Rohstoffe Parfüm: Es riecht nach Betrug

Gaunerbanden kontrollieren den Handel mit Sandelholzöl. Australier versuchen nun, den kostbaren Parfümgrundstoff der Illegalität zu entreißen.

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Sandelholzpflanze: Weil das Angebot schrumpft, explodieren die Preise Quelle: DPA

Irgendetwas stimmte nicht. Die provisorische Lagerhalle, die zwielichtigen Typen, die in der indischen Hitze gestikulierten. Simon Constantine, Parfümeur der britischen Naturkosmetik-Kette Lush, zog skeptisch die Augenbrauen hoch.

Von Bangalore aus war er 125 Kilometer in den südindischen Bundesstaat Karnataka in die Stadt Maisuru gereist, die Sandelholz-Hauptstadt der Welt mit ihren Räucherstäbchenfabriken, Seifenmachern und Holzschnitzern. Doch die Händler, mit denen er Geschäfte machen wollte, kamen ihm verdächtig vor.

Ein Strohmann in Dubai sollte die Ware besorgen: indisches Sandelholzöl, den zurzeit kostbarsten Grundstoff der Parfümindustrie. Fast 2000 Dollar pro Kilo sollte Constantine zahlen, dabei würde er übers Jahr rund eine Tonne Öl brauchen. Ein haarsträubender Preis.

Der Duftexperte zögerte. Der Ruf seines Unternehmens stand auf dem Spiel. „Ich will die offizielle Lizenz sehen“, sagte er schließlich, aber die Händler wiegelten ab: „Brauchen wir nicht.“ Damit hatte der Parfümeur gerechnet. Schon einmal war ihm ein ähnlicher Deal geplatzt, damals wäre er beinahe auf gefälschte Zollstempel hereingefallen.

Sicher, er könnte jetzt weiterreisen auf der Suche nach dem Öl: ins afrikanische Tansania, nach Indonesien, auf die Pazifikinseln Vanuatu oder Fidji. Aber würde sich der Aufwand lohnen?

Auf der ganzen Welt sitzen Parfümeure wie Constantine in der Zwickmühle. Milliardenschwere Duftmarken wie Chanel, Yves Saint Laurent oder Estée Lauder sind auf Sandelholzöl als Bindemittel angewiesen. Doch auf Exporteure in Indien, von wo bislang das beste Öl stammt, können sich westliche Konzerne nicht mehr verlassen. „Sorry – unser indisches Sandelholzöl ist komplett ausverkauft, und wir planen nicht, den Vorrat wieder aufzustocken.

Rettung aus Australien

Der Betrug ist massiv. Bitte weichen Sie auf Alternativen aus“, warnt etwa der amerikanische Essenzenhersteller Eden Botanicals seine Kunden. Er ist nur einer von vielen. Die ganze Industrie sehnt sich nach „sicheren Beständen“, bestätigt ein Report der aus-tralischen Forschungsbehörde RIRDC.

Weil der Markt schrumpft, explodieren die Preise. Einer jährlichen Menge von 3200 Tonnen Holz aus Indien, woher rund 95 Prozent des weltweiten Angebots stammen, steht mittlerweile eine globale Nachfrage von etwa 8000 Tonnen gegenüber, schätzt Imran Valibhoy, Analyst beim Investmentservice Wise-Owl in Sydney.

Bei Auktionen zahlen Händler deshalb heute bis zu 2000 Dollar für ein Kilo Öl. Und künftig wohl noch mehr: Es sei davon auszugehen, dass „natürliche Bestände an Sandelholz innerhalb der nächsten Dekade so gut wie vernichtet sein werden“, sagen Analysten des Fondsverwalters Lonsec in Melbourne.

Rettung versprechen sich viele Abnehmer aus Australien, wo das Forstunternehmen Tropical Forestry Services (TFS) riesige Plantagen angelegt hat. Auf mehr als 2000 Hektar Land hat TFS in Kununurra, im wilden Westen des roten Kontinents, den begehrten Rohstoff angepflanzt und besitzt damit die größte Sandelholzplantage der Welt.

Zwar steht der Coup noch aus – frühestens 2012, nach 13 Jahren Reifezeit, wird TFS die ersten Bäume fällen können und aus ihrem Stammholz ätherisches Öl destillieren. Doch die Duftbranche steht bereits Schlange. Denn schon in fünf Jahren glaubt TFS mit einer Ernte von jährlich bis zu 7500 Tonnen Holz den Löwenanteil des Weltmarktbedarfs decken zu können. Rund 100 Tonnen Duftöl sollen es von 2021 an sein.

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