Telekom und Post Warum die Telekom der ehemaligen Schwester hinterherhinkt

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Konzernzentrale der Deutschen Quelle: REUTERS

Noch immer klagen Post-Konkurrenten über ungleiche Wettbewerbsbedingungen. Trotz Abschaffung der Mehrwertsteuerbefreiung für Briefe und Pakete für Geschäftskunden gebe es noch immer „keine Waffengleichheit“, schimpft Otto-Vorstand Hanjo Schneider, der bei dem Versandhändler die Pakettochter Hermes verantwortet. Unternehmen können sich nur dann von der Mehrwertsteuer befreien, wenn sie in jedem Ort über 2000 Einwohner Annahmestellen unterhalten. Doch in den meisten dieser Dörfer gebe es nur einen Laden, der schon von der Post besetzt sei, kritisiert Schneider. „Die Politik hat erneut eine Lex Post geschaffen.“

Dagegen kämpft Telekom-Chef Obermann in Berlin auf verlorenem Posten. Zwar kokettiert er gern, wie gut er sich mit Kanzlerin Angela Merkel verstehe. Doch gebracht hat ihm das nichts. Statt Industriepolitik im Sinne des größten Infrastrukturbetreibers zu betreiben, wie Obermann und seine Vorgänger fordern, schlagen sich Bundesregierung und EU-Kommission auf die Seite der Verbraucher. Allein durch die teilweise politisch verordneten Preissenkungen im Mobilfunk, etwa bei Gesprächen aus dem Ausland, gehen pro Jahr Umsätze in Milliardenhöhe verloren. Das Geld fehlt der Telekom zur Finanzierung ihrer Auslandsgeschäfte.

Inzwischen ist die Konkurrenz so stark, dass die Telekom sogar um ihre Vormachtstellung im Heimatmarkt fürchten muss. Im Mobilfunk ist Vodafone wieder Marktführer, im Festnetz ist die Telekom durch die TV-Kabelnetzbetreiber mit ihren schnellen Internet-Netzen unter Druck. Obermann muss Milliarden in noch schnellere Glasfasernetze investieren, die sich aber vielerorts aufgrund der erodierenden Kundenbasis gar nicht mehr lohnen. Für teure Auslandszukäufe fehlen ihm einfach die Mittel.

Während sich die Telekom gezwungenermaßen auf den Heimatmarkt konzentriert, sieht sich die Deutsche Post als Logistiker für die ganze Welt — das wird bis ins Top-Management deutlich. Lange Zeit gaben im Post-Tower deutsche Manager den Ton an, die weltweite Strategie wurde in Bonn festgelegt. Seit der Airborne-Bruchlandung in den USA hat sich der Wind gedreht: Heute ist der siebenköpfige Vorstand mehrheitlich mit Ausländern besetzt, die ihren operativen Sitz nicht mehr in Bonn, sondern in Asien und den USA haben. Appel setzt auf lokale Manager, die näher am Markt sind und ihre Kunden besser kennen. Der Markt honoriert die neue Weltoffenheit: In Asien etwa genießt DHL inzwischen höchstes Renommee.

Top-Leute meiden Telekom

Die Telekom dagegen ist seit Jahren vor allem mit sich selbst beschäftigt: Erst der aggressive Expansionskurs von Sommer (1994 bis 2002), dann die Entschuldungsphase unter Nachfolger Kai-Uwe Ricke (2002 bis 2006) und nun die Rückabwicklung der zu teuer eingekauften Auslandstöchter durch René Obermann (seit 2006). Der ständige Führungs- und Strategiewechsel hat für hohe Fluktuation in den obersten Führungsgremien gesorgt. Top-Leute machen mittlerweile einen großen Bogen um die Deutsche Telekom.

Die Folgen sind verheerend. Gesteuert wird der Konzern von einem kleinen Zirkel enger Obermann-Vertrauter, die wegen zu vieler Aufgaben latent überfordert sind. Die Auserwählten springen von einer Großbaustelle zur nächsten und lösen dort mit Riesenaufwand die jeweils drängendsten Probleme – wie zuletzt in Großbritannien, Polen und den USA. Obermann nimmt dabei bewusst in Kauf, dass weniger kritische Geschäftsfelder mangels Managementkapazitäten aus dem Fokus geraten – um dann früher oder später zur nächsten Großbaustelle zu werden.

Jetzt werden beide Ex-Schwestern sogar direkte Konkurrenten. Beide bieten künftig eine rechtssichere E-Mail an, die sogenannte „De-Mail“. Die Telekom wartet noch auf die rechtliche Grundlage, die Deutsche Post brachte ihren E-Postbrief schon im Juli vergangenen Jahres auf den Markt. Den Lobby-Kampf hat die Post bereits für sich entschieden: Anders als ursprünglich geplant wird das Kürzel „De-Mail“ in der Domain-Adresse — gedacht als zugkräftige Marke für den neuen Dienst — doch nicht verpflichtend. 

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