
WirtschaftsWoche: Herr Busch, Ikea vergrößert die Böden seiner Billy-Regale – ahnen Sie, warum?
Busch: Nein, nicht auf den ersten Blick.
Die schlauen Schweden haben bemerkt, dass die Menschen weniger Bücher kaufen. Deshalb gestalten sie Billy tiefer, damit die Leute Vasen statt Bücher reinstellen können – beunruhigt Sie das?
Warum? Ist doch praktisch, dann haben die Leser endlich die Chance, ihre vielen Bücher zweireihig aufzustellen.
Sie betreiben rund 230 Buchläden in Deutschland. Sorgen Sie sich nicht, dass Ihre Kunden Bücher immer mehr als Datei auf ein Lesegerät laden?
Mal langsam, bislang können wir uns nicht wirklich beklagen: Unser Umsatz wird nach Verkaufspreisen in diesem Jahr zum ersten Mal voraussichtlich auf eine Milliarde Euro Umsatz wachsen. Wenngleich wir natürlich die Verlagerung der Buchkäufe ins Internet in unseren Läden zu spüren bekommen, möchte ich nicht in das allgemeine Wehklagen einstimmen.
Sie leisten sich mehr Personal als viele Wettbewerber, mieten in teuren 1-a-Lagen, Ihr Ergebnis in den ersten neun Monaten 2011 ist im Vorjahresvergleich von 28,4 auf 8,8 Millionen Euro gesunken. Marschieren Sie in die roten Zahlen?
Nein, da sind wir sehr zuversichtlich, dass das nicht der Fall sein wird. In der Buchbranche verschieben sich gerade spürbar die Anteile der Verkaufskanäle. In absehbarer Zeit wird der stationäre Buchhandel – also die Buchläden, wie Sie sie kennen – in Deutschland nur noch für die Hälfte des Gesamtumsatzes von derzeit gut neun Milliarden Euro sorgen. Die andere Hälfte fließt dann in den Online-Handel und E-Books. Entsprechend steckt die Buchbranche insgesamt in einem gewaltigen Transformationsprozess. Unsere Konsequenz daraus ist klar: Wir sehen die Zukunft beim Thema Multichannel, jederzeit, überall und aus einer Hand für den Kunden erreichbar zu sein…
...also im Laden als auch online und digital. Wieso aber die vielen teuren Filialen?
Wir brauchen ein flächendeckendes Ladennetz, um das gesamte Sortiment zeigen und persönlich beraten zu können. Das heißt auch, dass wir künftig in unsere bestehenden Filialen investieren, denn es hat ja keinen Sinn, wenn der Kunde unseren schicken Online-Auftritt kennt und der Laden in seiner Nähe unattraktiv ist. Das geschieht gerade in den USA, dort investieren viele große Anbieter kaum noch in ihre Läden. Das ist ein echter Qualitätsverfall.
Und deshalb sinkt Ihr Ergebnis?
Wir stehen vor der Herausforderung, die Leistungsfähigkeit im Laden aufrechtzuhalten und gleichzeitig in Internet und digitales Lesen zu investieren, um mit den großen internationalen Spielern auf Augenhöhe zu bleiben. Insgesamt investieren wir in den kommenden fünf Jahren einen hohen zweistelligen Millionenbetrag.
Und wie viel davon bekommt Ihr Online-Ableger buch.de?
Wir investieren in unser Online-Geschäft als Ganzes – buch.de, an dem wir nun 78 Prozent halten – ist ein wichtiger Teil davon. Diese Investitionen gehen natürlich zulasten des Ergebnisses, sind aber notwendig, um auch künftig vorne mitspielen zu können. Hinzu kommt, dass wir das Thema E-Books in kurzer Zeit von 0 auf 100 hochfahren müssen, um sofort in eine marktführende Position zu kommen. Ein wirtschaftlicher Kraftakt, der aber nötig ist.