Übernahmeschlacht Hochtief steht kurz vor der Kapitulation

Für den Baukonzern Hochtief wird es eng. In der Übernahmeschlacht mit ACS hat das Unternehmen aus Essen einen Vermittler abgelehnt. Hochtief bleibt kein wirkungsvolles Instrument mehr, um die Spanier abzuwehren. Jetzt läuft den Deutschen die Zeit davon.

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Mitarbeiter von Hochtief Quelle: dpa

Die Situation ist praktisch aussichtslos, der Gegner übermächtig: Drei Monate lang hat sich Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter verzweifelt gegen die Übernahme-Offerte seines Großaktionärs ACS gestemmt. Jetzt bleiben dem Frontmann des größten deutschen Baukonzerns, Heiligabend nicht mitgerechnet, noch ganze sieben Werktage, um den Angriff abzuwehren. Die möglichen Mittel sind begrenzt - doch klein beigeben will "Dr. Lü", wie der Hochtief-Chef intern genannt wird, noch nicht.

Erst am vergangenen Freitag hat der Hochtief-Vorstand seinen Aktionären empfohlen, auch das nachgebesserte Angebot der Spanier abzulehnen. ACS bietet nun neun statt bisher acht eigene Aktien für fünf Anteilsscheine von Hochtief. Außerdem, so heißt es im Lager des Angreifers, habe ACS mehrere renommierte Wirtschaftskapitäne als Schlichter vorgeschlagen.

Die Betroffenen hätten dafür auch bereitgestanden, beispielsweise um eine Investorenvereinbarung zu verhandeln. Hochtief aber weigerte sich, einen Vermittler zu akzeptieren. Ein Hochtief-Manager wollte das am Wochenende weder bestätigen noch dementieren. Ein Sprecher des Konzerns widersprach heftig: "Es gab keinen Schlichtervorschlag und dementsprechend auch keine Ablehnung durch Hochtief."

Die erste feindliche Übernahme

So oder so droht die Schlacht um den MDax-Konzern zu einem Novum in der deutschen Industriegeschichte zu werden - nämlich zur ersten wirklich feindlichen Übernahme eines Großunternehmens. Klar: Auch Krupp hatte 1997 den Konkurrenten Thyssen gegen dessen Willen angegriffen, Vodafone hat sich 2000 den Mobilfunkarm von Mannesmann einverleibt, und die Schaeffler-Gruppe bot 2009 für den größeren Wettbewerber Continental. In all diesen Fällen aber hat das Management des attackierten Unternehmens die Offerte am Ende doch akzeptiert.

Danach sind nur die bisherigen Chefs abgetreten, die Annahme der Offerte ermöglichte den Konzernen aber eine Zukunft ohne die völlige Kapitulation. Die aber droht nun bei Hochtief. Sollte das Management nicht einlenken, würde von der alten Führungsriege kaum jemand übrig bleiben - zumindest dann nicht, wenn ACS die Übernahmeschlacht gewinnt. Die Spanier müssten vermutlich sogar die operative Führungsebene unterhalb des Vorstands mit eigenen Leuten besetzen, um den eigenen Machtanspruch durchzusetzen. Das Klima in dem Unternehmen würde für Monate oder sogar Jahre vergiftet sein.

Dennoch will sich Hochtief der Offerte aus Madrid nicht beugen. Dabei sind alle nur denkbaren Feindseligkeiten ausgetauscht - dem Baukonzern bleibt kein wirkungsvolles Instrument mehr, um die Spanier abzuwehren. Gebannt blicken Investoren, allen voran große Fonds, auf die Kurse von Hochtief und ACS. Durchgerechnet erhalten sie für jede Hochtief-Aktie 1,8 Anteilsscheine von ACS. Mit den Schlusskursen vom Freitag bietet ACS 63,22 Euro je Hochtief-Aktie. Die aber notierte zum Börsenschluss bei 64,67 Euro.

Auf den ersten Blick erscheint es also sinnvoller, das Angebot auszuschlagen. Doch die Strategie birgt erhebliche Risiken. Denn wenn große Anteilseigner ihre Aktienbestände, und seien es nur zwei oder drei Prozent, über die Börse verkaufen, droht der Hochtief-Kurs einzubrechen - vor allem nach dem Ende der Umtauschfrist. Dann wird ACS aller Voraussicht nach die Marke von 30 Prozent übersprungen haben. Die Fantasie wäre aus der Aktie heraus.

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