Siemens Kommission Amigo

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Ein knappes Dutzend Unternehmen finden sich heute, die Schelsky ganz oder teilweise gehören. Oft mit Siemens als Partner. Und das, obwohl Schelsky als AUB-Chef auf der Arbeitnehmerseite stand. Als Siemens 2002 den auf die Fertigung von Netzzugangstechnik für Telefon und Datenübertragung spezialisierten Siemens-Standort IT Network in Greifswald auslagerte, war Schelsky wieder mit dabei. Ein Teil der heutigen Manufacturing Logistics & Services mit knapp 300 Mitarbeitern und 70 Millionen Euro Umsatz gehört den Geschäftsführern. 24,9 Prozent der Anteile liegen noch bei Siemens. Schelsky hält sichtbar 24,5 Prozent. Aber auch hinter den 16 Prozent, die einer Ubus GmbH gehören, steckt er. Seine Partnerin dort ist die Rechtsanwältin Claudia Uhr. Der Name Ubus steht für „Unternehmensberatung Uhr Schelsky“ weiß ein Schelsky-Intimus. Die Bezeichnung Schema Unternehmens-Infrastruktur-Planung GmbH wiederum setzt sich zusammen aus dem Anfang der Namen Schelsky und Mahling. Lothar Mahling ist ein Freund Schelskys und war zeitweise nah dran an illustren Leuten. Er fungierte unter Martin Bangemann als Sprecher der FDP, gilt als gut bekannt mit dem durch die Scharping-Affäre abgestürzten PR-Berater Moritz Hunzinger und ist heute Mitglied der Hauptgeschäftsführung bei der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Nicht zu vergessen: Mahling war auch mal Pressesprecher der AUB. Bei Schema haben sich Schelsky und Mahling getrennt. Beteiligt war der FDP-Mann auch an dem seit 1992 existierenden Unternehmen Führungs-Forum Gesellschaft zur Qualifizierung von Führungskräften. Dritter Partner: der Betriebsverfassungsexperte Niedenhoff. Das Joint Venture sollte Seminare für Betriebsräte und Führungskräfte anbieten, in denen betriebswirtschaftliche Probleme „seriös aus verschiedenen Perspektiven beleuchten werden sollten“, sagt Niedenhoff. Er und Schelsky wollten sich gegenseitig die Bälle zuwerfen, „ich als Wissenschaftler, er als Betriebsrat“, Arbeitsrichter oder Manager sollten wiederum deren Sichtweise erläutern. Doch das Führungs-Forum habe „nie richtig funktioniert“, sagt Niedenhoff. Die Gesellschaft ist seit Ende 2006 in Liquidation. Vielleicht hatte Schelsky zu viel um die Ohren. Schließlich kontrolliert er laut Creditreform in Greifswald auch noch ein Bauunternehmen (Gauger Bau GmbH) und eine GTV Film und Fernsehen GmbH, an der Ubus 51 Prozent hält. Während aus dem Betriebsrat Schelsky ein sehr vielseitiger und undurchsichtiger Businessman wurde, wuchs seine AUB zu stattlicher Größe. Die Organisation hat 32.000 Mitglieder, von denen 19.000 Betriebsräte sind. Sie ist keine Gewerkschaft, sondern ein Verein. Beim konzerninternen IT-Dienstleister SBS ist AUB-Mitglied Hildegard Cornudet Betriebsratsvorsitzende und hat auch Sitz und Stimme im Siemens-Aufsichtsrat. Dort, beklagt ein gewerkschaftlich organisiertes Aufsichtsratsmitglied, habe Cornudet beim Widerstand gegen die Ausgliederung der Telekommunikations-Sparte „nicht mit den übrigen Arbeitnehmervertretern mitgezogen“.

Längst ist die AUB über Siemens hinaus gewachsen und in anderen Branchen aktiv. Im Handel vertreten AUB-Leute bei Obi, Hornbach und Aldi-Nord die Mitarbeiterinteressen – aber ganz anders als die DGB-Gewerkschaften, die laut AUB-Satzung eine „ferngesteuerte, oft auch parteipolitische Machtpolitik“ betreiben“. Zehn Prozent der Stimmen gewannen AUB-Kandidaten bei den Betriebsratswahlen 2006. Bald werde die AUB „der einzige Wettbewerber des Deutschen Gewerkschaftsbundes“ sein, prophezeite Schelsky, bevor er jetzt aus der Nürnberger Justizvollzugsanstalt heraus nach 21 Jahren seinen Rücktritt erklärte. Gewerkschaftsexperte Niedenhoff bestreitet, dass Unternehmen an einer innerbetrieblichen Opposition zur Gewerkschaft interessiert seien: „Eigentlich haben sie lieber einen homogenen und berechenbaren Partner.“ Er glaubt auch nicht, dass Siemens-Geld wirklich der AUB zugute gekommen ist – eher habe Siemens Schelsky finanziell ausgestattet, damit der sich in die ausgelagerten Betriebe einkaufen konnte. Trotzdem sieht es so aus, als hätte die Unterstützung der Siemens-Chefetage neben dem Unternehmer Schelsky auch dem Anti-Gewerkschafter gegolten. Laut „Süddeutscher Zeitung“ hat Schelsky allein von 2002 bis 2004 gut 2,5 Millionen Euro von Siemens an die AUB weiter gereicht – Mittel für Mieten, Gehälter, Technik und Werbung der AUB. Wenn die Handballer des VfB Forchheim in Oberfranken oder den Greifswalder SV 04 für die AUB warben, gab das Geld dafür Schelsky. Ansonsten, beteuert AUB-Vorstandsmitglied Traute Jäger, habe Schelsky aber AUB- und Unternehmensfinanzen auseinander gehalten. Der Mann aus dem beschaulichen Hausen in Oberfranken kam aber auch nicht zu kurz. Er hat ein Anwesen in Kanada, angeblich zusammen mit Freund Mahling. Außerdem, wie in der früheren Sparkassenreklame: eine Yacht, eine Villa an der Ostsee. Dass er sich das leisten konnte, hat den IW-Wissenschaftler Niedenhoff nie irritiert: „Die Familie war ja wohlhabend. Außerdem dachte ich, das Geld stammt aus der Erbschaft nach dem Tod von Schelskys Mutter in den Neunzigerjahren.“ Was nun über seinen Ex-Geschäftspartner bekannt wird, findet der Kölner „so schlimm“ wie die Bestechungs- und Prostituierten-Affäre des ehemaligen VW-Betriebsratschefs Volkert: „Leid tun mir die aufrichtigen Betriebsräte, die meist nicht viel verdienen und sich verraten fühlen müssen“.

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