Südamerika Brasilianische Multis erobern Weltmärkte

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Gleich in der Nachbarschaft von Embraco sitzt WEG. Der Motorenbauer ist einer der drei weltweit führenden Produzenten von Elektromotoren. Knapp 40 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet der Konzern im Ausland, mit eigenen Werken in China, Mexiko, Argentinien und Portugal. In Europa macht die mittelständische Firma Platzhirschen wie Siemens und ABB das Leben schwer. Ein Siemens-Chef für Lateinamerika stöhnt: „Ich würde erheblich besser schlafen ohne WEG.“

Die brasilianischen Newcomer zeichnet eines besonders aus: Sie sind gewohnt, mit widrigen Umstände fertig zu werden. Denn Brasilien ist trotz vieler Fortschritte in den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen noch immer eine Herausforderung für jedes Unternehmen. Im „World Competitiveness Yearbook“ der Schweizer Wirtschaftshochschule IMD rangiert das Land nach Unternehmerfreundlichkeit auf den hintersten Rängen. Vor allem der ineffiziente Staat mit einer ausufernden Bürokratie, einer absurd veralteten Arbeitsgesetzgebung, der lahmenden Justiz sowie die katastrophale Infrastruktur ziehen Brasilien in den Rankings nach unten.

Im auffälligen Kontrast dazu stehen die brasilianischen Unternehmen. Bei Flexibilität und Offenheit der Mitarbeiter für neue Herausforderungen stehen laut IMD brasilianische Konzerne weltweit an der Spitze. Auch bei der Fähigkeit, sich auf neue Märkte einzustellen, oder der kulturellen Aufgeschlossenheit für Ideen, die von außen kommen, belegen brasilianische Unternehmen vordere Positionen.

Umsatzrendite liegt bei 15 Prozent

So kommt es, dass die Effizienz der brasilianischen Konzerne im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hoch ist. Wie eine Profitpeitsche wirkte in den vergangenen Jahren der Wettbewerb in Brasilien um Kapital. Brasilianische Banken boten bis vor Kurzem nie weniger als 14 Prozent Zinsen für vergleichsweise risikolose Festeinlagen. Diese Rendite müssen Unternehmen erst mal schlagen. Denn nur wenn Unternehmen in Brasilien eine höhere Rendite in ihrem Geschäft verdienen, als es das Geld auf der Bank bringt, sind sie wettbewerbsfähig. Nach einer Untersuchung der Unternehmensberatung Roland Berger bewegt sich die Umsatzrendite der 50 größten brasilianischen Industrieunternehmen bei etwa 15 Prozent.

Brasilianische Manager bewegen sich souverän in der Finanzszene. Die führenden Unternehmen werden regelmäßig von Analysten wegen ihrer exzellenten Standards für gute Unternehmensführung gelobt. Den überzeugendsten Vertrauensbeweis für die brasilianische Börse lieferten die Investoren in der Krise: Drei der größten Börsengänge weltweit fanden an der Bovespa in São Paulo statt – undenkbar noch vor Kurzem.

Brasilianer sind keine Individualisten sondern Teamplayer. In den Chefetagen dominiert Gruppenmanagement. AB Inbev, der weltgrößte Brauereikonzern, der in Deutschland etwa Beck’s und Franziskaner Weizenbier produziert, wird von drei Dutzend Brasilianern geführt, mit denen Konzernchef Carlos Brito von einer Fusion zur nächsten zieht. Inbev arbeitet wie eine Investmentbank und hat mit europäischer Biertradition wenig im Sinn. Was zählt, ist der Gewinn und wie er steigt. Inbev macht heute eine operative Rendite von 27 Prozent auf den Umsatz von rund 30 Milliarden Dollar, das ist die höchste Marge der Branche – ein Prosit auf den Profit.

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