
Schwarzmalen will Konzernchef Peter Löscher trotzdem nicht: "Die Krise kommt bei Siemens an, aber Siemens ist nicht in der Krise“, sagt Löscher.
Zur Präsentation der Halbjahreszahlen für das Geschäftsjahr 2009 hatte das Siemens-Management in diesem Jahr in die so genannte Ehrenhalle im Verwaltungsgebäude des Konzerns in der Berliner Siemensstadt geladen. „Es hat ja gute Tradition bei Siemens, dass wir zur Hälfte unseres Geschäftsjahrs außerhalb von München zusammen kommen“, so Löscher.
Doch auf das von dem Maler, Grafiker und Illustrator César Klein im Jahre 1913 geschaffene Mosaik auf dem Boden der Ehrenhalle fanden sich weniger Pressevertreter als sonst ein – ein weiteres Krisenindiz? „Dies ist die erste derartige Veranstaltung in diesen historischen Räumen seit dem zweiten Weltkrieg“, sagte Löscher.
Historische Zahlen hatte Löscher jedoch nicht mit im Gepäck. Zwar hat sich der Münchner Technologiekonzern im zweiten Quartal wacker geschlagen – der Umsatz wuchs um fünf Prozent, das Ergebnis vor Steuern gar um 43 Prozent; letzteres freilich vor allem begünstigt durch einen Basiseffekt, weil das Ergebnis im Vorjahresquartal durch Sondereffekte belastet war.
Die schlechte Botschaft aber: Die andauernde Rezession hinterlässt auch bei dem bisher recht krisenfesten Konzern zunehmend tiefere Spuren im Geschäft. So sind die Aufträge konzernweit um elf Prozent zurückgegangen. Diese Abschwächung, so betont auch Löscher, dürfte sich in Zukunft noch eher beschleunigen. „Im weiteren Jahresverlauf werden wir unter der ursprünglichen Planung aus dem Juli 2008 liegen.
Damit sprach der Österreicher etwas verklausuliert aus, was von Analysten und Marktbeobachtern bereits seit geraumer Zeit erwartet wurde: Siemens nimmt seine ambitionierte Ergebnisprognose, die eben noch von Mitte des vergangenen Jahres stammt, zurück.
Statt 8 bis 8,5 Milliarden Euro operativer Gewinn geht der Konzern nur noch davon aus, das Ergebnis des Vorjahres zu übertreffen, als die drei Sektoren von Siemens 6,6 Milliarden Euro erwirtschafteten.
Das ist eine Enttäuschung, gewiss, schließlich war der Siemens-Chef noch im Januar bei der Vorlage der Zahlen fürs erste Quartal davon ausgegangen, weiterhin auf Kurs bleiben zu können. „Aber dies ist eben kein normaler Abschwung, sondern schärfster Absturz der Weltwirtschaft seit der großen Krise 1929“, sagte Löscher.
Dennoch wird der Österreicher nicht müde zu betonen, wie gut der Konzern aufgestellt sei – insbesondere auch durch die Restrukturierungsmaßnahmen, die er selbst seit seinem Amtsantritt Mitte 2007 eingeleitet hat. „Wir verfallen jetzt nicht in einen kurzfristigen Aktionismus und betreiben auch keine Schwarzmalerei“, so Löscher.
Das leidige Kapitel Mobilfunkgeschäft und Benq ist geschlossen
Das muss er wohl auch gar nicht, denn in Zeiten, in denen die Konkurrenz mit Gewinneinbrüchen und gar roten Zahlen kämpft, klingt die heutige Ergebniskorrektur von Siemens doch eher nach Jammern auf hohem Niveau.
So hatte Löscher denn auch eine gute Nachricht für die Siemensianer mit: „Wir werden auf betriebsbedingte Kündigung in 2009 verzichten, das habe ich immer klargemacht.“Wobei er damit explizit nur das aktuelle Geschäftsjahr meint – das endet jedoch bereits im September. Was danach passiert, darauf wollte sich Löscher mit Verweis auf unklare gesamtwirtschaftliche Umfeld nicht festlegen.
Fakt ist aber, dass Löscher auch weiter daran arbeiten will, die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns zu steigern. So sei man beispielsweise bei der Verschlankung der Verwaltungen gut voran gekommen. Ursprünglich bis Ende des Geschäftsjahres 2010 wollte Siemens 1,2 Milliarden Euro einsparen; bereits jetzt, zum ersten Halbjahr 2009, habe man die Marke von einer Milliarde Euro erreicht.
Löscher: „Und wir trauen uns nach den Erfahrungen der vergangenen Monaten zu, die Zielmarke, die wir uns gesetzt haben, durchaus auch zu übertreffen.“Nicht zuletzt durch derartige Erfolge getragen, will der Konzernboss am Ende seiner Präsentation wieder Mut machen: „Auch wenn wir derzeit eine Phase des Abschwungs durchlaufen, eins ist gewiss: Es wird wieder aufwärts gehen.
Ein leidiges Kapitel kann Löscher endlich schließen:
Die Streitigkeiten mit dem Käufer des ehemaligen Handy-Geschäfts, der taiwanesischen Qisda, seien beigelegt, teilte Siemens am Mittwoch in Berlin mit. Über die Bedingungen schwieg das Unternehmen. Wie aus den zeitgleich vorgelegten Zahlen für das zweite Geschäftsquartal 2008/09 (30. September) hervorgeht, konnte Siemens jedoch eine Rückstellung in zweistelliger Millionenhöhe auflösen. Siemens und Qisda - die ehemalige BenQ Corp. - hatten sich gegenseitig Täuschung vorgeworfen.
Der Elektrokonzern hatte seine ehemalige Handy-Sparte 2005 mit einer Mitgift ausgestattet und an die Taiwanesen abgegeben. Nach kurzer Zeit stellte Qisda jedoch die Zahlungen an die neue Tochter BenQ Mobile ein, woraufhin diese 2006 Insolvenz anmelden musste. Mehr als 3000 Beschäftigte in Deutschland verloren ihre Jobs. Streitigkeiten mit dem Insolvenzverwalter und ehemaligen Mitarbeitern hatte Siemens bereits beigelegt.