Unister Die dubiosen Methoden des Reiseriesen

Der Betreiber von Reiseportalen im Internet wie Fluege.de oder Ab-in-den-Urlaub geht mit fragwürdigen Methoden auf Kundenfang. Verbraucherschützer klagen und der Bundesgerichtshof hat Unister bereits ausgebremst.

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Besucher auf Reiseseite (in Tausend) Quelle: Nielsen

Reiner Calmund lobt fluege.de: In Fernsehspots rheinelt der ehemalige Manager des Bundesligisten Bayer Leverkusen über das Online-Reisebüro: "Da musst du nit lang rumdaggeln. Zack – siehste sofort den billigsten Flug.“ Im Internet hält Calmund gleich auch noch ein Gütesiegel für die Flugbuchungsseite in den Händen: "Verbraucherschutz.de – empfohlen Ausgabe 2011“.Womöglich stellt sich Calmund damit in den Dienst einer unseriösen Sache. Denn gegen dieses Siegel hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) Ende Juni beim Landgericht Leipzig Unterlassungsklage eingereicht, erfuhr die WirtschaftsWoche aus Branchenkreisen. Das Siegel verstoße gegen das Irreführungsverbot und dürfe nicht weiter zu Werbezwecken genutzt werden. Gleichzeitig geht der VZBV auch gegen den Verein VBS Verbraucherschutz vor, der das Siegel herausgibt.

Unister droht damit eine weitere Schlappe. Erst vor Kurzem bremsten zwei Gerichtsurteile das Leipziger Unternehmen aus, das mehrere Dutzend Internet-Seiten betreibt und mit Reiseportalen mehrere Hundert Millionen Euro Umsatz im Jahr generiert. Die Urteile dürften die Einnahmeseite empfindlich treffen. Zudem sind inzwischen nicht nur Wettbewerber und Verbraucherschützer über Geschäftspraktiken erzürnt, auch Geschäftspartner und Mitarbeiter üben Kritik.

Ramponiertes Image

Die Erfolgsgeschichte des 33-jährigen Thomas Wagner, der Unister 2002 gründete, das bis heute jedes Jahr zweistellig wächst, bekommt hässliche Kratzer. Unister ist eine Macht im Netz (siehe Grafik): Es betreibt Reiseseiten wie ab-in-den-urlaub.de und travel24.com, Finanzseiten wie geld.de und private-krankenversicherung.de sowie Preisvergleichsseiten wie shopping.de. Lange galt Wagner als ostdeutsches Unternehmer-Talent. Nun droht der Ruf seines Unternehmens die Geschäftsgrundlage zu ramponieren.

So beruht das Gütesiegel von verbraucherschutz.de, das Objektivität und Neutralität verspricht, auf einem zweifelhaften Bewertungsprozess. Ausschlaggebend für ein positives Urteil seien "zufriedene Verbraucher“ und "Selbstauskünfte“ der Unternehmen zu Aspekten wie Preis-Leistungs-Verhältnis, Termintreue und Kundenservice, heißt es auf verbraucherschutz.de. Doch weder ist die Anzahl zufriedener Verbraucher bekannt noch wird klar, wie der eingetragene Verein namens VBS Verbraucherschutz aus Seevetal bei Hamburg, hinter dem Geschäftsführer Jens Ivan steht, die Selbstauskünfte überprüft. Genau das moniert der VZBV. Ivan antwortete auf Anfrage nebulös, er lasse sich die Bewertungskriterien "plausibel darstellen“.

Verbraucherschutz.de kassiert für die Nutzung der Siegel monatliche Gebühren. Unister nutzt das Siegel neben fluege.de für drei weitere Portale: ab-in-den-urlaub.de, geld.de und partnersuche.de. Verbraucherschutz.de empfiehlt derzeit 15 Seiten, die ihre Produkte bundesweit verkaufen.

Kommt der VZBV mit der Klage durch, wird Unister abermals ausgebremst. Schon vor wenigen Wochen wurde den Leipzigern unlauteres Geschäftsgebaren untersagt. Die RTL-Dschungelcamp-Moderatoren Dirk Bach und Sonja Zietlow warben für das Gütesiegel Holidaytest auf reisen.de. Das Siegel versprach "geprüfte Gästemeinungen“ und lobte sich als "unabhängiges Gütesiegel der Touristik“. Doch das Bewertungsportal Holidaycheck erwirkte einstweilige Verfügungen. Die Aussagen seien irreführend, so das Landgericht München, weil etwa eine Überprüfung der Bewertungen nicht stattfinde. Nun wirbt reisen.de mit "echten Gästemeinungen“.

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