Allianz Warum Bäte sein Heil in Indien sucht

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Mal Partner, mal Gegner

Jetzt überlegt das Team in Trivandrum, solche Apps auch für Kunden von Volkswagen und Ford anzubieten. Auch mit diesen Herstellern arbeitet der Versicherer mittlerweile zusammen.

Doch die Allianz will Dinge, die andere möglicherweise besser können, nicht komplett im Alleingang machen – das Rad muss nicht jedes Mal neu erfunden werden. Bäte setzt als Teil seines Modernisierungskurses auf Kooperationen; die Allianz hat sich beispielsweise schon an einer Reihe von Start-ups beteiligt.

Dass der Trend zur Digitalisierung auch Arbeitsplätze kosten wird, steht außer Frage. Für Bäte gilt es als ausgemacht, dass beispielsweise Postsortierer künftig nicht mehr gebraucht werden. Der Allianz-Chef will allerdings große Kündigungswellen vermeiden, sondern setzt auf „ständige Optimierung der Produktivität“, wie er es im Juli anlässlich der Vorlage der Bilanz für das zweite Quartal formulierte. Bäte will Mitarbeiter auf wegfallenden Stellen nach Möglichkeit weiterqualifizieren und in anderen Bereichen im Konzern einsetzen.

Mit Bätes Globalisierungs- und Modernisierungsstrategie dürften internationale Standorte wie Trivandrum in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. In den drei Jahren von Anfang 2016 bis Ende 2018 will die Allianz jährlich eine Milliarde Euro einsparen. „Da wird es auch noch die eine oder andere Restrukturierung geben“, sagte Bäte Anfang Juli aber auch, „die Allianz wird sich weiter umbauen.“ Die Allianz Deutschland etwa baut derzeit 700 Arbeitsplätze ab.

Ein verregneter Juli-Abend in der Nähe des Münchner Ostbahnhofs. In einer umgebauten Fabrikhalle feiern Manager alteingesessener Versicherer wie Allianz und Munich Re, Start-up-Gründer und Venture-Capital-Investoren zusammen mit lokaler Politprominenz die Gründung des Münchner Insurtech-Hubs. Die bayrische Landeshauptstadt soll Deutschlands Drehscheibe für Start-ups der Versicherungsindustrie werden.

Schweinwerfer tauchen die Halle in violettes Licht. Auf einer Großleinwand laufen, unterlegt mit schmissiger Musik, Imagefilmchen, auch Bäte ist auf dem Bildschirm zu sehen. Bier und Wein fließen in Strömen. Dann diskutieren auf der Bühne der Gründer des Berliner Start-ups Simplesurance, Robin von Hein, Vertreter von Allianz, Munich Re und der Generali-Tochter Cosmos Direkt zusammen mit Klaus Hommels über die Zukunft der Versicherungsindustrie. Hommels ist Gründer und Chef des Lakestar-Fonds. Er hat unter anderem in den Streamingdienst Spotify und AirBnB investiert, auch in das Versicherungs-Start-up Oscar. Für die Allianz steht Christof Mascher, im Vorstand zuständig für die Digitalisierung, auf der Bühne.

Vorsprung durch Technik: Smitha Nair ist eine der jungen Inderinnen, die in Trivandrum an der Digitalisierung arbeiten. (Zum Vergrößern bitte anklicken) Quelle: Joshi Daniel für WirtschaftsWoche

Hommels macht den Etablierten Druck. Er kritisiert die Behäbigkeit der Konzerne, vieles gehe viel zu langsam. Hommels wird bisweilen drastisch, benutzt Begriffe wie „Kriegsführung“, um den Wettbewerb in der Versicherungsindustrie zu beschreiben.

Allianz-Vorstand Mascher bleibt ruhig, beschreibt, welche Dienstleistungen die Allianz erbringe und wie der Konzern sie künftig in digitale Ökosysteme einbetten werde. Es ist anzunehmen, dass er weiß, worüber er spricht: Einmal im Jahr verlegt Mascher seinen Schreibtisch für einige Wochen nach Trivandrum.

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