BERLIN. Nun will sich Außenminister Fischer (Grüne) nicht auf eine eindeutige Positionierung festlegen, „da keiner weiß, wie und unter welchen Begleitumständen der Sicherheitsrat sich hiermit befassen wird“. Bekräftigt hat Fischer die bisherige Politik der Bundesregierung, „dass wir keine Soldaten schicken werden“. Deutschland wird am 1. Januar für zwei Jahre Mitglied im Uno-Sicherheitsrat und übernimmt am 1. Februar dessen Vorsitz.
Die Äußerungen Fischers im Magazin „Der Spiegel“ stehen im Zusammenhang mit der inoffiziell eingeräumten Überzeugung der Regierung, ein Irak-Krieg sei nicht mehr abzuwenden. Deshalb arbeitet die Regierung hinter den Kulissen seit Wochen an einer Abkehr von der bisherigen Position der Frontalablehnung, mit der sie im Wahlkampf erfolgreich auf Stimmenfang gegangen war. Denn spätestens in dem Moment, da die ersten Raketen Richtung Bagdad abgefeuert werden, heißt es in Regierungskreisen, breche die bisherige Position der Bundesregierung in sich zusammen, mit dem strikten Gegenkurs einen Waffengang verhindert zu haben.
Fischers Schwenk hat die Grünen kalt erwischt. So ist es für Ströbele „nicht vorstellbar“, dass Deutschland einem Waffengang zustimmen werde. Fischers Äußerungen seien vom diplomatischen Willen getragen, ohne Kenntnis künftig möglicher Uno-Beschlüsse andere nicht mit einer fixen Position zu brüskieren, sagte Ströbele im Bemühen, eine Zerreißprobe der Grünen zu verhindern.
Kritiker des bisherigen Regierungskurses in der Irak-Frage begrüßten die Wende. Unions-Vizefraktionschef Wolfgang Schäuble sagte dem Berliner „Tagesspiegel“: „Das ist wieder ein kleiner Schritt. Ich habe schon vor Wochen gesagt, sie fallen um – aber in die richtige Richtung.“ Auch FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt und der außenpolitische Experte der SPD und Schröder-Kritiker Hans-Ulrich Klose bezeichneten die bisherige „Ohne- mich-Politik“ (Gerhardt) und das „Ausscheren“ (Klose) der Bundesregierung als nicht haltbar.
Währenddessen bauten die USA am Wochenende die Drohkulisse gegen den Irak aus. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld erließ einen Befehl zur Verlegung Tausender Soldaten in die Golfregion, wonach die rund 60 000 Soldaten kurzfristig mindestens verdoppelt werden sollen. Im Kriegsfall könnten die USA auch Stützpunkte in Saudi-Arabien nutzen, teilte das Verteidigungsministerium mit. Der Irak hat den Vereinten Nationen inzwischen eine Liste mit den Namen von 500 Wissenschaftlern übergeben, die an Waffenprogrammen des Landes beteiligt gewesen sind.