Technologieklau ungewiss Chinesen testen eigenen Transrapid

Die Chinesen haben nach eigenen Angaben eine Magnetschwebebahn entwickelt, die wie das deutsche Vorbild bis zu 500 Stundenkilometer schnell sein soll. Das können die deutschen Ingenieure nicht glauben. Für sie ist ihr Zug der schnellste und beste.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Offiziell machen sich die deutschen Entwickler keine Sorgen um die Vermarktung ihres Zuges, der scho

HB/der PEKING. Die Magnetschwebebahn, über die am Mittwoch aus China berichtet wurde, könne nur ein Prototyp sein, lässt „Transrapid International“ am gleichen Tag in einer Mitteilung wissen. Hinter dem Berliner Unternehmen stecken Thyssen-Krupp und Siemens, die Vorreiter der Technologie. Es sei davon auszugehen, dass der Zug auf der nicht einmal zwei Kilometer langen Teststrecke zunächst mit maximal 100 Kilometern in der Stunde erprobt werde. Der Entwicklungsstand sei keineswegs vergleichbar mit dem des deutschen Transrapid, der auf der ersten kommerziellen Strecke in Shanghai bereits 5 Mill. Passagiere befördert habe. Die China Aviation Industry Corporation in Chengdu in Südwestchina hatte am Mittwoch mitgeteilt, der erste Test der eigenen Magnetschwebebahn sei im Juli auf der Versuchsstrecke der Tongji-Universität in Schanghai geplant. Die Entwicklung im Rahmen eines staatlich geförderten Hochtechnologieprogramms sei schon im fortgeschrittenen Stadium. Es sei aber „keine deutsche Technologie“ verwandt worden, betonte Chefingenieur Zheng Qihui. „Alles ist chinesisch.“ Es seien auch keine deutschen Baupläne benutzt worden. Im Dezember 2004 hatte die „Wirtschaftswoche“ berichtet, Chinesische Ingenieure hätten versucht, illegal Details der deutschen Transrapid-Technologie auszuspähen. Demnach schlichen sich die Chinesen nachts in die Shanghaier Transrapid-Wartungsstation, um Teile der Trag- und Führtechnologie zu vermessen. Dabei seien sie von einem deutschen Mitarbeiter heimlich gefilmt worden, schrieb die Zeitschrift. Die Chinesen reagierten empört auf die Vorwürfe. Sie seien „frei erfunden“, „bösartig“ und „eine Beleidigung für chinesische Ingenieure“, schrieb die Shanghaier Volksregierung. Ob und inwieweit bei der jetzt präsentierten chinesischen Entwicklung geschütztes deutsches Know-how zum Einsatz gekommen ist, sei nicht bekannt, hieß es am Mittwoch vom deutschen Transrapid-Konsortium. Die Chinesen sind beim Thema Technologieklau derzeit äußerst empfindlich. Sie spüren, dass der internationale Druck auf einen besseren Schutz geistigen Eigentums stark zunimmt. Die Chinesen beeilten sich deshalb am Mittwoch, klarzustellen, dass die chinesische Magnetbahn unter dem Projektnamen CM1 Dolphin Technologie aus der Luftfahrtindustrie benutze. Der Zug sei viel leichter als der deutsche Transrapid, betonte Chefingenieur Zhen Qihui. „Das Design ist viel fortschrittlicher.“ Besorgnisse, dass urheberrechtlich geschützte deutsche Technologie für die Entwicklung missbräuchlich benutzt worden sein könnte, wies der Chefingenieur entschieden zurück: „Das weiß ich ganz genau. Das ist unmöglich. Die Bahn, die wir gebaut haben, ist ganz anders als die deutsche. Ich bin ja dafür verantwortlich. Im Grunde wissen wir nicht viel darüber, welche Technologie die deutsche Bahn hat.“

Lesen Sie weiter auf Seite 2: Deutsche machen sich weiter Hoffnung auf Verkauf ihres Zuges.

Nach dem Bau der Flughafenstrecke des Transrapids in Schanghai verhandelt das deutsche Konsortium über eine Verlängerung der Strecke in die 160 Kilometer entfernte Stadt Hangzhou. Im Oktober hieß es aus Berlin, eine Entscheidung der Regierung in Peking stehe unmittelbar bevor. Derzeit ist nur eine Flughafenanbindung von rund 30 Kilometern in Schanghai in Betrieb, die rund 1,2 Mrd. Euro gekostet hat. Die Verlängerung nach Hangzhou und zum Gelände der geplanten Weltausstellung 2010 in Schanghai ist bereits seit fast drei Jahren im Gespräch. Nach der erfolgreichen Jungfernfahrt der Magnetschwebebahn Silvester 2002 hatten die Chinesen die Verlängerung bereits in Aussicht gestellt. Die Trasse in Schanghai ist bislang der weltweit einzige kommerzielle Einsatz der Magnetschwebebahn. In Deutschland ist lediglich ebenfalls eine Flughafenanbindung in München geplant, deren Finanzierung allerdings noch unklar ist. Geschätzt werden die Kosten für die etwa 36 Kilometer lange Strecke auf 1,6 Mrd. Euro. Früher geplante Verbindungen im Ruhrgebiet und zwischen Hamburg und Berlin wurden wegen der Kosten nicht gebaut. Ende 2005 hatten Transrapid-Projekte in Nordamerika einen neuen Schub erhalten. Der US-Kongress hat 90 Mill. Dollar für die Planung von zwei Transrapid-Strecken bewilligt. Die Hälfte der Mittel sind für Planfeststellungsverfahren und Finanzierungsplanungen der 56 Kilometer um Las Vegas vorgesehen. Die zweite Tranche soll für Projekte an der Ostküste verwandt werden: Hier konkurrieren die 87-Kilometer-Strecke vom Flughafen Pittsburgh nach Greensburg, die 63-Kilometer-Trasse von Baltimore nach Washington und das 50-Kilometer-Projekt von Atlanta zum Flughafen Hartsfield miteinander.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%