Rohstoffkonzern K+S "Neue Bergwerke in Deutschland"

Spätestens seit Dezember ist der deutsche Rohstoffkonzern K+S vielen Bundesbürgern bekannt. Damals ging vielen Städten das Streusalz aus. Und K+S ist der weitweit größte Salzanbieter. Er ist aber auch einer der größten Hersteller von Düngemitteln. K+S-Chef Norbert Steiner über heimische Bodenschätze, Preiserhöhungen bei Düngemitteln und den Umgang mit Umweltschützern.

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Norbert Steiner Quelle: LAIF/Heiko Meyer

WirtschaftsWoche: Herr Steiner, die Weltbevölkerung wächst, Ackerflächen werden – etwa durch riesige Fluten wie in Australien und Pakistan – knapp. Vorhandene Flächen müssen besser genutzt werden, der Bedarf an Düngemitteln steigt. K+S ist einer der großen Düngerhersteller der Welt. Profitiert Ihr Unternehmen von Krisen und Katastrophen?

Steiner: Solche Naturkatastrophen verursachen großes Leid. Man kann den Menschen nur die Daumen drücken, dass sie relativ zügig wieder Normalität in ihr Leben zurückbekommen. Es ist richtig, dass die Ackerflächen weltweit knapp werden – dafür gibt es vielfältige Gründe, nicht nur Naturkatastrophen. Die Weltbevölkerung wächst. Damit steigt die Nachfrage nach Getreide und Lebensmitteln, ebenso die Preise. Die Bauern verdienen also mehr Geld und können mehr investieren – etwa in unsere Düngemittel.

Wie entwickelt sich die Nachfrage nach Düngemitteln in den nächsten Jahren?

2009 gab es eine Delle aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise. Insgesamt hat die weltweite Nachfrage nach Düngemitteln in den vergangenen Jahren um durchschnittlich vier Prozent jährlich zugelegt. Dieser Trend wird sich künftig fortsetzen. Die Branche wird in diesem Tempo in den nächsten 15, 20 Jahren weiter wachsen. An diesem Marktwachstum wollen wir teilhaben.

K+S produziert vor allem Kali-Düngemittel. Nutzen Sie die steigende Nachfrage zu Preiserhöhungen?

Wir haben unsere Preise zuletzt im Dezember erhöht, auf 335 Euro pro Tonne...

...das ist nur etwa die Hälfte des Rekordwertes von 2008, im Jahr vor der Krise.

Wohin sich der Weltmarktpreis entwickeln wird, kann niemand genau sagen. Aber wenn die Nachfrage es zulässt, rechnen wir auch weiterhin mit der Möglichkeit zu Preiserhöhungen.

 Für K+S sind das ja fast zu gute Nachrichten. Fürchten Sie daher nicht, zum Ziel von Übernahmeattacken zu werden? Die Chefs internationaler Rohstoffriesen wie des australisch-britischen Konzerns BHP Billiton oder Vale aus Brasilien wollen ins Düngemittelgeschäft einsteigen und haben ein Auge auf K+S geworfen.

Von Furcht kann keine Rede sein. Ein Übernahmeversuch ist natürlich nicht auszuschließen. Wenn es so kommt, haben wir, rein rechtlich, kaum Möglichkeiten, uns zu wehren. Wir konzentrieren uns daher lieber darauf, unser Geschäft möglichst gut zu machen. Zu diesem Zweck zeigen wir zum Beispiel, dass wir in Lage sein werden, an der wachsenden Nachfrage nach Kalidüngemittel zu partizipieren.

Was soll dazu das kanadische Explorationsunternehmen Potash One beitragen, das Sie kürzlich übernommen haben?

Mit dieser Übernahme ist uns ein wichtiger strategischer Schritt gelungen. Dank Potash One erhalten wir eine neue, große Lagerstätte für Kali in Kanada. Wir werden dort voraussichtlich 2,5 Milliarden US-Dollar investieren. Vom Jahr 2015 an wollen wir die ersten Tonnen verkaufen. Unsere übrige Kaliproduktion wird dann sukzessive um jährlich mindestens 2,7 Millionen Tonnen ergänzt.

Halten Sie nach weiteren Übernahmekandidaten Ausschau?

Derzeit kümmern wir uns erst einmal um unsere jüngsten Akquisitionen. Dazu zählt der Salzanbieter Morton Salt, den wir im Jahre 2009 übernommen haben, und eben Potash One. Wir sind aber immer für Opportunitäten offen. Wir werden sehen, welche Optionen sich in Zukunft noch ergeben. Wir werden allerdings in Märkten, in denen die rechtlichen Rahmenbedingungen schwierig sind, wohl nur gemeinsam mit Partnern investieren, die die politischen Rahmenbedingungen vor Ort gut kennen.

Die weltweit größten Anbieter im Kalidünger-Geschäft und im Salzgeschäft

Damit meinen Sie sicher Russland und Ihren Großaktionär, den russischen Oligarchen Andrej Melnitschenko, der seit 2007 an K+S beteiligt ist und derzeit knapp 15 Prozent der Anteile hält, ohne dass es bisher zu einer Kooperation gekommen ist.

Wir hätten zusammen mit Eurochem, dem Unternehmen von Herrn Melnitschenko, gerne ein Kali-Bergwerk im Ural erschlossen. Eurochem hat jedoch beschlossen, das alleine zu machen. Das müssen wir akzeptieren.

Schmerzt das nicht umso mehr, als durch die Fusion Ihrer Wettbewerber Silvinit und Uralkali in Russland gerade der zweitgrößte Kali-Anbieter der Welt entsteht?

Warten wir’s ab. Ich bin gespannt, wie sich diese beiden unterschiedlichen Unternehmen zusammenfinden. Die Regierung in Moskau hat beschlossen, nationale Champions zu fördern, auch im Kalibergbau. Kartellrechtliche Fragen spielen dabei offensichtlich keine Rolle.

Die Geschäfte der K+S-Gruppe

In Weißrussland stehen 25 Prozent am Kalikonzern Belaruskali zum Verkauf. Sind Sie interessiert?

Das ist derzeit kein Thema.

K+S fördert Kali hauptsächlich in Deutschland. Wenn Sie im Ausland nicht zum Zuge kommen, bleibt Ihnen dann nur, neue Bergwerke in Deutschland aufzuschließen, um die steigende Nachfrage zu bedienen?

Nanu – die Übernahme von Potash One zeigt doch, dass wir im Ausland zum Zuge kommen. Dennoch: Wir sind daran interessiert, mittel- bis langfristig auch in Deutschland ein neues Kalibergwerk aufzuschließen. Ich bin sehr dafür, heimische Rohstoffe zu fördern. In Deutschland gibt es keine politischen Unruhen, in kaum einem Land ist der Zugang zu Rohstoffen so sicher.

Außer Kali, Salz, Kohle und Gips gibt es kaum Rohstoffe in Deutschland.

Wir könnten da viel mehr daraus machen, wenn wir wollten. Allerdings ist in den vergangenen Jahren dem Umweltschutz häufig Vorrang vor dem Rohstoffabbau gegeben worden. Nun setzt sich in der Politik, Gott sei Dank, immer mehr die Erkenntnis durch, wie wichtig heimische Rohstoffe sind. Das hat sicher auch damit zu tun, dass wir bei vielen Rohstoffen wie Kupfer oder den sogenannten Seltenen Erden bereits stark vom Ausland abhängig sind. Von daher hätte ein neues Bergwerk in Deutschland natürlich Charme.

Wo würde K+S damit beginnen?

Wir denken konkret über zwei Standorte nach – das Bergwerk Siegfried Giesen bei Hildesheim in Niedersachsen und das Bergwerk Roßleben in Thüringen. Beide sind frühere Kaliwerke, die vor Jahrzehnten stillgelegt wurden. Teile der Infrastruktur sind aber noch vorhanden. Für Siegfried Giesen haben wir eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die in diesem Sommer abgeschlossen sein sollte. Dann sehen wir weiter. Der Vorteil ist, dass uns Siegfried Giesen gehört. Das Bergwerk Roßleben gehört hingegen dem Bund. Der hat den Verkaufsprozess aber zunächst gestoppt. Da müssen wir abwarten.

Bergbau geht fast immer mit schweren Eingriffen in die Umwelt einher. Graut es Sie schon vor möglichem Widerstand und Protestaktionen wie bei neuen Kohlekraftwerken oder bei Stuttgart 21?

Ich würde unsere Projekte nicht mit Stuttgart 21 vergleichen. Wir haben sowohl in Roßleben als auch bei Siegfried Giesen Unterstützung aus großen Teilen der lokalen Bevölkerung und Politik. Wenn wir uns dafür entscheiden sollten, würden wir von den Erfahrungen lernen und Bürger und Umfeld mit einbeziehen.

Die Entwicklung der K+S-Aktie im Vergleich zum Deutschen Aktien Index (DAX) seit Januar 2010

An die Werra dürften Sie Kritiker dann aber nicht führen. Weil K+S dort Salzabwässer aus der Kaliproduktion einleitet, darf aus dem Fluss kein Trinkwasser entnommen werden. Viele Fischarten sind ausgestorben.

Nirgendwo auf der Welt lassen sich Rohstoffe ohne Eingriffe in die Natur gewinnen. Wir arbeiten seit Jahrzehnten kontinuierlich daran, diese Eingriffe so gering wie möglich zu halten und weitere Optimierungen zu erzielen.

Was ist, wenn Sie künftig nicht mehr wie bisher die Abwässer einleiten dürfen? Müssen Sie dann die Produktion einschränken?

Die Landtage der Länder Hessen und Thüringen haben sich zum Kaliabbau bekannt und zu einer Politik, die wirtschaftliches Handeln und nachhaltigen Umgang mit der Natur in Einklang bringt. Dafür investieren wir bis zum Jahr 2015 360 Millionen Euro, um die Wasserqualität der Werra weiter zu verbessern. Wir nehmen technische Verbesserungen vor, reduzieren so die Einleitungen um die Hälfte und senken die Salzkonzentration um 30 Prozent.

Sie bereiten gerade ja auch Anträge vor, um die Salzabwässer in die Nordsee zu leiten, was deren Salzgehalt nur unwesentlich erhöhen würde. Das Land Niedersachsen sperrt sich dagegen. Glauben Sie trotzdem, die Pipeline bauen zu dürfen?

Laut dem Beschluss des runden Tisches, an dem wir mit den Bundesländern und Bürgerinitiativen sitzen, soll die Pipeline 2020 gebaut werden. Doch niemand kann garantieren, dass bis dahin die nötigen Genehmigungen vorliegen.

Warum versenken Sie die Abfälle nicht einfach wieder im Bergwerk?

Das ist unwirtschaftlich. Das sehen auch die Beteiligten am runden Tisch so. Zudem sprechen geologische und physikalische Gründe dagegen.

Aus Ihren Bergwerken weltweit fördern Sie nicht nur Kalidüngemittel, sondern auch ein anderes gefragtes Produkt: Streusalz für vereiste Straßen. Wieso kamen Sie in der Kältephase im Dezember nicht mit den Lieferungen nach?

Der Winter im vergangenen Dezember hat so ziemlich alles in den Schatten gestellt, was wir hier in Europa in den vergangenen Jahren erlebt haben – das dürfte Ihnen nicht verborgen geblieben sein. Und trotzdem haben wir unsere Kunden in aller Regel vereinbarungsgemäß beliefert. Durch den Kauf des US-Unternehmens Morton Salt vor zwei Jahren sind wir nun der weltweit größte Salzanbieter und können regionale Schwankungen in der Nachfrage noch besser ausgleichen. Das haben wir im Dezember auch gemacht: Wir haben nämlich sehr viel Salz aus den USA und Chile – zu höheren Kosten – nach Europa geholt und damit unsere hiesige Produktion, die in Europa schon über die größten Kapazitäten verfügt, ergänzt.

Trotzdem schien es, K+S habe die Situation falsch eingeschätzt, als Ende 2010 manche Regionen in Deutschland keinen Nachschub an Streusalz erhielten?

Sie erwecken ja fast den Eindruck, als wäre K+S der einzige Auftausalzlieferant in Deutschland. Das sind wir nicht. Zu Beginn des Jahres 2010 hatten wir unsere Läger noch einmal deutlich aufgestockt, zusätzliche Mitarbeiter eingestellt und das ganze Jahr über rund um die Uhr produziert. Ende 2010, nach den außerordentlich harten Winterwochen, sind aber dann auch unsere Vorräte trotz Vollauslastung zur Neige gegangen. Die Zulieferungen unserer Tochtergesellschaften aus Chile und den USA haben dann aber geholfen, unsere Lieferfähigkeit aufrecht zu erhalten. Dennoch ziehen wir hieraus Konsequenzen und werden unsere Vorräte für Deutschland bis zum Winter 2012/13 noch einmal aufstocken – und zwar um 200.000 Tonnen auf dann insgesamt 1,1 Millionen Tonnen. Das finden Sie sicherlich nirgends sonst.

Also: Wer ist schuld, dass oft nicht gestreut wurde?

Steiner: Es kann nicht sein, dass das Winterrisiko bis in die Extreme hinein uns aufgebürdet werden soll. Auf der anderen Seite wollten viele Gemeinden aus finanziellen Gründen nicht vorzeitig, also im Sommer und Herbst, ausreichende Auftausalzvorräte anlegen. Da sind im Vorfeld des Winters oftmals die Hausaufgaben nicht gemacht worden. Wir empfehlen den Kommunen deshalb, ausreichend Vorsorge zu treffen, zumal die Preise im Sommer und Herbst auch günstiger sind.

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