Siemens-Affäre Ex-Vorstand Ganswindt vor Gericht

Noch nie stand ein Ex-Zentralvorstand von Siemens wegen des Korruptionsskandals vor Gericht. Doch das ändert sich jetzt: In München beginnt der Prozess gegen den früheren Top-Manager Thomas Ganswindt. Es ist der zweite Anlauf.

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Thomas Ganswindt, ehemaliges Quelle: dpa

Wenn am heutigen Dienstag vor der Wirtschaftsstrafkammer des Münchner Landgerichts der Prozess gegen ihn beginnt, dürfte Thomas Ganswindt zunächst vor allem ein Gedanke durch den Kopf gehen: "Endlich!"

Denn das Verfahren gegen den 50-jährigen Ex-Manager ist aus mehrerlei Gründen ein Unikum: Mit Ganswindt muss sich erstmals seit der Aufdeckung des gigantischen Schmiergeldskandals bei Siemens Ende 2006 ein ehemaliges Mitglied des Zentralvorstandes - also des höchsten und innersten Führungszirkels der Münchner - als Angeklagter vor Gericht verantworten.

Dabei wirft die Staatsanwaltschaft Ganswindt  nicht einmal vor, selber aktiv bestochen oder Mitarbeiter zu Schmiergeldzahlungen angestiftet zu haben - im Gegensatz zu den bisherigen Verfahren gegen rangniedrigere Siemens-Manager. Vielmehr habe der einstige Chef der besonders korruptionsverseuchten Telekommunikationssparte von Siemens in den Augen der Ankläger seine Aufsichtspflicht vorsitzlich verletzt sowie mittelbar Steuerhinterziehung begangen.

Schwierige Beweisführung im Prozess erwartet

Ganswindt, der als einer der wenigen Beschuldigten in der Korruptionsaffäre Ende 2006 sogar zehn Tage in Untersuchungshaft verbringen musste, hat ein persönlichen Fehlverhalten bestritten und stets beteuert, öffentlich für seine Unschuld kämpfen zu wollen. Wohl auch aus diesem Grund hat er sich im Unterschied zu den ehemaligen Siemens-Vorstandschefs Heinrich von Pierer und Klaus Kleinfeld bisher geweigert, einen Vergleich mit seinem einstigen Arbeitgeber einzugehen und Schadensersatz zu zahlen.

Wie kompliziert der Sachverhalt tatsächlich ist, beweisen die Umstände im Vorfeld des heutigen Prozessauftaktes: Eigentlich sollte die Verhandlung gegen Ganswindt bereits in der dritten Januawoche starten. Doch nach wenigen Minuten wurde der Prozess wieder unterbrochen - Ganswindts Anwalt Kurt Bröckers hatte erfolgreich moniert, die Besetzung der Wirtschaftsstrafkammer mit nur zwei Berufsrichtern sei angesichts der Komplexität des Verfahrens zu wenig.

Nach Ansicht von Bröckers steht die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen seinen Mandanten auf dünnem Eis. "Bislang wurden eine ganze Reihe entlastender Umstände nicht berücksichtigt", äußerte er im Vorfeld des Prozessauftaktes gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. So hätten diverse betriebsinterne Untersuchungen zu keinem Zeitpunkt Hinweise auf Korruption ergeben. Dass auch die Ankläger von einer schwierigen Beweisführung ausgehen, beweist zudem der zeitliche Rahmen des Prozesses: Angesetzt ist er auf stolze 23 Verhandlungstage.

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