
Zurück zu den Wurzeln heißt es offenbar für die Friedrichshafener Motorenbauer Tognum: Daimler-Chef Dieter Zetsche will Tognum zurück in den Daimler-Konzern holen und damit einen Fehler seines Vorgängers ausmerzen. Der Stuttgarter Autobauer will gemeinsam mit dem britischen Motorenspezialisten Rolls-Royce Tognum komplett übernehmen. Beide Konzerne haben nun ein offizielles Übernahmeangebot für Tognum vorgelegt: 24 Euro je Anteilsschein bieten sie den Tognum-Aktionären und bewerten den Motorenbauer damit mit 3,2 Milliarden Euro.
Bis 2005 war der Hersteller von Großdieselmotoren eine 100-Prozent-Tochter des Autoherstellers Daimler. Doch vor sechs Jahren verkaufte Daimler die Tochter, die damals noch MTU Friedrichshafen hieß, für 1,6 Milliarden Euro an den schwedischen Finanzinvestor EQT. Bereits 2008 hatte Daimler 22,3 Prozent der Tognum-Anteile übernommen.
Längerer Poker um Übernahmepreis wahrscheinlich
Das erste Angebot von Daimler und Rolls-Royce, die beide je 50 Prozent von Tognum halten wollen, dürfte aber kaum reichen: Der Schlusskurs der Tognum-Aktie lag gestern abend bei 23,22 Euro, bereits heute bei Börseneröffnung stieg die Tognum-Aktie um 4,24 Prozent auf 24,20 Euro. Mehrere Großinvestoren bezeichneten das Angebot von 24 Euro als zu niedrig. Laut „Financial Times Deutschland“ sind Profiinvestoren nur dann bereit, sich von ihren Anteilen zu trennen, wenn das Angebot deutlich über dem Kurs von 24 Euro beim Börsengang 2007 liege und die guten Geschäftsaussichten für Tognum eingerechnet werden.
Auch das Tognum-Management gibt sich erst einmal unterkühlt. In einer Pflichtmitteilung erklärte das Unternehmen, es herrsche noch kein Einverständnis über die Höhe des Angebotspreises. Grundsätzlich begrüßt Tognum jedoch die Partnerschaft mit Daimler und rolls-Royce. Derzeit prüfe die Unternehmensleitung das Angebot, hieß es in der Mitteilung weiter. Zu gegebenem Zeitpunkt werde die Unternehmensleitung unter Führung von Vorstandschef Volker Heuer eine Empfehlung an die Aktionäre abgeben, ob sie das Angebot annehmen oder ablehnen sollten.
Daimler und Rolls-Royce wollen je 50 Prozent
Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche sagte vor Analysten, man sei sich mit dem Tognum-Management in „nahezu allen Punkten“ einig. Nach einer Grundsatzvereinbarung mit Tognum-Chef Volker Heuer bleibt Friedrichshafen Sitz des Unternehmens, wie Tognum erklärte. Ein Arbeitsplatzabbau sei nicht geplant. Daimler und Rolls-Royce hätten ausreichende Investionen zugesagt, um das Unternehmen weiter zum technologischen Vorreiter zu machen.
Der Stuttgarter Konzern und Rolls-Royce wollen Tognum je zur Hälfte übernehmen. Rolls-Royce will sein Geschäft mit Gas- und Dieselmotoren mit mittleren Geschwindigkeiten für Schiffe und zur Energieerzeugung unter der Marke Bergen in das Unternehmen einbringen. Das Brennstoffzellengeschäft von Tognum wiederum, das das Friedrichshafener Unternehmen einstellen wollte, soll von Rolls-Royce übernommen werden.
Zetsche sagte, er rechne nicht mit einer Empfehlung des Vorstands zu dem Übernahmeangebot. „Das ist auch nicht seine Aufgabe“, betonte der Daimler-Chef. „In allen anderen Themen stimmen wir voll überein.“ Er wolle die Führungsmannschaft um den im Sommer ausscheidenden Heuer an Bord halten. Eine Person aus dem Tognum-Umfeld sagte: „Tognum und Daimler sind beim Preis noch meilenweit voneinander entfernt.“