Süßwarenhersteller Das bittere Nasch-Erbe von Storck-Chef Axel Oberwelland

Kraft Foods kauft Cadbury, Wrigley fusioniert mit Mars. Doch Deutschlands Naschkönig Axel Oberwelland, Herr über Storck und Marken wie Nimm2, Merci und Toffifee, bewegt sich keinen Millimeter. Wer ist der Mann, der in seine Schokowelt abtaucht und von der Vergangenheit zehrt?

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Markenklassiker: Storck-Riesen-Automat in den Fünfziger Jahren Quelle: Josef Darchinger/Friedrich Ebert Stiftung

Axel Oberwelland kommt fast eine Dreiviertelstunde zu spät ins Rathaus in Berlin-Reinickendorf. Die Betriebsversammlung, die dort am 24. November gegen 13 Uhr im Ernst-Reuter-Saal stattfindet, hat schon begonnen. Der bullige Zweimetermann zwängt seine weit über 100 Kilogramm in den Holzklappstuhl in der ersten Reihe ganz außen rechts und wartet auf seinen Auftritt.

Eine Viertelstunde muss er so dasitzen, dann hievt sich der Mann im dunklen Zweireiher aus seinem Stuhl, tritt hinter das Rednerpult und begrüßt die knapp 200 anwesenden Mitarbeiter. Der 43-Jährige redet schnell, ohne Manuskript: Man sei gut ins Jahr gestartet, dann habe es Einbrüche gegeben, vor allem in Osteuropa, aber Bange machen gelte nicht, man sei gut aufgestellt, mit den wunderbaren Produkten. Er habe jetzt leider keine Zeit mehr. Der „Sonderkunde“ warte. Schöne Vorweihnachtszeit. Nach kaum zehn Minuten verlässt er den Saal durch einen Nebenausgang.

Storck gehört zur Zunft der Geheimniskrämer

Schon mal was von Axel Oberwelland gehört? Wahrscheinlich nicht. Der gebürtige Westfale, der sich, wenn es nur geht, hinter den Hecken und Zäunen seiner Villa im Berliner Nobelviertel Dahlem verschanzt, hat alles getan, um unerkannt zu bleiben. Keine Auftritte im Bad der Menge, keine Selbstinszenierung als Partylöwe oder Stargast, keine Fotos, keine Interviews.

Die Marken jedoch, für die Oberwelland und sein Unternehmen – die Storck-Gruppe – stehen, kennt jeder in Deutschland: Nimm2, Werther’s, Toffifee, Merci, Campino, Dickmann’s, Knoppers – die Schokoladen, Fruchtgummis und plombenziehenden Bonbons aus der Kaloriendynastie Storck zählen zu den Hüftgoldklassikern der Süßwarenbranche.

Als Mensch und Manager jedoch gehört Deutschlands Naschkönig zur Zunft der Geheimniskrämer. Nur Larifari-Informationen über das Unternehmen, weder testierte Bilanzen oder Angaben zu Werbebudgets noch irgendwelche Verlautbarungen über den Inhaber.

Wenn sich etwa am Montagabend, dem 1. Februar, zur Süßwarenmesse ISM internationale Showprominenz, Politiker, Sportler und die Wirtschaftsführer der Naschbranche im Alten Wartesaal in Köln zur Lambertz-Party treffen, dann fehlt ein Name: Axel Oberwelland.

Über ein Viertel der Erlöse liegen beim Sonderkunden Aldi

Der öffentlichkeitsscheue Unternehmer hat vor sieben Jahren ein schönes, aber schweres Erbe übernommen. Sein Vater Klaus hatte gemeinsam mit dem Düsseldorfer Werbefachmann Otto Pahnke zwischen 1970 und 2003 aus einer kleinen Zuckerwarenfabrik einen Süßwarenkonzern geformt, der heute mit etwa 5000 Mitarbeitern an den Standorten Berlin, Halle in Westfalen und Ohrdruf in Thüringen rund 1,4 Milliarden Euro umsetzt.

Vieles spricht dafür, dass die unternehmerische Erfolgskurve mit dem Wechsel an der Konzernspitze ihren Wendepunkt erreicht hat. Denn seitdem legt sich über den einstigen Glanz, wie ein Fettreif auf alternde Schokolade, eine Patina aufs Unternehmen. Und wie die braune Nervennahrung dadurch nicht ungenießbar wird, sondern ein untrügliches Zeichen vergangener Frische erfährt, so geht es auch mit Storck. Soll heißen: Das Unternehmen lebt von der Substanz.

Und vom beinharten Geschäft mit dem Discountimperium Aldi. Über ein Viertel seiner Erlöse macht Storck mit dem „Sonderkunden“, wie der Riesenabnehmer intern genannt wird und den man keinesfalls warten lassen darf. Es besteht Gesprächsbedarf: Die Umsätze sinken.

Um die steigenden Rohstoffpreise, die Einbrüche im Osteuropageschäft durch die Wirtschaftskrise, die lahmende Inlandsnachfrage und das schleppende Geschäft mit Aldi halbwegs zu kompensieren, organisiert Oberwelland sein Reich neu. Zum Jahresbeginn verschmilzt er seine größten Vertriebs- und Produktionsfirmen Merci und Storck zu Storck Deutschland. Zudem werden zunehmend schlechter bezahlte Zeitarbeitskräfte in die Produktion geschleust – ehemalige Storck-Mitarbeiter, die nach ihrer Kündigung über Berliner Zeitarbeitsfirmen angeheuert werden. Der schwäbische Drogeriekönig Schlecker, der wegen ähnlicher Methoden in Verruf geriet, lässt grüßen.

Zu all dem möchte Oberwelland nichts sagen. Er werde sich erst äußern, wenn er selbst etwas vorzuweisen habe, lehnte 2004 sein Presseoffizier die Interview-Anfrage einer Tageszeitung ab. Und das werde wohl in vier bis fünf Jahren der Fall sein. Mittlerweile sind sechs Jahre vergangen. Und Oberwelland hat immer noch nichts zu sagen. Wer ist dieser Schweiger?

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