knapp 40 Prozent mehr als der Schlusskurs der Aktie am vergangenen Freitag. Zusätzlich übernimmt Koch Schulden in Höhe von acht Mrd. Dollar. Die Verwaltungsräte beider Gesellschaften haben die Übernahme bereits gebilligt. Georgia-Pacific ist der führende Hersteller von Sperrholz in den USA und der drittgrößte Anbieter von Kartonagen. Auf dem Konsumsektor konkurriert der Konzern als Anbieter von Papierhand- und Taschentüchern mit Konsumgüterkonzernen wie Procter & Gamble und Kimberly-Clark. Georgia-Pacific kam 2004 auf einen Umsatz von rund 20 Mrd. Dollar und beschäftigt 55 000 Personen. In Deutschland ist der Konzern lediglich mit dem Verkauf von Zellstoff aktiv. Die Privatisierung durch Koch werde erlauben, „das Unternehmen mit langfristiger Perspektive ohne die wachsenden Auflagen für an der Börse gehandelte Firmen zu führen“, sagte Alston Correll, Vorstandschef von Georgia-Pacific. Wegen steigender Kosten, vor allem für Energie, meldete Georgia-Pacific im dritten Quartal einen Gewinnrückgang um 40 Prozent auf 145 Mill. Dollar. Fallende Preise für Holzprodukte trotz des Baubooms in den USA und Belastungen durch Asbestklagen ließen den Aktienkurs seit Anfang des Jahres um 7,5 Prozent fallen. In den vergangenen fünf Jahren verkaufte der Hersteller eine Reihe von Papier- und Holzfabriken, um seine Schulden abzubauen. Insgesamt sind die großen US-Holz- und Papierhersteller Stiefkinder der Börse. International Paper, der Branchenführer in den USA, will Betriebsteile für bis zu zehn Mrd. Dollar verkaufen, um seinen Aktienkurs auf Trab zu bringen. Smurfit-Stone Container, der größte Kartonagehersteller, will 20 Prozent seiner Kapazität abbauen.

Lesen Sie weiter auf Seite 2: Papierbranche leidet unter Überkapazitäten

Analysten sehen die Möglichkeit, dass die Transaktion mehr privates Kapital in die Branche ziehen könnte. „Die Übernahme ist ein positives Zeichen für die Papier- und Holzproduzenten insgesamt“, sagt Claudia Shank, Analystin bei J.P. Morgan in New York. Koch Industries mit Sitz in Witchita/Kansas wurde 1927 während der Weltwirtschaftskrise von Fred Koch als Lieferant von Erdölprodukten gegründet. Heute ist das von den Söhnen Charles und David Koch geführte Unternehmen ein rasant wachsender Mischkonzern, der Raffinerien und Pipelines betreibt, aber auch in der Chemie-, Kohle-, Papier- und Finanzbranche tätig ist. Im vergangenen Jahr betrug der Umsatz bei weltweit 30 000 Beschäftigten rund 60 Mrd. Dollar. Im Mai 2004 übernahm Koch bereits zwei Papierwerke von Georgia-Pacific für insgesamt 610 Mill. Dollar. Laut Joe Moeller, Kochs Präsident und Chief Operating Officer, re-investiert das Unternehmen durchschnittlich neun Zehntel seines Jahresgewinns: „Das wäre für öffentlich gehandelte Firmen sehr schwierig.“ In Nordeuropa, wo mit UPM, SCA und Stora Enso einige der größten Papierhersteller der Welt beheimatet sind, wird die Georgia-Pacific-Übernahme von Experten positiv beurteilt. Vor allem der hohe Preis, den Koch Industries zahlen will, sei gut für die nordeuropäischen Konkurrenten. „Das Angebot von fast 40 Prozent über dem Schlusskurs vom Freitag bedeutet, dass jemand das Unternehmen deutlich höher bewertet als der Aktienmarkt“, sagte Mikael Jåfs, Forstanalyst bei Chevreux in Stockholm. Normal seien Aufschläge von rund 25 Prozent. Auch Analyst Ola Asplund vom Stockholmer Börsenmakler Fischer Partners bezeichnet den Kaufpreis von Georgia Pacific als „positives Signal“ für die gesamte Branche. Vor allem werde der schwedische Marktführer SCA davon profitieren. Die gesamte Papierbranche leidet seit mehreren Jahren unter Überkapazitäten. Große Konzerne wie UPM und Stora Enso haben erst kürzlich umfassende Stilllegungsprogramme verkündet. Mit den Werksschließungen erhoffen sie sich, die immer wieder angekündigten Preiserhöhungen tatsächlich am Markt durchzusetzen.

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