TSG Hoffenheim SAP-Gründer Hopp: Wie ein Fußballballverein als Unternehmen geführt wird

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Auf langfristige Sicht soll der Hoffenheimer Fußballklub wirtschaftlich autark werden Quelle: Andreas Körner für WirtschaftsWoche

Viele dieser Emotionen gehören zur Tradition der Vereine. Hoffenheim hat in der Bundesliga keine, da braucht es doch mehr als nur ein frühes Gründungsdatum.

Das braucht Zeit. Es ist noch keiner vom Himmel gefallen. Wenn 1905 jemand gesagt hätte, Schalke hätte keine Existenzberechtigung, weil sie erst ein Jahr existieren, das wäre doch wirklich schade gewesen! Man muss meiner Meinung nach damit leben, dass es Neugründungen gibt. Es gibt Neugründen von Firmen: SAP, Microsoft, Google – wo wären sie denn alle, wenn Tradition ein Eintrittskriterium wäre? Wenn die Kritiker einen geschlossenen Club der Traditionalisten wollen und immer mal einer herausfällt, weil er schlecht gewirtschaftet hat, dann sind es irgendwann nur noch wenige Clubs, die in der Ersten Liga spielen – wie langweilig!

Braucht der Aufbau von Tradition krachende, dramatische und schmerzliche Niederlagen?

Die wird es geben und hat es schon gegeben. Die Niederlage gegen Bremen mit dem Endstand 4:5 war eine schöne Niederlage, weil es ein tolles Spiel war. Die Niederlage gegen Bayern München mit 1:2 war schmerzlich, weil sie eigentlich unverdient war. Bei beiden Spielen wäre ein Unentschieden angemessen gewesen. Warten Sie noch ein paar Jahre, und wir werden berauschende Siege und grässliche Niederlagen erlebt haben.

Sind Sie stets Sportsgeist und begrüßen ein Unentschieden, oder nehmen Sie auch drei schmutzige Punkte?

Geb’ ich zu: Die nehmen wir auch mit. Als wir aus Bremen abgereist sind, waren viele der Meinung, diese Niederlage ist fast wie ein Sieg zu bewerten. Nach einem 1:4 Mitte der ersten Halbzeit noch zum 4:4 aufzuholen und dann zu verlieren habe ich gar nicht gerne gesehen, drei Punkte wären mir lieber gewesen als die Anerkennung für die Spielweise. Aber auf Dauer zählt natürlich, dass wir attraktiven Fußball spielen.

Ist das Ihr Wunsch gewesen an den Trainer? Sie galten als Stürmer ebenfalls als ziemlich direkt.

Die Würze des Spiels, 1000-mal gesagt, sind nun mal die Tore. Deswegen hätte ich auch gar nichts dagegen, wenn man die zwei Meter breiter und etwas höher machen würde, um die körperlichen Vorteile des Torwarts von heute im Vergleich zu vor 50 Jahren auszugleichen. Gut, die Stürmer schießen heute auch viel härter.

Das bleibt wohl ein Traum.

Ja, und die Verantwortlichen sollten lieber eine Torkamera zulassen. Und der Schiedsrichter sollte, vielleicht bis zu fünf-mal, technische Hilfe in Anspruch nehmen dürfen, wenn er sich nicht sicher war. Nicht, wenn er ein harmloses Abseits pfeift. Aber wenn Zweifel bleiben, ob es Abseits war, dann wäre ich schon dafür.

Das Spiel wäre gerechter, aber der Fußball wäre um ein paar Mythen ärmer – denken Sie nur an das Tor in Wembley 1966.

Ich könnte darauf verzichten, wenn wir ohne diese Fehlentscheidung Weltmeister geworden wären. Die Schiedsrichter tun mir leid. Denn über die wird hergefallen wenn sie im Bruchteil einer Sekunde eine brutale Fehlentscheidung getroffen haben.

Sich um solche Details zu kümmern, gehört das zu Ihrer Rolle im Verein?

Von mir sieht man oft wochenlang gar nichts, dann wieder sehr viel. Ich bin bei dieser Geschichte nur eine Randfigur. Was das Gestalten betrifft, dafür gibt es Leute, die das viel besser können, wie Trainer Ralf Rangnick oder Jan Schindelmeiser im Profibereich oder Bernhard Peters, der sich vornehmlich um die Jugend kümmert, aber auch als Gesprächspartner Ralf Rangnick zur Seite steht.

Das klingt, als würden Sie den Verein so begleiten wie sich ein Aufsichtsrat um ein Unternehmen kümmert.

Mir war klar, dass wir keinen Erfolg haben können, wenn wir keine vernünftigen Strukturen schaffen. Das war nicht so einfach, diese Leute nach Hoffenheim zu bringen. Dabei war ich dann wohl mehr als eine Randfigur.

Die Suche nach dem Trainer und seinen wichtigsten Mitarbeitern haben Sie keinem Headhunter überlassen?

Das lief auf der persönlichen Ebene, ja.

Stammt der Businessplan von Ihnen?

Nicht der Businessplan, aber der Rahmen. Ich habe eine bestimmte Summe als Anfangsinvestition eingeplant. Aber ich habe auch ganz klare Vorstellungen, dass der Club in absehbarer Zeit positive Zahlen schreiben soll.

Oft wird Ihr Verein dafür angegangen, dass so viel Geld da ist. Kann man Erfolg doch planen?

Diejenigen, die ein Problem damit haben, dass ein Fußballclub als Unternehmen geführt wird, denken zu kurzsichtig. Alle Vereine der Ersten und Zweiten Bundesliga, müssen eine seriöse Rechnungslegung vorweisen, mit Abschreibungen auf die Spieler und anderes mehr. Sie können nicht, wie noch vor 20 Jahren, wie ein Hasenzüchterverein agieren.

Hängt in Hoffenheim alles an „Vadder Hopp“?

Nein, es ist sogar meine absolute Verpflichtung den Verein in die Lage zu versetzen, dass er auch ohne mich auskommt. Ich werde im Frühjahr 69 Jahre alt, irgendwann gibt’s mich nicht mehr, dann muss der Verein doch überleben können.

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