Promitreff Oktoberfest Wein und Wiesn: Das Bewirtungsimperium Kuffler

Das Weinzelt der Gastronomenfamilie Kuffler ist einer der großen Prominententempel auf dem Münchner Oktoberfest – und Teil eines Bewirtungsimperiums quer durch die Republik.

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Roland Kuffler Quelle: dpa Picture-Alliance/Schellneg

Roland Kuffler fällt schon von Weitem auf. Im grünen Trachtenblazer, mit wild umgebundener Krawatte und offenen Hemdsärmeln, hockt er da und löffelt einen Leberknödel aus der Brühe. „Wir haben hier anderthalb Millionen Euro in die Renovierung gesteckt“, sagt er und legt seine Hand auf den Arm seines Tischnachbarn.

Kuffler sitzt an seinem Lieblingstisch im ersten Stock des Spatenhauses. Das Traditionslokal im Herzen Münchens gleich gegenüber der Bayerischen Staatsoper gehört ihm – aber nicht nur das. Der 72-Jährige betreibt in München auch das Fünf-Sterne-Hotel München Palace, den Haxnbauer im Scholastikahaus, das Asia-Restaurant Mangostin und das berühmte Seehaus im Englischen Garten. Außerhalb der Isar-Metropole betreibt er die Spielbank im Wiesbadener Kurhaus und das dortige Restaurant, das Restaurant Opéra und das Café Rosso in der Alten Oper zu Frankfurt sowie die Gutsschänke im Schloss Johannisberg im Rheingau. Über 40 Betriebe, 1400 Mitarbeiter und einen Umsatz von knapp 100 Millionen Euro umfasst inzwischen das Gastroreich des Roland Kuffler.

Bling-bling ist garantiert

Anlass und Zeit, in seinem Erfolg zu schwelgen, hätte der rüstige Anfangsiebziger jetzt wieder genug: wenn vom kommenden Wochenende an das 200. Oktoberfest in München tobt. Denn dann wird Kuffler für 17 Tage ins Rampenlicht treten und auch außerhalb Münchens für Aufmerksamkeit sorgen – mit seinem Weinzelt auf der Wiesn. Denn der Rebsaft-Ausschank inmitten des Biergelages gilt als einer der Promitempel schlechthin. Kufflers Freund Christian Ude, der Münchner Bürgermeister, die Unternehmerin Alexandra Schörghuber (Paulaner) oder Schauspieler Fritz Wepper werden sich einstellen. Und Bling-bling von außerhalb ist garantiert. Ob Schlagerstar Udo Jürgens und Ex-Fußballer Lothar Matthäus, Altkanzler Gerhard Schröder oder Ex-Verteidigungsminister Rudolf Scharping, sie alle schlemmten und schlürften schon gern hier – ohne recht zu wissen, was für ein Unternehmertyp hinter der ganzen Sause steckt.

Hemdsärmelig, neugierig, direkt, liebenswert, patriarchalisch, so ist er, der Kuffler Roland, der betagte kleine Gastromogul von der Isar. Wo immer das stämmige Mannsbild auftaucht, taucht er sogleich auch voll ein. „Komm mal her“, winkt er im Spatenhaus eine Kellnerin herbei, als die einen Teil des Gastraums verschließen will. „Warum machst du die Tür zu?“ Die Angesprochene antwortet brav: „Weil wir dort eine Besprechung wegen einer Familienfeier haben, Herr Kuffler.“ Nachdem sich der Chef erklären ließ, dass der 75. Geburtstag eines Gastes ansteht, gibt er sich zufrieden – und seiner Bediensteten die Erlaubnis: „Na dann mach mal die Tür zu.“

Tangente und Wurstkuchl

Kuffler zählt zu den oft skurrilen, meist nur in ihrer Region bekannten Werklern und Wurstlern unter Deutschlands Unternehmern. Als Sohn eines Bauunternehmers aus dem pfälzischen Frankenthal entdeckte er das einträgliche Geschäft des Kneipiers, als er Anfang der Sechzigerjahre ein Sprachstudium in Heidelberg beginnt, ihn das aber nicht ausfüllt. Also gründet er zusammen mit seinem späteren Schwager ein Lokal als Kommunikationszentrum für ausländische Studenten: die Tangente. Aus dem Ur-Lokal in der Heidelberger Altstadt werden in den kommenden Jahren fast 40 Ableger in beinahe allen deutschen Universitätsstädten. Er schmeißt sein Studium, verlegt 1968 seinen Firmensitz von Heidelberg nach München und versucht sich in der Speise-Gastronomie, denn er sieht ein: „Wir waren zu alt geworden, um Studentenlokale zu betreiben.“

Auch im Restaurantgeschäft fängt Kuffler klein an. Er nennt sein neues Lokal – kaum mehr als eine Würstchenbude – Wurstkuchl und eröffnet Filialen in München, Regensburg, Gießen und Berlin. Dann folgen in den Achtzigerjahren die XXL-Eröffnungen: Haxnbauer am Platz, Spatenhaus an der Oper, das Seehaus, das Mangostin.

Gesellschaftlichen Glamour aber brachte Kuffler sein Wiesn-Zelt. Als das noch Weinburg und der Besitzer noch Lothar Buckel hieß, war es dort eher zum Heulen: Das Rebensaft-Eiland im Gerstensaft-Ozean war oft nur halbvoll, die Stimmung wie bei einer Fronleichnamsprozession. Das änderte sich, als Kuffler das Zelt vor elf Jahren kaufte. Spätestens seit der Wiesn 2005, als er dem Feier-Volk ein runderneuertes Zelt präsentierte, ist der Andrang stets groß und die Stimmung bombig.

Kufflers Trink- und Spachtelstätte unterscheidet sich von der Konkurrenz. Die Gäste beschwipsen sich hier feiner als im Hippodrom, im Hackerzelt oder in der Löwenbräu-Festhalle. Notorische Maßkrugstemmer kommen hier nicht auf ihre Kosten. Wenn Bier, dann bitte frisch gezapftes Paulaner im typischen 0,5-Liter-Weißbierglas und höchstens bis 21 Uhr.

Trotzdem schleust auch Kuffler gewaltige Massen durch sein Zelt: Rund 2000 Gäste, darunter, so munkeln Kenner, die höchste Quote an reichen Single-Frauen auf der Wiesn, tanzen bei ihm in Haferlschuhen und Trachtenpumps 17 Tage lang zur Musi der „Sumpfkröten“ oder der „Blechblosn“. Dazu gibt es einen kulinarischen Streifzug durch Kufflers Restaurant-Imperium. Die Köche des Mangostin bieten eine kleine Auswahl ihrer Küche, ebenso wie die Kollegen aus dem Seehaus, dem Haxnbauer oder dem Spatenhaus. Und das alles neben 12 000 halben Hendln, 4300 Wiesn-Brotzeiten (zu 21,50 Euro) und 8000 Liter Veltliner Weißwein (zu 9,20 Euro der Viertelliter), so die Bilanz des vergangenen Jahres.

Söhne im Schlepptau

Kuffler liebt die Herausforderung, er sucht schwierige Plätze, an denen andere scheitern. Ein solcher Ort war das Spatenhaus, früher das Sorgenkind der Spaten-Brauerei. Die Bilanzen waren rot. Trotzdem, oder gerade deshalb, wollte Kuffler das Traditionshaus an der Residenzstraße haben. Fast 30 Jahre ist das her.

Inzwischen steht Kufflers Nachwuchs zur Machtübernahme bereit. Sohn Stephan begleitet schon als Jugendlicher den Vater ins Büro und in die Betriebe. Später jobbt er mal als Kellner, mal als Aushilfe an der Schänke. Schnell steht für den heute 43-Jährigen fest, dass er in die Fußstapfen des Vaters treten will. Er absolviert eine Hotelfachlehre im Hilton, besucht Seminare an der Cornell-Hotelschule in Ithaca im US-Staat New York, verschafft sich beim Steuerberater seines Vaters Einblicke in die Tricks und Kniffe der Bilanzierung und Rechnungslegung. Seit 1992 ist Stephan in der Geschäftsleitung und kümmert sich um Marketing, Personal und die Betriebe in München.

Sein acht Jahre jüngerer Bruder Sebastian fand über Umwege ins väterliche Unternehmen. Er wurde zunächst Rettungssanitäter, studierte Medizin bis zum Physikum, dann Landwirtschaft und arbeitete auf einem Gestüt. Seit gut zwei Jahren ist Sebastian Betriebsleiter im Münchner Wirtshaus im Grün Tal.

Nur Schwester Catharine hat mit der Gastronomie nichts im Sinn. Sie meidet die Öffentlichkeit, ist verheiratet und hat drei Kinder. Beteiligt am Unternehmen sind alle Kufflers. Der Senior und seine Frau halten zusammen 50 Prozent, Stephan hat 20, Sebastian und Catharine jeweils 15 Prozent. Senior Kuffler gehört daneben auch noch ein großes Aktienpaket an der Stuttgarter Brauerei Dinkelacker-Schwaben Bräu.

Seinen Traum, „ein schönes großes Hotel in der Münchner Innenstadt“, wird sich Kuffler wohl nicht mehr erfüllen können. Dabei stand er kurz davor: Gleich gegenüber vom Spatenhaus wird er in zwei Jahren ein Restaurant in der ehemaligen Residenzpost eröffnen, einer Immobilie der Deutschen Post. Es hätte auch ein Hotel werden können. Nur: Die Rechnung wäre nicht aufgegangen, die Investitionen hätten sich wohl nicht rentiert. „Wir sind in Deutschland einfach zu billig bei den Hotelpreisen“, schimpft Kuffler.

Ans Aufhören denkt der Wahl-Bayer trotzdem nicht. „Das hätte ich vor zehn Jahren machen müssen. Jetzt ist es dafür zu spät.“

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