Ergo, Allianz und Co. Der digitale Nachholbedarf der Versicherer

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Ergo: "Nexible" als reine Digitalmarke

Ohne Revolution aber geht es nicht. Bätes früherer Kollege und heutiger Konkurrent Rieß hat kürzlich sogar eine reine Digitalmarke gestartet. Unter dem Namen „Nexible“ bietet die Ergo demnächst Versicherungen an, die nur per PC, Smartphone und Tablet abgeschlossen werden können.

Für Rieß geht neues Denken nur mit neuem Personal. Er wirbt deshalb jüngere Manager an, die möglichst schon in anderen Branchen gearbeitet haben sollen. So wie Mark Klein. Im September wechselte der von der Deutschen Telekom zur Ergo. Dort arbeitet er nun als Chief Digital Officer bei der Ergo Digital Ventures. Die soll den Ausbau der Digitalaktivitäten maßgeblich vorantreiben.

Defizite hat er vor allem bei der Datenanalyse ausgemacht. Für diese will er künftig viel stärker die Kapazitäten der Konzernmutter Munich Re in München nutzen. „Wir haben aber auch den Kunden noch zu wenig im Blick“, sagt er. Für die Zukunft kann er sich beispielsweise vorstellen, neue Produkte gemeinsam mit ausgewählten Versicherten zu entwickeln.

Der Vorstandsvorsitzende des Versicherungsunternehmens Ergo Group, Markus Rieß. Quelle: dpa

Trotz solcher Initiativen ist der Rückstand der deutschen Versicherer beim digitalen Umbau beträchtlich. Ausländische Wettbewerber wie die französische Axa und die italienische Generali sind weiter. Die Axa will gezielt die Bereitschaft der Kunden nutzen, Daten preiszugeben und sie so zu vorsichtigerem Verhalten anhalten. Schon seit Frühjahr 2015 bietet sie jungen Autofahrern einen Tarif an, der achtsames Fahren belohnt. Die Allianz schickte ein ähnliches Produkt erst ein Jahr später an den Start.

Schon vor gut zweieinhalb Jahren hat die Axa mit Facebook vereinbart, Informationen auszutauschen. Interessant wird es für die Versicherung vor allem dann, wenn sich der Status von Nutzern des sozialen Netzwerks ändert. Umzüge, der Kauf eines Eigenheims oder Autos und die Geburt eines Kindes sind Lebensumstände, die die Axa gerne versichert.

Axa: Alles auf Facebook

Dass Kunden Nachrichten über die Axa-Seiten von Facebook, Twitter und anderen Netzwerken erhalten, ist inzwischen Standard. Wer jünger als 30 ist und eine rein digitale Versicherungspolice zeichnet, kann zudem rund um die Uhr via Facebook Messenger mit dem Konzern in Kontakt treten, Fragen stellen, Nachweise anfordern, Schäden melden.

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Anders als die Allianz konnte die Axa ihren Umsatz in den ersten neun Monaten stabil halten. Der deutsche Vorstandschef Thomas Buberl gibt weiter Gas. Die Franzosen haben ebenfalls eine Start-up-Einheit gegründet. Sie ist mit 100 Millionen Euro ausgestattet, zudem will Buberl bis 2020 jedes Jahr eine Milliarde für Zukäufe ausgeben. Das Geld macht er durch radikale Sparmaßnahmen frei.

Buberl will Kunden künftig noch enger binden. Axa soll ihnen helfen, Schäden zu vermeiden. So unterstützt sie die Überwachung versicherter Wohnung mit Kameras und Rauchmeldern durch günstigere Beiträge. Auch in der Krankenversicherung setzt Buberl auf Prävention. Sein Risikokapitalfonds Axa Strategic Ventures beteiligte sich an der Finanzierung des New Yorker Start-ups Wellth. Dessen App hält chronisch Kranke dazu an, Medikamente einzunehmen oder Zuckerwerte zu überprüfen.

Für Buberl eine Win-win-Situation, die beiden nutzt: der Gesundheit des Versicherten und der Kasse der Axa.

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