Unternehmenspleite Aus für den Holzdiesel

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Shell-Vorstand Rob Routs (l) und Choren-Chef Tom Blades vor einer Flasche mit "SunFuel". F

Heiko von Tschischwitz sagt, die Zukunft des Projekts sei an „Nebenkriegsschauplätzen“ entschieden worden. Tschischwitz ist Geschäftsführer der Gasification Holding, dem Hauptinvestor von Choren. Einmal habe das Förderband für den Holzeintrag nicht funktioniert, dann seien Ventile kaputt gegangen, dann habe wieder die Software gestreikt. Zwischendurch musste die Anlage für Nachbesserungen immer wieder Monate lang stillgelegt werden. Das Umwandlungsverfahren selbst habe „gut funktioniert“, sagt Tschischwitz. Noch mehr Geld wollte die Holding aber nicht in die Hand nehmen, „ohne abschätzen zu können, wann genau die Technik funktioniert“. Aus dem Umfeld des Unternehmens hört man noch andere Theorien: Von „Managementfehlern“ spricht einer, der mit Choren vertraut ist, namentlich aber nicht genannt werden möchte. Der Ingenieur Robert Rapier, der das Projekt begleitete, schreibt in einem Blog-Beitrag, „dass es am Ende an Zeit und am Geld“ fehlte, um alle Probleme zu lösen. Dass die Probleme lösbar waren, davon ist Rapier, der sich seit Jahren mit Verfahren zur Herstellung von Biokraftstoffen beschäftigt, überzeugt.

Das Problem: Die chemische Zusammensetzung von Holz

Eigentlich sollte die Choren-Anlagen schon in diesem Sommer fehlerfrei laufen und im Herbst an erste Kunden ausgeliefert werden, wie Unternehmenssprecherin Ines Bilas noch kurz vor der Pleite sagte. Aber die Technik, um aus Holz ein Gas zu gewinnen, das später dann in Diesel umgewandelt wird, versagte kurz vor der letzten Testphase erneut.

Einfach ist das Verfahren nicht. Um reinen Diesel zu erhalten, muss das Gas immer dasselbe Verhältnis von Kohlenstoff und Wasserstoff aufweisen. Chemisch gesehen ist Holz aber nicht gleich Holz. Das Problem, im industriellen Maßstab aus unterschiedlichen Biomassequalitäten durchgängig hochwertiges Gas von gleichbleibender Zusammensetzung zu produzieren, schienen die Ingenieure aber in den Griff bekommen zu haben; um dann an den einfachen Aufgaben zu scheitern.

Das Verfahren funktioniert

Dass das Verfahren grundsätzlich funktioniert, hatte eine Pilotanlage in einem langen Testlauf zwischen 1998 und 2004 schon bewiesen. Autos von Mercedes und VW hatten den Holzsprit sogar schon getankt. Und die Technik, um aus Gas im zweiten Schritt Diesel herzustellen, war bewährt und stammte vom Ölmulti Shell (der stieg allerdings wegen erster Kostenprobleme schon 2009 aus). Eigentlich beste Vorraussetzungen, um ein solches Verfahren im industriellen Maßstab zu verwirklichen.

Jetzt ist es an den anderen Projekten zu beweisen, dass es im großen Stil möglich ist, Biosprit aus Pflanzenresten zu gewinnen. Die Investoren werden sich nach der Choren-Pleite aber noch besser überlegen, ob sie Geld in die Entwicklung ähnlicher Verfahren stecken. Das Beispiel Freiberg zeigt einmal mehr, wie aufwändig und langwierig der Weg vom Labormaßstab zur Industrieproduktion ist. Wagen sollte man ihn auch künftig. Denn Alternativen zu heute verfügbaren Biokraftstoffen werden dringend benötigt.

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