Russland Erstmals Wachstumshürde für Oligarchen Deripaska

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Aluminiumherstellung bei Rusal Quelle: REUTERS

Dafür hat er zu hart um sie kämpfen müssen. Um Rusal, Basic Elements Kernunternehmen, ranken sich abenteuerliche Erzählungen über Deripaskas Beutezüge während der Privatisierung der sibirischen Aluminiumindustrie in den Neunzigerjahren: Er habe sich in Sajanogorsk vors Werkstor gestellt und den seit Monaten auf Lohn wartenden Arbeitern ihre Besitzscheine zu Spottpreisen abgeluchst, heißt es. Rasch hatte er die Schmelze unter Kontrolle. Um das Werk vor einem früheren Eigner zu schützen, soll Deripaska, umwabert von giftigen Dämpfen neben dem Herzen der Aluminiumproduktion, den Elektrolysebecken, genächtigt haben. Der Ausgebootete, heißt es, habe Deripaska einmal mit einem Granatwerfer aufgelauert.

Doch der ehrgeizige neue Direktor überstand die sogenannten Aluminiumkriege ohne größere Blessuren – dank Raffinesse, einem Heer von Leibwächtern und vermutlich auch einer Portion Glück. Er habe stets auf der Seite des Gesetzes gestanden, beteuerte Deripaska im Jahr 2000 in einem seiner seltenen Interviews. „Was damals geschah, war einfach ein spannender Prozess. Eigentlich ein Wettbewerb. So wie in der Schule.“ Nach Rusal-Darstellung setzte der junge Manager dem grassierenden Aluminiumdiebstahl in Sajanogorsk ein Ende, indem er einen Zaun um das Werk ziehen ließ, Wachleute anheuerte und der örtlichen Polizei Funkgeräte spendierte. Was damals genau geschah, wissen nur wenige. Sicher ist: Es ging rau zu, es gab Tote, und am Ende siegte Deripaska

Scharmützel flackern noch heute auf: Deripaskas ehemaliger Partner Michail Tschernoi versucht vor einem Londoner Gericht, sich seine früheren Anteile an der einst von beiden gehaltenen Holding Radom zurückzuholen. Er will beweisen, dass Deripaska Radom zulasten Tschernois leer pumpte und den Inhalt Basic Element zuleitete. Deripaska bestreitet das.

Seinen bisher größten Triumph in der sibirischen Aluminium-Saga feierte er, als Rusal im vergangenen Jahr mit dem kleineren russischen Konkurrenten Sual und dem Geschäftsbereich Tonerde – das ist das Vorprodukt für die Aluminiumherstellung – des schweizerischen Rohstoffhändlers Glencore zur heutigen United Company Rusal verschmolz: Die Aluminiumbranche bekam einen neuen Weltmarktführer.

Mit dem Geschäft, das Basic Element jetzt einfädelt, würde Deripaska sich allerdings noch übertreffen: Rusal erwirbt 25 Prozent des weltgrößten Nickel- und Palladiumherstellers, des russischen Konzerns Norilsk Nickel, soll später Mehrheitseigner und schließlich eins mit Norilsk Nickel werden. Als so breit aufgestelltes Metall- und Rohstoffkonglomerat würde Deripaskas wichtigstes Unternehmen in die Liga von Giganten wie BHP Billiton und Anglo American aufsteigen.

Diesmal aber droht die erste große Niederlage: Auch der dem Staatskonzern Gazprom nahestehende Eigner der Metall-Holding Metalloinvest, Alischer Usmanow, und der mächtige Boss des neuen Staatskonzerns Rostechnologija, Sergej Tschemesow, interessieren sich für das hochprofitable Unternehmen. Tschemesow, ein Putin-Vertrauter, will Rusal zuvorkommen und mit Metalloinvest und Norilsk Nickel selbst den größten Metallurgie-Konzern Russlands schmieden. Sein Vorteil: Der bisher größte Norilsk-Aktionär, der Oligarch Wladimir Potanin, und das Norilsk-Management gelten als Deripaska-Gegner.

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