Wenn Allianz-Chef Oliver Bäte über den Versicherungskonzern spricht, ist seine Wortwahl bisweilen auffallend negativ. Im vergangenen Jahr etwa ist Bäte bei einer internen Veranstaltung ausgerastet: Die Prozesse und die IT von Deutschlands größtem Versicherer bezeichnete er mehrfach als „Crap“, das englische Schimpfwort bedeutet so viel wie Mist oder Scheiße. Und als ob es nicht reichen würde, dass Bäte mit IT und Prozessen unzufrieden ist, bereiten ihm diese nun noch mehr Ärger. Denn: Die Finanzaufsicht BaFin hat sich ihretwegen eingeschaltet.
Nach WirtschaftsWoche-Informationen haben die Beamten zahlreiche Mängel in der IT und bei Prozessen des Versicherers festgestellt. Wie es in mit den Vorgängen vertrauten Kreisen heißt, sollen die Aufseher eine teils lückenhafte Steuerung der IT und von Projekten beklagt haben. Damit nicht genug: Die BaFin-Kontrolleure sollen auch einige Abläufe und Prozesse kritisiert und diese als „disjunkt“ beanstandet haben, also als nicht aufeinander abgestimmt.
Allianz will Mängel beheben
Ein Allianz-Sprecher bestätigte, dass die BaFin Mängel entdeckt habe und sprach von „einer Reihe von Feststellungen“. Die Aufseher hätten „routinemäßig geprüft“, ob der Konzern „aufsichtsrechtliche Anforderungen an die IT“ umgesetzt habe.
Der Sprecher gelobte Besserung: „Wir arbeiten an einem umfangreichen Maßnahmenplan, um diese Feststellungen zu beheben.“ Er schränkte ein, die BaFin-Prüfung habe sich nicht auf den Konzern, sondern auf die Allianz SE als Dachgesellschaft bezogen. Die BaFin äußerte sich mit Verweis auf ihre Verschwiegenheitspflicht im Hinblick auf einzelne Unternehmen nicht.
Für die Allianz ist die BaFin-Kritik peinlich, handelt sich der Versicherer damit doch die zweite Watsche der Aufseher binnen kurzer Zeit ein. Die Beamten haben den Versicherer erst im vergangenen Sommer dazu gedrängt, die internen Kontrollen zu verbessern und Verantwortlichkeiten klarer zu regeln. Die WirtschaftsWoche berichtete exklusiv darüber.
Hedgefondsskandal kostete die Allianz Milliarden
Der Hintergrund der BaFin-Forderungen war der Skandal um Allianz-Hedgefonds in den USA: Die Aufseher hatten den Konzern deshalb ebenfalls geprüft und waren offenbar auch auf Mängel gestoßen. Die Hedgefonds waren im Frühjahr 2020 kollabiert, weil deren Manager betrogen haben sollen. Die Fondsinvestoren verloren bei dem Crash mehrere Milliarden. Untersuchungen der US-Behörden zeigten, dass die Allianz die Manager viel zu schlecht überwacht und der Konzern ihre Betrügereien deshalb jahrelang nicht entdeckt hatte. Der Konzern musste wegen des Skandals Strafen und Entschädigungen von umgerechnet sechs Milliarden Euro zahlen.
Als Allianz-Chef Bäte im vergangenen Jahr ausrastete und über den eigenen Konzern schimpfte, lieferte er den Zuhörern auch gleich einen Grund dafür, warum bei der Allianz manche Dinge nicht vorankommen. Der Konzern habe zu oft „zu lange zu viele Entschuldigungen“ von Mitarbeitern akzeptiert, die ihre Aufgaben nicht erledigt bekommen hätten.
So viel ist klar: Anders als Bäte dürfte die BaFin nicht allzu viele Entschuldigungen akzeptieren. Sondern erwarten, dass der Vorstandschef die Mängel abstellt. Möglichst rasch.
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