Russische Investoren Väterchen Frust aus Russland

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Tabelle: Russische Investoren in Deutschland

Borer-Fielding unterstellt den Russen nichts Negatives: „Investoren wie Viktor Wekselberg kaufen im Ausland Firmen mit Know-how, um mit ihnen auf dem russischen Markt zu expandieren.“ Russland brauche High-Tech aus dem Westen, um die Modernisierung der eigenen Wirtschaft voranzutreiben. „Es handelt sich keineswegs um einen Transfer in dem Sinne, dass Schweizer oder deutsches Know-how nach Russland abfließt.“ Der Marschbefehl für die Auslandsexpansion russischer Firmen kommt von ganz oben. Premierminister Wladimir Putin ermuntert die Lenker großer Konzerne immer wieder, durch Zukäufe im Westen Expertise in Russland nutzbar zu machen. Schon vor drei Jahren prophezeite Putin bei einem Besuch in Berlin: „Wir kommen nicht mit Kalaschnikows, sondern mit Geld.“

Trotzdem steckt nicht immer eine durchdachte Strategie dahinter, wenn sich russische Investoren bei deutschen Unternehmen einkaufen. Das zeigt der Fall der russischen FLC West, eines Staatsfonds, der unter der Kontrolle des russischen Flugzeugbauers OAK steht. FLC-Chef Andrej Burlakow übernahm vor einem Jahr die bankrotte Wadan-Werft, schaffte aber keine Aufträge herbei und hielt seine Finanzierungszusagen nicht ein.

Im August verlor Insolvenzverwalter Marc Odebrecht die Geduld mit dem unzuverlässigen Sanierer und reichte die Werft dem nächsten Russen weiter, diesmal an den Gazprom-Mann Viktor Jussufow und dessen 28-jährigen Sohn Vitalij. Ein Beigeschmack blieb: Mit seinem gescheiterten Landsmann hat der neue Investor zwar nichts zu tun, doch auch bei Jussufow ist völlig unklar, aus welchen Quellen er die rund 40 Millionen Euro für den Kauf beschafft hat.

Missratene Projekte werfen schlechtes Licht auf russische Investments

Missratene Projekte wie der erste Anlauf der Wadan-Rettung werfen ein schlechtes Licht auf russische Investments. Das gilt auch für den Rückzug des Oligarchen Oleg Deripaska, der seine Anteile an der österreichischen Baufirma Strabag und ihrem deutschen Konkurrenten Hochtief wieder verkaufte. Das lag zwar an der Finanzkrise, die Deripaska in Geldnöte stürzte und zwang, seine größeren Beteiligungen außerhalb des Kerngeschäfts unter großen Verlusten abzustoßen. Dennoch sind die Manager bei Hochtief und Strabag frustriert: Keiner der beiden Baukonzerne konnte von Deripaskas Kurzzeitbeteiligung profitieren. Die Milliarden, die im Schwarzmeer-Kurort Sotschi für die Winter-Olympiade 2014 verbaut werden, teilen sich russische Wettbewerber untereinander auf.

Es gibt auch russische Großinvestitionen, die an deutschem Widerstand scheitern. Der private Sistema-Konzern etwa musste vor zwei Jahren die Bemühungen um einen Einstieg bei der Deutschen Telekom abblasen, weil es sofort politische Proteste hagelte. Jetzt wurde über ein Interesse des Technologie-Riesen, bei dem der frühere Telekom-Chef Ron Sommer als Vize-Präsident am Steuer sitzt, an Infineon spekuliert. Doch Sistema weist Kaufabsichten zurück. Auch der Oligarch Andrej Melnitschenko ist verärgert: Seit Monaten kämpft er bei K+S um einen Sitz im Aufsichtsrat. Bislang vergeblich – und das, obwohl der Russe mit einem Anteil von gut 15 Prozent der größte Einzelaktionär des zeitweiligen Dax-Konzerns ist. Auf den Vorschlag, nach Russland zu expandieren, ist K+S-Chef Norbert Steiner bislang nicht eingegangen. Resigniert lässt Melnitschenko auf Anfrage der WirtschaftsWoche wissen, er schließe den Verkauf nicht aus.

Stahlbaron im Dax-Konzern

Einzig Stahlbaron Alexej Mordaschow kann sich rühmen, bei einem Dax-Konzern Mitspracherecht zu genießen. Der 43-Jährige hält über seine Investmentfirma S-Group Capital einen 15-Prozent-Anteil an TUI. Deren Vorstandschef Michael Frenzel trifft sich regelmäßig mit seinem Großinvestor und hört ihn an – nicht zuletzt, weil beide in Strategiefragen auf einer Wellenlänge liegen. Mit Frenzels Segen baut Mordaschow seit diesem Sommer ein Gemeinschaftsunternehmen mit TUI auf, das den unterentwickelten Tourismusmarkt in Russland erobern will.

Ansonsten hält sich der Russe aus dem operativen Geschäft heraus. So macht es auch Wsewolod Wolodin, der Generaldirektor der Agromasch-Holding, der Hoffmann in der Luitpoldhütte schalten und walten lässt. Vorige Woche reiste Wolodin mal wieder aus dem Ural nach Amberg und diskutierte die Langfriststrategie. „Wie immer konstruktiv und sehr gut vorbereitet“, lobt Hoffmann, der seine Berührungsängste mit den Russen längst abgelegt hat.

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