Simon de Pury im Interview Verführungskraft eines Auktionators

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Wenn Sie das bereits vorher wissen, sind die Grenzen zwischen Hypnose und Beobachtung dann nicht fließend?

Es hat damit zu tun, dass man sich aufs Publikum einstellt. Natürlich muss man die Stimmung schaffen und positiv beeinflussen. Die Wellenlänge eines Publikums variiert sehr stark von einer Stadt zur anderen, von einem Objektgebiet zum anderen.

Wie bringen Sie sich selbst in Stimmung?

Vor jeder wichtigen Auktion habe ich ein Ritual. Nach dem Lunch mit meiner Kollegin Tiffany Wood, die Creative Director ist, ziehe ich mich zurück und will einfach zwei Stunden totale Ruhe haben, in denen ich mich auf den Katalog konzentriere. Ich bin sehr abergläubisch und esse eine Stunde vor der Auktion immer einen Apfel. Das hat 1993 begonnen, als die sechstägige Thurn-und-Taxis-Auktion in Regensburg stattfand. Überall standen diese mit herrlichen Äpfeln gefüllten Schalen, bei denen ich mich jeden Morgen bedient habe.

Sie wechseln die Höhenlagen während der Auktion. Manchmal geht Ihre Stimme regelrecht in die Knie, als müsse sie jemanden vom Boden aufrichten. Und dann kommt wirklich noch ein Gebot.

Ich habe selber häufig in Auktionen mitgeboten. Bei über 70 Lots ist man selbst vielleicht zwei-, dreimal dran. Da will man nicht gelangweilt werden. Deshalb versuche ich, es humorvoll und unterhaltsam zu machen.

Werden die Bietenden nicht durch Ihre Stimme sanft über ihre Bedenken hinweggehoben?

Als Bietender in einer Auktion mitzumachen, ist ebenso aufregend, wie eine Auktion zu leiten. Man versucht, seine Aufregung nach außen nicht zu zeigen. Man muss dann blitzschnell entscheiden, ob man über den Preis, den man sich im Kopf festgelegt hat, hinausgehen will. Ich habe noch nie bedauert, etwas gekauft zu haben, aber den Objekten sehr stark nachgetrauert, die ich nicht gekauft habe.

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