Spezial Banken Noch Luft nach oben

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Die großen Drei des Sektors – die LBBW, die Bayerische Landesbank (BayernLB) und die WestLB – haben bereits Mittelstandsinitiativen gestartet. Jetzt nimmt auch die LBBW-Tochter Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) die mittleren Unternehmen ins Visier. Bis 2010 will die LRP rund 1000 neue Mittelstandskunden gewinnen. Um neue Kunden für sich zu begeistern, besuchen beispielsweise WestLB-Firmenkundenbetreuer und örtliche Sparkassenberater die meisten der 6700 identifizierten Zielkunden gemeinsam. Noch klemmt es allerdings in der Zusammenarbeit, wenn Mittelständler Hilfe im Ausland suchen. Die Kooperation über Grenzen hinweg soll nun das Country Desk, das internationale Netzwerk der Großsparkassen, verbessern. Eigentlich wären die Landesbanken für diese Aufgabe prädestiniert. Auch beim Private Banking, dem Geschäft mit vermögenden Privatkunden, gibt es noch einiges zu tun. Lange haben Sparkassen und Landesbanken, die sich aus der Förderung des Spargedankens für die ärmeren Bevölkerungsschichten entwickelt haben, die Betreuung der mehr oder weniger Reichen anderen Geldhäusern überlassen. „Bis zu einem liquiden Vermögen von etwa einer Million Euro gelingt die Betreuung gut“, sagt WestLB-Vorstand Norbert Emmerich. Doch dann entstehe oft eine „Kompetenzlücke“, so dass die wirklich vermögenden Kunden zu einer Großbank oder einem internationalen Institut wechseln würden. In diese Lücke will die WestLB mit ihrem Zukauf Weberbank stoßen. Auch die LBBW und die Norddeutsche Landesbank (Nord/LB) halten Beteiligungen an Privatbanken. Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) legt gerade ihr Private Banking mit dem ihrer Neuerwerbung Frankfurter Sparkasse zusammen. Große Sparkassen wie die Hamburger Sparkasse oder die TaunusSparkasse bauen aus eigener Kraft spezielle Einheiten für Vermögende auf. Bei ihnen gelten meist schon Kunden mit einem Depotstand von 500.000 Euro als reich. „Sparkassen und Landesbanken haben viele Kunden, aber nutzen ihr Potenzial noch zu wenig“, räumt Alexander Stuhlmann, Vorstandschef der HSH Nordbank, ein. Luft nach oben gibt es also. Um mit dem vorhandenen Kundenstamm besser ins Geschäft zu kommen, hat der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) in Berlin ein neues Beratungskonzept entwickelt. Der Sparkassen-Finanzcheck fragt Wünsche und Ziele der Kunden ab und entwickelt daraus eine passende Strategie. Das Konzept kommt an. „Durch die umfassende Beratung haben Kunden und Sparkasse Vorteile. Viele Institute können auf diese Weise ihre Cross-Selling-Quote steigern“, sagt Verbandschef Haasis. Bislang findet ein Sparkassen-Kunde im Schnitt nicht einmal zwei Produkte bei seiner Filiale an der Ecke. Durch das neue Instrument konnte der Produktver- » kauf laut Verband um bis zu 40 Prozent gesteigert werden. Neben der verbesserten Beratung feilen die Sparkassen und Landesbanken auch an ihren Produktangeboten. Die Leuchtturmprodukte wie der S-Privatkredit und die S-Baufinanzierung werden nicht nur bundesweit beworben, sie bieten auch wettbewerbsfähige Konditionen. Zwar liegt die Entscheidung über die Teilnahme an der Aktion und die genauen Sätze weiter bei den Sparkassenvorständen, die Verbandszentrale in Berlin gibt aber Orientierungsgrößen vor. Der Ratenkredit wird beispielsweise für einen Zinssatz ab 4,99 Prozent angeboten. Mit diesen Konditionen greifen die Sparkassen frontal die Direktbanken an, die ihnen in den vergangenen Jahren das Leben schwer gemacht haben. Beim Ratenkredit haben die öffentlich-rechtlichen Institute Terrain zurückgewonnen. Die 76 Sparkassen in Westfalen-Lippe, die im vergangenen Herbst das Produkt erprobt haben, konnten ihr Neugeschäft um 43 Prozent steigern. Von der „Resonanz“ war Rolf Gerlach, Präsident des Westfälisch-Lippischen Sparkassen- und Giroverbandes und Aufsichtsratschef der WestLB, so begeistert, dass er in seinem Verbandsgebiet gleich eine kurzfristige Geldanlage nachgeschoben hat. Diesmal ist Westfalen-Lippe allerdings nicht Testgebiet für das bundesweite Sparprodukt, das im Herbst dieses Jahres kommen soll. Das geplante Sparkassen-Zuwachssparen ist für längere Laufzeiten konzipiert und bietet nach Anlagedauer gestaffelte Zins-sätze an.

Die Kunden freuen sich nicht nur über die plötzlich ausgesprochen wettbewerbsfähigen Konditionen, sondern auch über die Konkurrenz innerhalb der Gruppe. Bislang konnten vor allem Großkunden die Landesbanken gegeneinander ausspielen, jetzt können auch Privatleute von dem großem Angebot profitieren. Sie haben beispielsweise die Wahl unter mehreren Direktbanken. Die Deutsche Kreditbank (DKB), die zur BayernLB gehört, wirbt ebenso bundesweit um Kunden wie die 1822direkt, eine Tochter der Helaba. Und die Westdeutsche Immobilienbank, ein Ableger der WestLB, bietet günstige Baufinanzierungen online an. Und auch die Sparkassen vor Ort lassen sich so einiges einfallen, ihre Kunden in die Filiale zu locken. Durch den Ausbau der Selbstbedienungseinrichtungen kommen viele Girokonteninhaber nur noch selten zum Schalter. Mit Zusatzangeboten soll nun die Zweigstelle wieder attraktiver werden. Was die Kunden freut, ist vielen Funktionären ein Dorn im Auge. Sie fürchten sich vor der Sprengkraft von Ausnahmen. Die größten Bruchstellen bieten derzeit die Landesbanken. Die WestLB will ihren Anteil von 27 Prozent an der HSH Nordbank verkaufen. Mehrere internationale Investoren haben ihr Interesse angemeldet. Sollte der Verkauf gelingen, besäßen erstmals Private einen bedeutenden Anteil an einer Landesbank. Noch einschneidender könnten die Veränderungen in Berlin sein. „Dort erlebt die Organisation ihre Nagelprobe“, sagt Unternehmensberater Pape. Die Bankgesellschaft Berlin muss laut EU-Vorgabe im kommenden Jahr verkauft werden. Käme eine private Bank zum Zuge, wäre ein großer Stein aus dem öffentlich-rechtlichen Block herausgebrochen. Die Sparkassenorganisation will daher auf jeden Fall um die Hauptstadtbank mitbieten. Als ersten Schritt soll eine DSGV-eigene Körperschaft die Anteile der Nord/LB an der Bankgesellschaft übernehmen. Damit soll verhindert werden, dass der Verkauf in Berlin ohne Beteiligung der Sparkassen läuft. Um die Angriffsfläche zu vermindern, will Sparkassenpräsident Haasis den Verbund weiter stärken. Die Sparkassen sollen sich dabei auf die Region konzentrieren, die Landesbanken die Gruppe im Ausland vertreten, und die Verbundunternehmen ihre Spezialitäten pflegen. Vor allem bei den zwölf öffentlichen Versicherungen will Haasis Gemeinsamkeiten ausloten. Darin hat der 61-Jährige Erfahrung. Als Chef des baden-württembergischen Verbandes hat er die Versicherungen aus Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen und Teilen von Rheinland-Pfalz zusammengeführt. Für eine bundesweite Einheitsversicherung ließe sich auf jeden Fall viel leichter Werbung machen. Und für die Kunden könnten die Policen auch noch günstiger werden.

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