Rewe-Chef Alain Caparros im Interview „Ich akzeptiere den zweiten Platz“

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Alain Caparros, Quelle: dpa

Werden die Preise weiter steigen?

Nein, jedenfalls nicht in diesem Tempo. Aber der Markt wird volatiler. Die starken Ausschläge, die wir schon bei den Milch- und Butterpreisen gesehen haben, werden zunehmen. Um uns dagegen abzusichern, müssen wir uns etwas einfallen lassen. Vielleicht kaufen wir Bauernhöfe und produzieren dort unsere Milch künftig selbst.

Rewe als Agrarbetrieb?

Das war nur Spaß. Aber tatsächlich produzieren wir Wurst, Fleisch und Brot schon heute teilweise selbst. Und über unsere europäische Einkaufs-Allianz Coopernic könnten wir das noch ausbauen. Unser belgischer Partner Colruyt ist beispielsweise stark in Sachen Wein. Colruyt kauft ganze Produktionen auf, füllt selber ab und etikettiert die Flaschen. Die Schweizer Coop stellt für die eigenen Läden exklusive Schokoladenmarken her, und Leclerc aus Frankreich hat Mineralwasserquellen gekauft. Mittelfristig könnten wir über Coopernic eine eigene Markenarchitektur aufbauen.

So spannend das vielleicht klingt – das Gesamtbild fügt sich nicht recht zusammen: Einerseits wollen Sie die Allianz mit Coopernic ausbauen und kaufen im Ausland kräftig zu. Andererseits stecken Sie einen dreistelligen Millionenbetrag in die Übernahme von 250 defizitären Extra-Märkten in Deutschland. Wie passt das zusammen?

Das ist ein Spagat. Unsere Eigentümer sind die Kaufleute, die hier leben und mit Edeka und Discountern wie Aldi und Lidl im Wettbewerb stehen. Bei einer anderen Eigentümerstruktur hätten wir statt Extra auch im Ausland ein Unternehmen mit höherer Rendite kaufen können. So müssen wir gleichzeitig im Inland wie im Ausland wachsen – und zahlen dafür einen strategischen Preis.

Viele Möglichkeiten für Zukäufe in Deutschland gibt es nicht mehr. Wäre die Lebensmittelkette Norma eine Option für Sie?

Bei Norma sehe ich Riesenchancen, aber zugleich auch Riesenprobleme. Strategisch wäre Norma für uns absolut top, aber es bleibt die Frage der Machbarkeit.

Das heißt, der Norma-Gründer Manfred Georg Roth will nicht verkaufen?

Ich glaube, das ist ein Prozess. Für Unternehmer wie Herrn Roth ist ihre Firma ihr Lebenswerk. Verkaufen kommt für sie nicht infrage. Ich würde mir sehr wünschen, mit ihm mal ein Gespräch über die Zukunft von Norma zu führen, aber die Bereitschaft dafür ist momentan nicht zu erkennen.

Wie wäre es denn mal mit neuen Ideen statt teuren Zukäufen?

Keine Angst, Ideen haben wir genug. In diesem Jahr eröffnen wir zum Beispiel 30 Rewe City-Märkte, nächstes Jahr noch mal 40 bis 50. Das sind kleine Shops für die Nahversorgung. Insgesamt planen wir 400 solche Geschäfte.

Und bei Penny?

In Italien arbeiten wir im Moment an einem hochwertigen Penny-Format namens Ambiente, das bei Tests rund 40 Prozent mehr Umsatz gebracht hat. Ich könnte mir auch vorstellen, Penny stärker als Modul-System mit regional unterschiedlichen Sortimenten und Einrichtungen zu gestalten. Penny ist im Übrigen der einzige Discounter, der in den vergangenen fünf Jahren seine Flächenproduktivität gesteigert hat.

Blaupause für Frauenzeitschrift

Sehen Sie Chancen, die unterschiedlichen Geschäftsfelder der Rewe – vom Handel über die toom-Baumärkte bis zur Touristik – stärker zu vernetzen?

Das fällt selbst innerhalb der einzelnen Sparten schwer. Bei den Supermärkten haben wir diese Vernetzung im vergangenen Jahr durch die einheitliche Benennung in Rewe geschafft. Derzeit überlegen wir, ob wir auch unsere Touristikgesellschaften wie Atlas Reisen, ITS und Dertour unter einer Marke bündeln. Dabei stehen wir aber noch ganz am Anfang.

Weiter sind Sie bei einem anderen Projekt. Rewe will eine eigene Frauenzeitschrift auf den Markt bringen. Warum?

Wir verlegen bereits in Österreich eine Frauenzeitschrift, die hervorragend läuft und mit Kupons und Rabattmarken auch zur Kundenbindung beiträgt. Das war unsere Blaupause. Ab Oktober verkaufen wir die neue, monatlich erscheinende Zeitschrift in all unseren Märkten mit einer Druckauflage von 600.000 Exemplaren. Damit bringen wir auf Anhieb eine der größten deutschen Frauenzeitschriften auf den Markt.

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