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Subventionsstreit Die Sandkastenspiele der Flugzeugbauer

Im Streit um Subventionen für die Flugzeugbauer Airbus und Boeing gibt es ein neues Urteil. Das bringt jedoch nicht mehr Klarheit und schon gar keine Lösung, sondern nur neue Klagen und Gegenklagen. Ein Kommentar von Rüdiger Kiani-Kress.

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Leichtflugzeug Boeing 787 Quelle: REUTERS

Der sechs Jahre alte Zwist zwischen den USA und der EU um Subventionen für den Bau von Passagier-Flugzeugen könnte einer der spannendsten Konflikte der Wirtschaft sein. Schließlich geht es bei dem Verfahren vor der Welthandelsorganisation WTO darum, mit welchen Tricks eine hochtechnisierte Wachstumsbranche arbeitet und in wie weit sie auf Kosten oder zum Wohl der Steuerzahler arbeitet.

Doch leider ist in wohl keinem großen Wirtschaftsthema das Missverhältnis zwischen Bedeutung und Form des Konflikts größer. Denn die Hersteller Airbus und Boeing sowie die von ihnen geleitete Politiker auf beiden Seiten des Atlantik führen den Konflikt wie zwei Kinder im Sandkasten, die sich um Schippchen und Eimer zanken. Beide sagen, der andere habe angefangen, jonglieren mit absurd unterschiedlichen Beträgen über die Höhe der Hilfen und wenn die WTO dann ein Urteil spricht, lesen beide aus den jeweils gut 1000 Seiten ziseliertem Juristenenglisch nur was ihnen gefällt.

Das war auch gestern Abend so. Kurz nachdem die WTO – nach ihrer Verurteilung der Hilfen für Airbus im Juni 2010 – nun die Staatshilfen für Boeing beschrieb, kam ein Schwung Mitteilungen der Gattung „Die anderen waren aber viel illegaler.“ Und natürlich hat die EU sofort eine Art Gegenklage gegen das Urteil eingelegt, dem nun die USA wohl innerhalb von fünf Tagen mit einer Gegengegenklage antworten muss, auf die folgt dann sicher dann eine Gegengegengegenklage und so weiter.

Das ist öde und schädlich. Zwar wirkt das Urteil gegen Boeing, wenn ich das richtig verstanden habe, etwas härter. Denn hier sagt die WTO, ohne Staatshilfen hätte Boeing sein neues Leichtbauflugzeug 787 nie gebaut. Das stoppt endlich die unerträgliche Selbstgerechtigkeit, mit der Boeing selbst nach der vertraulichen Vorabversion des gestrigen Urteils im Januar noch jegliche Subvention abstritt, obwohl die WTO den Juristen des US-Konzerns die Sache schwarz auf weiß gegeben hat. Aber klar ist auch: ohne so klare WTO-Worte wie gegen Boeing, dass es ohne den paneuropäischen Subventionsclub aus Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Spanien wohl auch keine Airbusse gegeben hätte.

Und das ist so überraschend wie der allmorgendliche Sonnenaufgang. Hätten Airbus und Boeing ihr Geschäftsmodell nach dem Motto „mit jedem neuen Produkt verwetten wir die Firma“ ohne Subventionen geschafft, hätten sie sich ja kaum vor knapp 20 Jahren nicht gegenseitig erlaubt, dass der jeweils andere gegen die Regeln des freien Handels verstoßend darf und der andere Ruhe gibt.

Das Prinzip hatte Boeing dann 2004 mit seiner Klage durchbrochen. Das war damals eine Verzweiflungstat, weil 2004 Boeing in echten Problemen steckte. Airbus war weit enteilt und der Erfolg des neuen Modells 787 mehr als unsicher.

Nun ist es Zeit, die Klagespirale zu beenden, bevor sich beide Seiten allzu sehr selbst schaden. Dagegen hat sich dem Vernehmen nach vor allem Boeing gesträubt, weil die Subventionen zu gestehen die Chancen beim derzeit größten Rüstungsauftrag der Welt geschmälert hätte: dem Bau von US-Militärtankflugzeugen. Den hat Boeing nun gewonnen also können beide verhandeln.

Denn ab jetzt ist das Verfahren nicht mehr nur Rechthaberei, sondern eine Subvention für ihre Wettbewerber. Denn zu den innigsten Beobachtern der geheimen WTO-Verhandlungen gehören Japan, Brasilien, sowie China und Kanada, deren Kooperation schon bald zu einer ernsten Konkurrenz für Airbus und Boeing werden könnte. Sie alle haben bereits gelernt, wie sie die Subventionen für ihre Flugzeugbauer WTO-fest gestalten, sondern auch viel über die Logistik beim Bau von Flugzeugen, mit denen sie bald Airbus und Boeing Konkurrenz machen.

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