Rechtsberatung Anwälte: Die heimlichen Herrscher in deutschen Unternehmen

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Erfolg durch Vertrauen der Konzernchefs

Die Strippenzieher der deutschen Wirtschaft sind vor allem deswegen so erfolgreich, weil sie das Vertrauen der Konzern- und Clanchefs genießen. Insbesondere gilt das für Michael Hoffmann-Becking. 1971 trat der junge Anwalt in die Düsseldorfer Kanzlei Hengeler Mueller ein; der damalige Seniorpartner Hans Hengeler machte ihn mit den Industriegrößen an Rhein und Ruhr bekannt.

Zu den Mandanten des 67-Jährigen zählen Unternehmerfamilien wie Quandt, Boehringer und Stihl oder Konzerne wie RWE, Deutsche Telekom oder Siemens. Die Namen fallen beiläufig. Hoffmann-Becking muss nicht betonen, wen er alles kennt. Über ihn, einen wichtigen Ratgeber deutscher Wirtschafts-größen, existiert aber noch nicht mal ein Wikipedia-Eintrag.

Vom neunten Stock aus genießt der Strippenzieher eine wunderbare Aussicht auf die Düsseldorfer Innenstadt, die Kirchen, den Rhein. So hat er stets einige seiner Mandanten im Blick. Er blickt hinüber zum Dreischeiben-Hochhaus von ThyssenKrupp. Der Stahlkonzern war einer seiner ersten Auftraggeber. Im 19. Stock liegt das Büro seines Mandanten Gerhard Cromme, der von dort aus ThyssenKrupp beaufsichtigt.

Vom Wilhelm-Marx-Haus, einem denkmalgeschützten Büro- und Geschäftshaus in der Düsseldorfer Innenstadt, leuchtet der Reklame-Schriftzug Persil. Natürlich kennt Hoffmann-Becking die Spitzen des Persil-Konzerns seit Jahren. Henkel zählt zu den zahlreichen Dax-Konzernen, die sich von Hengeler Mueller beraten lassen (siehe Tabelle).

Anwälte diskutieren auch Unternehmensstrategien durch

Wann immer Unternehmen delikate Angelegenheiten erledigen müssen, neue Strategien verkünden oder wichtige Führungsposten neu besetzen: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Hoffmann-Becking, der souverän und jovial zugleich wirkt, dabei die Strippen zieht.

Bei Siemens hat er gerade dafür gesorgt, dass die früheren Vorstandschefs Heinrich v. Pierer und Klaus Kleinfeld im Zuge der Schmiergeldaffäre Schadensersatzzahlungen in Millionenhöhe zahlen mussten. Hengeler Mueller fertigte dazu ein Gutachten an im Auftrag von Siemens-Chefaufseher Cromme. Die Akten bewahrt der Anwalt in dem deckenhohen Wandschrank in seinem Büro auf.

Es kommt häufiger vor, dass der Anwalt hier mit Mandanten auch deren Unternehmensstrategie durchdiskutiert. Dabei bewegt sich Hoffmann-Becking in zwei Welten: Er berät sowohl börsennotierte Konzerne als auch Familienunternehmen. Ihm mache beides Spaß. „Aber das sind zwei völlig unterschiedliche Welten“, sagt der Ratgeber.

„In Kapitalgesellschaften geht es anonymer, rationaler und effizienter zu, aber die Vorstände wechseln alle paar Jahre“, erzählt der Star-Jurist. Anders bei den nicht börsennotierten Gesellschaften: „In Familienunternehmen haben Sie es oft lange mit denselben Personen zu tun. Aber dafür brauchen Sie dort ein Kaplansgemüt. Sie müssen gut zuhören und gut zusprechen können. Eine Entscheidung braucht oft doppelt so lange wie in einer Kapitalgesellschaft. Aber wenn Sie es schaffen, etwa einen neuen, maßgeschneiderten Gesellschaftervertrag aufzusetzen, der die Nachfolge regelt, dann erfahren Sie auch viel mehr Dankbarkeit als in einer Kapitalgesellschaft.“ Hoffmann-Becking weiß aus Erfahrung: „Es dauert lange Jahre, bis Sie das Vertrauen von Familiengesellschaftern genießen.“

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