Siegfried Russwurm Technologie-Chef verlässt Siemens

Technologievorstand Siegfried Russwurm verlässt Siemens Ende März. Zuletzt hatte es bereits Spekulationen um einen Abgang gegeben. Die Belegschaft reagiert dennoch geschockt auf den Abschied des beliebten Managers.

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Der Technologievorstand verlässt den Siemens-Vorstand nach Auslaufen seines Vertrages. Quelle: picture alliance/dpa

Bei Siemens waren viele Mitarbeiter geschockt, als am Morgen die Nachricht die Runde machte: Der allseits hochgeschätzte Technologievorstand Siegfried Russwurm wird seinen Vertrag, der im März ausläuft, nicht verlängern. „Viele waren sprachlos", berichtete ein Siemens-Manager.

„Die Entscheidung, seinen zum 31. März auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern, wurde absolut einvernehmlich getroffen“, erklärte Aufsichtsratschef Gerhard Cromme am Freitag in einer Mitteilung. „Ich habe einen Großteil meines Berufslebens bei Siemens verbracht. Dem Unternehmen und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werde ich immer verbunden bleiben“, sagte Russwurm. „Dennoch möchte ich mich auch möglichen neuen Herausforderungen nicht verschließen.“ Der 53-Jährige ist seit 1992 bei Siemens.

Der Aufsichtsrat hatte auf eine Verlängerung des Vertrages gedrängt, obwohl das Verhältnis zwischen Russwurm und Konzernchef Joe Kaeser nicht das Beste ist. Laut Unternehmenskreisen bot Kaeser daraufhin Russwurm eine Verlängerung an. Nach einem Handelsblatt-Bericht über den Wunsch nach Verlängerung hätten sich die Entscheidungsprozesse beschleunigt, hieß es im Umfeld. Auch Russwurm selbst habe nicht weitermachen wollen. Offiziell ist von beiderseitigem Einvernehmen die Rede.

Russwurm habe sich weiter Hoffnungen gemacht, eines Tages Konzernchef zu werden, wird in Industriekreisen spekuliert. Da aber Kaeser dem Aufsichtsrat signalisiert habe, dass er über 2018 weitermachen wolle, habe sich diese Perspektive zerschlagen. In noch einmal fünf Jahren habe er keine Chance mehr, Vorstandschef zu werden. Russwurm gilt unter anderem bei Linde als möglicher Kandidat, wenn im Mai Konzernchef Wolfgang Büchele geht.

Russwurm galt schon nach dem Abgang von Peter Löscher als möglicher Nachfolger. Es setzte sich aber Kaeser durch. Dieser düpierte Russwurm später, indem er ihn drängte, das Industrieressort abzugeben und dafür Technologievorstand zu werden. Russwurm hatte das operative Geschäft sehr gern gemacht. Kaeser sagte, der Jobtausch Folge keiner besonderen Logik. Daher wurde er von einigen im Konzern als Degradierung Russwurms verstanden.

Was alles einmal zu Siemens gehörte
Joe Kaeser Quelle: dpa
Wolfgang Dehen Quelle: dpa
Kaffee tropft aus einem Kaffee-Vollautomaten in eine Tasse Quelle: dapd
Gigaset-Telefone Quelle: dapd
Stopp-Schild vor einem Gebäude mit dem Benq-Logo Quelle: AP
Schild Nokia Siemens Networks Quelle: dpa
Infineon-Fabrik Quelle: REUTERS

Seither gilt das Verhältnis der beiden als heikel. Russwurm und Kaeser haben sich nach Informationen des Handelsblatts über Kompetenzen bei den Themen Startups und Innovationen beharkt. Dies soll auch im Vorstand zu Diskussionen geführt haben. Schließlich wurde Russwurm kommissarischer Leiter der Startup-Einheit Next47.

Viele im Konzern bedauern Russwurms Abschied. „Er war in der Zusammenarbeit phantastisch und sehr integrativ“, sagte ein Siemens-Mitarbeiter. Kaeser müsse aufpassen, dass er nicht nur Technokraten um sich schare, die keine Konkurrenz für ihn seien.

Im Umfeld der Führung wurde betont, es sei nichts zwischen Kaeser und Russwurm vorgefallen. Es sei eine einvernehmliche Entscheidung. Kaeser hatte seit dem Sprung an die Spitze viel Macht auf sich konzentriert, was einige kritisch sehen. Allerdings zeigte sein Konzernumbau zuletzt wirtschaftliche Erfolge.

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