Projekt hat hohe Symbolkraft für die Liberalisierung des Strommarktes Gaskraftwerk bei Köln steht zum Verkauf

Das in Hürth bei Köln geplante erste unabhängige Großkraftwerk Deutschlands wechselt vermutlich den Besitzer: Der norwegische Energiekonzern Statkraft will das Projekt von der amerikanischen Intergen-Gruppe übernehmen.

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BERLIN. Die Shell-Tochter wolle aus dem Projekt aussteigen und verhandele derzeit mit den Skandinaviern, erfuhr das Handelsblatt aus Kreisen der beteiligten Unternehmen. Die Gespräche seien bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Schon vor Wochen hätten die beiden Partner eine entsprechende Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) unterzeichnet, in der Intergen Statkraft Exklusivität zugesagt habe. Eine offizielle Bestätigung war von keinem der beiden Unternehmen zu erhalten. Der Geschäftsführer der deutschen Statkraft-Tochter, Torsten Amelung, sagte am Mittwoch Abend auf einer Veranstaltung am Rande der Handelsblatt- Jahrestagung Energiewirtschaft 2005 jedoch: „Wir haben im vergangenen Jahr zwei Vereinbarungen geschlossen, die uns hoffentlich die Assets bringen, die wir benötigen.“ Bis 2007 soll in einem Industriepark in Hürth eine Gas- und Dampfturbinenanlage mit einer Leistung von 800 Megawatt entstehen, die rund eine Mill. Kunden mit Strom versorgen könnte. Das Investitionsvolumen liegt bei rund 500 Mill. Euro. Weil der Wert des Projekts im jetzigen Stadium schwer zu ermitteln sei, sei der Preis den Intergen fordere aber einer der Knackpunkte bei den Verhandlungen, hieß es. Dem Projekt wird hohe Symbolkraft für die weitere Entwicklung des Energiemarktes beigemessen, weil es das erste Großkraftwerk ist, das ein Newcomer auf dem deutschen Strommarkt errichten will. Bislang dominieren die Branchenriesen Eon, RWE, Energie Baden- Württemberg (EnBW) und Vattenfall Europe die Stromerzeugung. Intergen musste lange Zeit mit großen Widerständen kämpfen. Weil sich die Bundesministerien für Wirtschaft und Umwelt monatelang um die von Intergen geforderte Steuerbefreiung für das umweltfreundliche Gaskraftwerk stritten, stand das Projekt im Jahr 2003 auf der Kippe. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement war dabei unterstellt worden, er wolle das Gaskraftwerk in der Nähe der nordrhein- westfälischen Braunkohlereviere verhindern.

Im vergangenen Jahr hatte der Intergen-Konzern, der weltweit rund 20 Kraftwerke baut und betreibt, allerdings einige wichtige Hürden genommen. Unter anderem schloss Intergen mit der RWE AG einen Vertrag über die Einspeisung des produzierten Stroms in deren Netz. Im Herbst kündigte Shell aber an, die Tochter, an der auch der US-Konzern Bechtel 30 Prozent hält, im Rahmen eines Sanierungsprogrammes verkaufen zu wollen. Der staatseigene Statkraft-Konzern ist Norwegens größter Stromproduzent und die Nummer neun in Europa. Das Unternehmen betreibt in Skandinavien mehr als 100 Kraftwerke, die fast ausschließlich von Wasserkraft angetrieben werden. Seit 1999 ist das Unternehmen in Deutschland mit der Statkraft Markets GmbH tätig. Bislang agierte es hier aber fast nur als Stromhändler. Verschiedene Versuche, sich an Versorgern zu beteiligen, scheiterten – unter anderem soll das Unternehmen für einen Anteil am Oldenburger Regionalversorger EWE geboten haben. Die für die Expansion erforderliche Finanzkraft hat Statkraft aber. Erst jüngst kaufte der Konzern Eon in Skandinavien mehrere Kraftwerke ab. Branchenbeobachter sehen die Pläne in Hürth skeptisch. Hinter dem Projekt stünden noch viele Fragezeichen, sagte ein Konkurrent. 800 Megawatt am Markt zu platzieren, sei nicht einfach. Statkraft werde vermutlich Stadtwerke als Partner suchen, die sich stärker in der Erzeugung engagieren wollten. Ungeklärt ist auch noch, woher das Kraftwerk sein Gas beziehen soll. Intergen hatte zwar mit den großen deutschen Lieferanten verhandelt, war bisher aber nicht zu einem Abschluss gekommen. Statkraft selbst handelt zwar am Großmarkt mit Gas, verfügt aber nicht über eigene Verträge mit Gasproduzenten.

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