Allianz wird digital Bätes riskante Kulturrevolution beginnt

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Übernahmen geplant

Zugleich will der Konzern im Ausland wachsen: Um dem schwächelnden Sachversicherungsgeschäft Schwung zu geben, sucht die Allianz in Europa nach Übernahmezielen. „Wir stehen für eine Konsolidierung bereit“, sagt ein hochrangiger Manager. Seine Vorgänger, findet Bäte, waren bei Zukäufen trotz prall gefüllter Kriegskasse in der Vergangenheit viel zu vorsichtig.

Auch in Wachstumsmärkten wie Asien haben die Münchner einiges versäumt. Etwa 70 Prozent des operativen Ergebnisses erzielt die Allianz immer noch in Europa. Vor allem der französische Konkurrent Axa dagegen hat in Asien beträchtliche Marktanteile erobert. Daher sucht Bäte auch in Schwellenmärkten nach Kaufkandidaten.

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Die Neuausrichtung wird gravierende Folgen für das Gesicht der Allianz haben. Einfach gestrickte Policen wie für Hausrat oder Kfz schließen Kunden künftig vor allem online ab. Nicht wenige der deutschlandweit mehr als 8000 Agenturen mit gut 10.000 Vertretern werden überflüssig. „Für komplexe Produkte werden Kunden aber auch in Zukunft noch zum Vertreter gehen“, sagt Henrik Naujoks. Der Versicherungsexperte der Beratung Bain hat kürzlich eine Studie zur Digitalisierung der Branche verfasst. „Es wird künftig vor allem große Agenturen mit Spezialisten geben“, erwartet Naujoks. Die kleinen Allround-Vertretungen auf dem Land dürften dagegen verschwinden.

Um keine Unruhe unter den weltweit 147.000 Allianzern – davon rund 40.000 in Deutschland – auszulösen, will Bäte am Dienstag dem Vernehmen nach keine mit der neuen Strategie verknüpften Sparziele nennen. Wohl auch deshalb versuchte der Vorstand zuletzt, die Erwartungen hinsichtlich bezifferbarer Zielmarken zu dämpfen.

In Konzernkreisen heißt es allerdings, dass vor allem die Verschlankung der internen Prozesse, etwa bei der Schadenregulierung, aber auch die ambitionierten Investitionspläne ohne einen „bedeutenden Personalabbau“ nicht zu machen seien. Schon im Frühjahr hatte die Allianz Deutschland angekündigt, im Vertrieb 360 Jobs zu streichen.

Welcher Versicherung die Kunden weglaufen
Stetoskop auf Geldscheinen Quelle: dpa
Axa Versicherung Quelle: REUTERS
Hansemerkur Versicherung Quelle: dpa
HUK-Coburg Quelle: dpa
Debeka-Versicherung Quelle: dpa
Gothaer Versicherung Quelle: dpa-dpaweb
Bayerische Beamtenkrankenkasse Quelle: dpa

Weil im Innen- und Außendienst große Teile der Mannschaft relativ alt sind, dürften sich zahlreiche Stellen über natürliche Fluktuation abbauen lassen. Die Allianz-Vertreter in Deutschland etwa sind im Durchschnitt 45 Jahre alt. Noch vor einer Generation lag der Altersschnitt bei 35 Jahren.

Statistiker und Designer gefragt

Die Digitalisierung des Geschäfts dürfte auch dafür sorgen, dass die Münchner künftig Nachwuchs mit anderen Qualifikationen suchen. So geht Experte Naujoks davon aus, dass Versicherer künftig mehr Designer für Webseiten einstellen oder Statistiker, die den Onlineverkehr auswerten.

Noch kann Bäte auf die tektonischen Verschiebungen in seiner Branche aus einer Position der Stärke heraus reagieren. Jahr für Jahr hat die Allianz – letzter Jahresumsatz 122 Milliarden Euro – Rekordgewinne eingefahren. 2014 kletterte der operative Gewinn um 3,3 Prozent auf 10,4 Milliarden Euro. Für 2015 rechnen die Münchner nicht mehr mit großen Zuwächsen: 400 Millionen Euro – nach oben oder unten.

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