
Die Verunsicherung sitzt tief. Etliche Leser haben diese in ihren Kommentaren zu den Artikeln geschrieben. Kein Wunder: Auch einige Vertreter räumen in ihren Kommentaren ein, dass sie oft nicht die Produkte empfehlen, die für die Kunden am besten geeignet wären, sondern die Produkte, die für sie die höchsten Provisionen oder Bonifikationen bringen. Doch sind solche Verkäufer die Regel oder eher die Ausnahme?
Häufig geben Versicherungsunternehmen ihren Vertretern genau vor, wie viele Produkte sie verkaufen sollen. Werden die Verkäufer durch diese Vorgaben gezwungen, die falschen Produkte zu verkaufen? Hat der Vertriebsdruck der Versicherungsunternehmen in den letzten Jahren so zugenommen, dass gute Beratung und ein fairer Verkauf fast gar nicht mehr möglich sind - wie einige Leser vermuten?
wiwo.de hat den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und den Bundesverband Versicherungsberater (BVVB) gebeten, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Es antworten Peter Schwark, Leiter Presse und Information des GDV, und BVVB-Vizepräsident Jürgen Karpf.
Verbraucher und Unternehmen zahlen 20 Milliarden zu viel für ihre Versicherungen
Jürgen Karpf, BVVB:
Die Beratung durch provisionsabhängige Versicherungsvertreter oder Makler kommt die Kunden teuer zu stehen. Verbraucher und Unternehmen zahlen für ihren Versicherungsschutz - der in vielen Fällen nicht einmal bedarfsgerecht ist - jährlich mindestens 20 Milliarden Euro mehr als nötig. Das hat der Bundesverband der Versicherungsberater (BVVB) auf Basis der eigenen Fallpraxis hochgerechnet.
Allein die Verbraucher könnten beim Versicherungsschutz gut 20 bis 30 Prozent einsparen. Bisher lassen sich die Bundesbürger ihre rund 422 Millionen Versicherungsverträge gut 183 Milliarden Euro im Jahr kosten. Pro Haushalt könnten die Bundesbürger jedes Jahr im Durchschnitt rund 400 Euro sparen, die sie für falschen, unsinnigen oder zu teuren Versicherungsschutz ausgeben.
Auch bei Versicherungsverträgen für Selbstständige und Unternehmen besteht erhebliches Optimierungspotential. Wir schätzen, dass Unternehmen ihre Kosten für die Absicherung von Risiken branchenübergreifend um 30 Prozent reduzieren könnten, ohne nachher schlechter abgesichert dazustehen als heute. Oft sind noch höhere Einsparungen festzustellen, teilweise von mehr als 50 Prozent bei gleichem Versicherungsschutz. Vor allem kleinere Unternehmen und der Mittelstand könnten durch ein optimiertes Risikomanagement profitieren. Denn hier ist der Einfluss von den Verkäufern der Versicherungswirtschaft besonders groß. In der Praxis summieren sich die Einsparungen im Einzelfall mitunter schnell auf mehr als 10.000 Euro und mehr im Jahr.