Rohstoffe Chinesische Milliardenstütze für Rio Tinto stößt auf Kritik

Die teure Übernahme des Konkurrenten Alcan wird für den australischen Bergbaukonzern Rio Tinto zum Fallstrick: Nun soll eine Milliarden-Kapitalinfusion des chinesischen Stahlkonzerns Chinalco den hochverschuldeten Konzern retten. Doch die Hilfe aus China passt Australiens Politikern nicht.

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Eisenerz-Abbau in einer Quelle: dpa

Hochmut kommt vor dem Fall, besagt ein Sprichwort. Es passt ziemlich genau auf die Lage des australisch-britischen Bergbau-Riesen Rio Tinto.

Vor zwei Jahren konnte sich der weltweit drittgrößte Bergbaukonzern kaum vor den Übernahmeofferten des Weltmarktführers BHP Billiton retten. Rio Tinto-Chef Tom Albanese setzte sich dagegen zur Wehr, indem er den kanadischen Aluminiumhersteller Alcan übernahm. Auf dem Höhepunkt des Rohstoffbooms war das eine teure Entscheidung: 40 Milliarden Dollar bezahlte Rio Tinto für diese Schutzschild gegen eine Übernahme.

Mit den Folgen des Alcan-Zukaufs kämpft Rio Tinto noch heute. Denn die gewaltigen Schulden lassen sich bei fallenden Rohstoffpreisen immer schwerer abbezahlen.

Nun will sich  Rio Tinto mit einem Husarenstück seines Schuldenberges entledigen. Der staatliche chinesische Aluminiumkonzern Chinalco, der seit einem Jahr Großinvestor bei Rio Tinto ist, soll nun 19,5 Milliarden US-Dollar in den angeschlagenen Bergwerksriesen investieren. Rund 12 Milliarden Dollar will Chinalco direkt in die Bergbau-Aktivitäten stecken, für 7,2 Milliarden will Chinalco Wandelanleihen kaufen.

Bei Bedarf sollen diese in Aktien getauscht werden können. Für China wäre es die bisher größte Investition in ein ausländisches Unternehmen. Mit der Kapitalspritze würden die Chinesen ihren Anteil an Rio Tinto auf 18 Prozent erhöhen.

Viele Hürden gegen Einstieg der Chinesen

Doch der Einstieg der Chinesen bei Rio Tinto ist längst noch nicht fix.

In Australien, wo Rio Tinto seinen Hauptsitz hat, wird der Deal von vielen Seiten kritisch beäugt. So hat die australische Regierung offenbar Bedenken. Sie will nun eine dringende Änderung der Übernahme-Gesetze durchsetzen, damit Wandelanleihen bei der Berechnung von Beteiligungen wie Aktien gelten.

Nach Einschätzung von Experten muss sich Chinalco auf eine strenge Prüfung einstellen. Die Chinalco-Investitionen müssten zudem noch von den Rio-Tinto-Aktionären abgesegnet werden. Mehrere Großaktionäre des australischen Konzerns wurden laut einem Bericht der Zeitung "Financial Times" jedoch noch nicht über die Pläne der  Chinesen unterrichtet.

Die gedämpfte Begeisterung der Australier ist durchaus verständlich. Hinter Chinalco mit seinen 200000 Beschäftigten steht der chinesische Staat. In den vergangenen Jahren hat Chinalco in Australien, Peru und Vietnam investiert. Damit will sich China langfristig die Erzversorgung im eigenen Land sichern. Und genau dies könnte der australischen Regierung, die einen Kontrollverlust über die Ausbeute ihrer  eigenen Rohstoffe befürchtet, ein Dorn im Auge sein.

Strategische Fehler des Rio-Tinto-Managements

Lastwagen in einer Eisenmine Quelle: REUTERS

Rio-Tinto-Chef Albanese muss sich nun strategische Fehler vorwerfen lassen. Vor zwei Jahren übernahm Albanese einen schuldenfreien und profitablen Konzern.

Der Kauf von Alcan schützte den Konzern zwar vom Konkurrenten BHP geschluckt zu werden. Doch nun hat Rio Tinto ein riesiges Schuldenproblem am Hals. Bis vor kurzem hätte der Rio-Tinto-Chef seinen Konzern noch zu einem akzeptablen Preis doch noch an BHP verkaufen können, doch er wehrte sich mit Händen und Füßen gegen Fusionsgespräche mit dem Erzkonkurrenten. Als die Preise für Rohstoffe in  den Keller fielen, begrub BHP Ende letzten Jahres seine Übernahmepläne endgültig.

Für die Bergbauindustrie sind die Aussichten zur Zeit düster. Wenn ganze Fabriken auf Kurzarbeit schwenken, Autos immer schwerer verkäuflich werden und Unternehmer kaum noch in neue Fabriken investieren, wird auch weniger Aluminium oder Stahl benötigt. Das senkt die Nachfrage und drückt so die Preise. Um 55 Prozent sind die Preise für wichtige Industriemetalle im zweiten Halbjahr 2008 gefallen. Und der weltweite Stahlverbrauch sinkt weiter.  

Dieser eisige Rezessionswind bläst Rio Tinto voll ins Gesicht.

Rio-Tinto-Chef Albanese steigt auf die Bremse. Anfang Dezember 2008 kündigte er an, 14.000 Stellen zu streichen - das sind rund 13 Prozent der Rio-Tinto-Belegschaft. Für 2009 hat Albanese die Investitionsausgaben von neun auf vier Milliarden Dollar pro Jahr reduziert. In seinen australischen Minen hat Rio Tinto die Kapazitäten deutlich reduziert und Projekte bis auf weiteres gestoppt.

Zudem hat Rio Tinto  die Liste seiner Beteiligungen verlängert, die zum Verkauf stehen. Welche das sind, wollte Albanese damals aber nicht bekanntgeben. Vor zwei Wochen erst hat Rio Tinto eine Eisenerzmine in Brasilien und ein Kalisalzprojekt in Argentinien für 1,6 Milliarden Dollar verkauft.

Mit dem angekündigten Einstieg der Chinesen hat sich Albanese ein wenig Luft verschafft. Ob das mittelfristig reicht, um das Überleben des Konzerns zu sichern, steht allerdings in den Sternen.

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