Software SAP droht eine Übernahmeschlacht

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Larry Ellison Quelle: REUTERS

Aus diesem Grund dürfte IBM-Chef Sam Palmisano nicht tatenlos zusehen, was mit SAP mittelfristig passiert. „Sollte HP ein Gebot für SAP abgeben, würde IBM wohl alle kartellrechtlichen Register ziehen, um den Deal zu verhindern“, sagt Rüdiger Spies, Analyst beim Marktforschungsunternehmen IDC in München.

Experten glauben deshalb, dass IBM notfalls selber ein Konkurrenzgebot für SAP abgeben würde, um eine Übernahme abzuwehren. „Von der Business-Logik käme von allen großen IT-Konzernen am ehesten IBM als Käufer infrage“, sagt Frank Naujoks, Analyst bei dem auf die IT-Branche spezialisierten Schweizer Beratungshaus I2S Consulting. Seiner Meinung nach würde SAP gut zur Angebotspalette von IBM passen. Selbst SAP-Mitgründer Tschira könnte sich das vorstellen: „Wir sind nicht im Groll gegangen, damals 1972. Ich hätte daher keine Vorurteile gegen IBM.“

Als Konzerndach für SAP käme theoretisch aber auch Microsoft infrage. Der Chef des weltgrößten Softwarekonzerns, Steve Ballmer, hatte schon einmal ein Auge auf SAP geworfen. SAP-Mitgründer Tschira bestätigte gegenüber der WirtschaftsWoche ausdrücklich, dass Ballmer 2003 mit der Idee des Zusammenschlusses an ihn und die anderen SAP-Gründer Hopp und Plattner herangetreten sei. Das Vorhaben war seinerzeit aber unter anderem wegen Kartellrechtsproblemen aufgegeben worden.

Leisten könnte sich die Profitmaschine aus Redmond eine SAP-Übernahme allemal. I2S-Analyst Naujoks ist zwar skeptisch: „Das Microsoft-Geschäft mit Unternehmenssoftware hat inzwischen die magische Umsatzschwelle von einer Milliarde Dollar überschritten und wächst gut – das war vor einigen Jahren noch anders.“ Da brauche es keine weitere Software mehr – eigentlich: Sollte ein Wettbewerber vorpreschen, dürfte Ballmer schnell mit einem eigenen Angebot kontern.

Noch verbleibt SAP einige Zeit, um die Voraussetzungen zu verbessern, vielleicht doch eigenständig zu bleiben. Dazu muss der Konzern jedoch zum Wachstumskurs früherer Jahre zurückfinden. Erst dann dürfte der Aktienkurs, der aktuell unter dem Niveau des Jahres 2006 liegt, nennenswert nach oben zeigen. „Das ist genau wie bei Apple vor zehn Jahren: Hätte Steve Jobs den Schritt in die Konsumwelt mit iPod und iPhone nicht geschafft, wäre das Unternehmen zu einem Übernahmekandidaten geworden“, sagt Strategy-Partners-Mann Gümbel. 

Friedenspfeife angezündet

Die beiden neuen SAP-Chefs McDermott und Hagemann Snabe werden deshalb nicht müde zu betonen, sie wollten wieder zweistellige Wachstumsraten erreichen. Dazu soll die im März verkündete Übernahme des US-Softwarekonzerns Sybase beitragen. Mit ihr wollen die Apotheker-Nachfolger SAP-Software auch auf Mobilgeräten wie dem Apple-Tablet iPad laufen lassen und so komplett neue Märkte erschließen. Ob das ausreicht, um dauerhaft die Selbstständigkeit der Walldorfer zu sichern, bleibt abzuwarten.

Ein gewichtiges Wort bei der Übernahme von SAP durch einen Wettbewerber werden die Gründer mitreden. Sie hielten ursprünglich fest zusammen, haben inzwischen aber nicht mehr alle die gleiche intensive Bindung zu ihrem Unternehmen.

Einem allerdings wollen die Walldorfer auf keinen Fall anheimfallen – Oracle-Gründer Ellison. Selbst SAP-Urvater Tschira, der sich von den drei Gründern emotional am meisten von seinem Unternehmen abgenabelt hat, weist eine solche Vorstellung weit von sich. Für ihn sei die weitgehende Unabhängigkeit von SAP nach einem Deal eine wichtige Voraussetzung für einen Verkauf. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass man das Unternehmen irgendwann an Oracle verkauft“, so Tschira. „Denn solange Larry Ellison am Ruder ist, wissen wir, dass er alles mit eiserner Hand an kurzer Leine führt.“

SAP-Co-Chef McDermott hat indessen für die kommenden Monate schon mal die Friedenspfeife angezündet. „Wir sind begeistert über diese Wahl“, sagte er im amerikanischen Wirtschaftsfernsehen zur Ernennung Apothekers zum HP-Chef. „Denn mit ihm wird die Partnerschaft zwischen Hewlett-Packard und SAP noch enger werden als bisher.“

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