Rewe-Chef Caparros "Der Selbstmord ist kollektiv"

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Rewe-Geschäftsfelder

Wofür werden Sie das Geld ausgeben?

Wir wollen die Logistik verbessern, unsere Läden modernisieren und im In- und Ausland insgesamt rund 500 Märkte neu eröffnen.

Deutschland ist doch heute schon zugepflastert mit Supermärkten und Discountern, wer braucht noch zusätzliche Läden?

Ganz klar, es gibt einen enormen Flächenüberhang in Deutschland, der sich durch die demografische Entwicklung noch verschärfen wird. Obwohl in Deutschland die Bevölkerungszahl tendenziell sinkt, nimmt die Expansion im Handel zu. Über kurz oder lang muss also eine Bereinigung stattfinden. Unsere Expansion ist im Inland deshalb auch weniger darauf ausgerichtet, einfach mehr Standorte zu erschließen. Es geht uns eher um qualitativ bessere, teilweise auch kleinere Filialen.

Sie meinen die sogenannten Rewe--City-Märkte, die Sie als Nahversorger für die Innenstadt-Kundschaft etablieren wollen?

Nicht nur. Wir experimentieren auch mit anderen Konzepten wie Temma, einem Mix aus Biomarkt und Bistro. Dort können die Kunden kleine Gerichte aus Zutaten genießen, die es hinten im Laden zu kaufen gibt. In Österreich testen wir einen Gourmet-Shop mit besonders hochwertigen Produkten. Wir werden jetzt eine Reihe von Ideen ausprobieren. Auch wenn ein paar Flops darunter sind, müssen wir da viel Energie reinstecken, um auch in Zukunft vorne mitzuspielen.

Sie könnten auch Wettbewerber übernehmen.

Die Zeit der großen Akquisitionen ist in Deutschland und Österreich vorbei. Zum einen gibt es derzeit kaum etwas zu kaufen, was uns interessiert. Zum anderen würde uns das Bundeskartellamt hohe Hürden setzen. Es gibt sicherlich noch ein paar kleinere Handelsketten, wie Bünting, Dohle oder Tengelmann, deren Inhaber sich irgendwann entscheiden müssen, wie es weitergeht. Aber größere Zukäufe sind nicht mehr drin, und vielleicht ist das auch gut so.

Warum?

Große Übernahmen binden die ganze Kraft der Mannschaft, dabei vernachlässigt man fast zwangsläufig die operative Arbeit. Das zieht sehr viel Energie raus. Die Konsequenz: Man verliert an Attraktivität.

Trotzdem haben Sie sich vor zwei Jahren am Übernahmekampf um den Discounter Plus beteiligt und gegen Ihren Konkurrenten Edeka verloren.

Ich habe das damals als Unglück empfunden. Aber im Nachhinein muss ich sagen: Es war ein Glücksfall, dass wir damals nicht zum Zuge gekommen sind. Die Integration von Plus hätte uns sehr lange komplett in Anspruch genommen. Eine Reihe von Zukäufen wie der Erwerb der Sky-Märkte, der Tengelmann-Filialen in der Region Rhein-Main-Neckar und der Extra-Märkte von Metro wäre für uns nicht infrage gekommen, wenn wir Plus übernommen hätten.

Haben sich diese Zukäufe denn ausgezahlt?

Auf jeden Fall. Unsere Supermärkte laufen ausgezeichnet. Wir verzeichnen im ersten Halbjahr zweistellige Umsatzzuwächse. Die Entwicklung im Vollsortiment ist damit die Messlatte für alle anderen Sparten. Ich glaube, die Renaissance der Supermärkte hat aber auch sehr viel mit unserem neuen Sortiment zu tun. Wir haben die Eigenmarken massiv ausgebaut und können nun nicht mehr nur mit unserer Marke ja! im unteren Preissegment mithalten. Wir sprechen mit unseren neuen Marken wie Rewe Feine Welt und dem Label Rewe auch zusätzliche Kundengruppen an.

Wie weit sind Sie auf Ihren gruppeninternen Baustellen vorangekommen?

Es gibt zum Glück nicht mehr ganz so viele. Die toom-Baumärkte, unsere frühere Schwachstelle, sind wieder in der Spur. Wir werden spätestens 2011 schwarze Zahlen schreiben.

Ihre Elektroniktochter ProMarkt macht auch nicht gerade durch stürmisches Wachstum von sich reden.

ProMarkt liegt beim flächenbereinigten Umsatz Ende August zwar 2,2 Prozent im Plus. Richtig ist aber, dass wir trotzdem besser werden müssen. ProMarkt hat ein Sortimentsproblem, wir haben einen Stau im Mittelpreissegment. Wenn ich in einen Markt gehe, kann ich reihenweise Digitalkameras zwischen 139 und 159 Euro kaufen. Im Preissegment darüber und darunter müssen wir uns dringend verbessern.

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