Rothschilds Stars führen das Feld an

Die erfolgreichsten Investmentbanker des Jahres 2002 kommen aus keinem der großen Wall Street Häuser. In der Hitparade des Informationsdienstes Mergermarket hat die vergleichsweise kleine und ausschließlich auf Beratung spezialisierte Investmentbank Rothschild die Nase vorne.

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FRANKFURT/M. Sowohl die Deutsche Bank als auch die Schweizer Bankriesen UBS und Crédit Suisse gehen leer aus, wenn es um den Preis der besten europäischen Regenmacher im lukrativen Geschäft mit Fusionen und Übernahmen (M&A) geht. Gemessen am Volumen der betreuten Übernahmen führt der Brite Nicholas Wrigley das Feld an, Alessandro Daffina von der italienischen Rothschild-Niederlassung liegt bei der Zahl der Transaktionen an der Spitze. Daffina profitierte dabei von der rasanten Konsolidierung des italienischen Bankensektors. Allein 2002 war er an zehn Zusammenschlüssen in der Finanzbranche als Berater beteiligt. Neben diesen beiden Stars ist Rothschild noch mit drei weiteren Bankern unter den Top-Ten der Mandatsjäger vertreten.

Das M&A-Geschäft, gemeinhin als Königsdisziplin des Investmentbanking betrachtet, verzeichnete 2002 erneut einen deutlichen Rückschlag. Im Vergleich zum ohnehin schwachen Vorjahr fiel das Volumen von Fusionen und Übernahmen in Europa noch einmal um 15 %. Angesichts der Flaute war es für die Stars unter den Bankern um so wichtiger, bei den wenigen großen Deals mit dabei zu sein. Wrigley, der Chef des Versorger-Teams von Rothschild in London, hat den Sprung an die Spitze mit lediglich zwei Transaktionen geschafft. Den entscheidenden Vorteil brachte dem Briten die Beteiligung an der 20 Mrd. Euro schweren Fusion zwischen den beiden Versorgern National Grid und Lattice. Dieser Deal zählt zusammen mit dem geplanten Verkauf der französischen Großbank Crédit Lyonnais an den Konkurrenten Crédit Agricole und der Übernahme des US-Kreditinstituts Household durch die britische HSBC zu den drei größten Transaktionen 2002. Für 2003 ist Wrigley pessimistisch, an der Flaute im M&A-Geschäft werde sich wenig ändern. „Wir haben erneut ein hartes Jahr vor uns“, sagt er.

„Versorger und Finanzdienstleister haben die europäische M&A-Szene in den vergangenen zwei Jahren dominiert. Deshalb ist es auch keine Überraschung, dass sich unter den Top-Ten eine ganze Reihe von Bankern aus diesen Branchen finden“, erläutert Charlie Welsh von Mergermarket. Welsh geht davon aus, dass die Finanzbranche auch in diesem Jahr eine Schlüsselrolle auf dem europäischen M&A-Markt spielen wird: „In Ländern wie Italien und Frankreich wird die Konsolidierung weiter gehen, danach wird es bald auch zu grenzübrschreitenden Zusammenschlüssen kommen.“

Weniger zuversichtlich zeigt sich Welsh für die Versorger. Die übernahmefreudigen deutschen Energieriesen Eon und RWE hätten erst einmal genug mit eigenen Problemen zu tun. Weitere spektakuläre Zukäufe aus diesem Kreis seien deshalb ziemlich unwahrscheinlich. Rothschild-Banker Wrigley sieht das ähnlich: „Wir werden voraussichtlich auch 2003 einige Versorger-Transaktionen sehen, aber weniger als im vergangenen Jahr.“ Am vergangenen Freitag trennte sich Eon für einen Kaufpreis von 1,1 Mrd. Euro von seinem Anteil an den Telekomaktivitäten des Bouygues-Konzerns aus Frankreich. Auch diese Transaktion wurde von Rothschild betreut.

Da kaum ein Experte mit einer raschen Erholung des angeschlagenen M&A-Marktes rechnet, werden Regenmacher wie Wrigley für die Banken immer wichtiger. Die Geldhäuser hoffen, dass die Top-Banker mit ihren Kontakten in den Chefetagen der Konzerne auch in der Krise noch große Mandate an Land ziehen können.

„Regenmacher sind trotz der Entlassungswelle im Investment-Banking noch immer gefragte Leute“, bestätigt Andreas Halin von der Personalberatung Spencer Stuart. Allerdings würden die Qualifikationen deutlich schärfer geprüft als in den vergangenen Jahren. Wer heute einen teuren Regenmacher einstelle, wolle sicher gehen, dass der Kandidat die wertvollen Kundenbeziehungen auch wirklich zum neuen Arbeitgeber herüber ziehen kann.

„Auch ein Regenmacher kann keine Wunder vollbringen, wenn weit und breit keine Wolke am Himmel zu sehen ist“, sagt Halin. Wenn ein Vorstandschef Übernahmen und Fusionen erst einmal von der Agenda gestrichen habe, dann nutzten alle Kontakte nichts. Für die reinen M&A-Spezialisten werde das Leben deshalb zusehends schwieriger. Gefragt seien Allrounder, die ihre Kontakte nutzen könnten, um die gesamte Produktpalette einer Investmentbank an den Mann zu bringen. Ach die Unternehmen würden von den Banken zunehmend komplette Lösungen aus einer Hand erwarten, egal ob es um Übernahmen, Finanzierungen oder die Vermögensverwaltung gehe. Wrigley sieht das etwas anders. Er geht davon aus, dass auf die Beratung spezialisierte Häuser wie Rothschild im Vergleich zu den großen integrierten Investmentbanken besser abschneiden können. „Wir haben unseren Marktanteil in Europa 2002 deutlich ausgebaut und ich bin zuversichtlich, dass uns dies 2003 ebenfalls gelingt, auch wenn der Ausblick nicht rosig ist.“ Während sich einige Investmentbanker in den letzten Jahren eher als Vertriebsleute für Produkte und Transaktionen gesehen hätten, setzt Rothschild weiterhin auf die unabhängigen Beratung.

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