Schuldenkrise Das zwielichtige Geschäft der Ratingagenturen

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Weder der Zahlungsausfall bei Lehman Brothers im September 2008 noch Enrons Bilanzfälschungsskandal 2001 spiegelte sich rechtzeitig in den Ratings wieder. Auch die Anfang dieses Jahrtausends geplatzte Dotcom-Blase haben die Agenturen verschlafen. Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance & Management nimmt S&P, Moody's und Fitch in Schutz. "Auch für Ratingagenturen ist es schwierig, hinter die Kulissen der Unternehmen zu gucken. Dies hat sich beim Bilanzfälschungsskandal von Enron deutlich gezeigt“, so Faust. Während der Finanzkrise 2008 machten die Agenturen den Fehler, Wertpapiere zu beurteilen, die bisher noch niemand kannte. Ein Beispiel sind die zu einem höchst explosiven Paket geschnürten US-Hypothekenbriefe, sogenannte Mortgage Backed Securities (MBS).

Faust rät daher, die Ratings nicht überzubewerten. Die Urteile sollten primär dem Privatanleger als Orientierungshilfe im Anlage-Dschungel dienen. Ein Ratschlag, dem sich EU und Bankenaufsicht entzogen haben.

EU verhalf den "Big Three" zu mehr Macht

Mit der Verabschiedung von Basel II hat die EU den Ratingagenturen auf einen Schlag zu deutlich mehr Macht verholfen. Die Richtlinien sehen vor, dass Banken ihre Kredite mit Eigenkapital unterlegen müssen. Die Höhe des erforderlichen Kapitals richtet sich vor allem nach dem Ausfallrisiko der Kredite. Dieses wiederum wird von den Ratingagenturen festgelegt. Da Banken auch Staatsanleihen in ihren Portfolios haben, ist deren Rating naturgemäß von hoher Bedeutung. Auch in der als Solvency II geplanten Reform zur Regulierung von Versicherungsunternehmen sollen die Ratingagenturen eine Rolle spielen. „Die Macht der Agenturen ist von den Politikern gesetzlich gezüchtet“, sagt Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europa-Parlament. Die Bezugnahme auf Ratings von Moody’s und Co. sei nicht akzeptabel und müsse drastisch zurückgefahren werden, so der EU-Parlamentarier.

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