Twitter Wertvoll aber ohne lukratives Geschäftsmodell

Acht Milliarden Dollar soll der weltweit populäre Kurznachrichtendienst inzwischen wert sein. Doch ein wirklich lukratives Geschäftsmodell ist noch immer nicht Sicht. Sind die Tage der Unabhängigkeit bald gezählt, wird Twitter an Microsoft oder Facebook verkauft?

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twitter, Quelle: dpa

Yuri Milner ist durch seine Risikofreude zum bekanntesten Internet-Investor dieser Dekade aufgestiegen. Der Chef des russisch-britischen Investmentfonds Digital Sky Technologies steckte frühzeitig Hunderte Millionen Dollar in neue Internet-Stars wie das soziale Netz Facebook, die Online-Spieleschmiede Zynga und den Gutschein-Vermarkter Groupon. Nachdem er mit dem Erwerb einer 100 Millionen Dollar teuren Villa in den Hügeln über dem Silicon Valley für Schlagzeilen sorgte – bislang der teuerste Hauskauf im High-Tech-Eldorado –, verdirbt der Russe nun schon wieder die Preise.

Mindestens 400 Millionen Dollar investiert sein Fonds gerade in Twitter, was den Micro-Blogging-Dienst mit sagenhaften acht Milliarden Dollar bewerten soll. Mit weiteren Finanzgebern soll die Summe gar bis zu 800 Millionen Dollar betragen, wobei die Hälfte davon genutzt werden soll, frühe Investoren und Mitarbeiter auf Wunsch auszuzahlen.

Der Wert von Twitter hat sich verdoppelt

Damit hat sich der Wert, den Investoren Twitter zubilligen, innerhalb von einem halben Jahr mehr als verdoppelt. Bei einer Finanzierungsrunde im Dezember 2010 waren es noch 3,7 Milliarden Dollar. Damals war der Wagniskapitalgeber Kleiner Perkins, bekannt durch seine Investitionen in Amazon.com und Google, mit 200 Millionen Dollar eingestiegen. Dabei hat Twitter im vergangenen Jahr wahrscheinlich weniger als 100 Millionen Dollar umgesetzt und zählt momentan gerade mal 600 Mitarbeiter.

Milner spricht trotzdem von einem Schnäppchen. "Twitter ist eines der wenigen Unternehmen, das die Welt wirklich verändert hat", preist er seinen Einkauf und schwärmt von dessen "erstaunlichem Wachstum". Seit der Gründung 2006 hat Twitter damit mindestens 800 Millionen Dollar eingesammelt, eventuell sogar 1,2 Milliarden Dollar. Doch im Silicon Valley mehren sich Stimmen, die Twitter skeptisch sehen. Nur wenige sagen das so offen wie Bill Reichert. "Twitter ist nicht mehr cool oder spannend", nörgelte der bekannte Wagnisfinanzierer jüngst in der Tageszeitung "San Jose Mercury News". Und obwohl Twitter seinen Service vor fünf Jahren startete, ist das Geschäftsmodell des Unternehmens immer noch unklar.

Übernahme durch Microsoft?

Wahrscheinlich ist High-Tech-Tycoon Milner weniger vom Wachstum bei Twitter angetan als vielmehr von der Möglichkeit, die weltbekannte Internet-Marke rasch an einen finanzkräftigen Aufkäufer zu verscherbeln. An den Softwarekonzern Microsoft beispielsweise, der damit seine seit Jahren schwächelnde Internet-Sparte mit einem Schlag aufwerten könnte. Microsoft ist ein enger Allianzpartner von Facebook. Oder aber gleich an Facebook, das mit dem Kurznachrichtendienst sein soziales Netz ergänzen würde. Twitter könnte dann als eigenständiger Service erhalten und mit Facebook enger verknüpft werden. Facebook würde sich um das Vermarkten von Twitter kümmern.

Bei einem Verkauf müsste Milner nicht mehr abwarten, wie das Unternehmen seine Probleme löst. Die wichtigsten Baustellen:

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